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Wo die coolen Kerle wohnen

Wo die coolen Kerle wohnen

Titel: Wo die coolen Kerle wohnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Friedmann
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»Pyramide« keine Rede mehr sein kann – weshalb die aktuelle Form des Diagramms, mit der die »überalterte« Bevölkerungsstruktur Deutschlands dargestellt wird, treffender, wenn auch wenig schmeichelhaft, als »Urnenform« bezeichnet wird.
    Es sind die sogenannten Babyboomer, die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge der 50er und 60er Jahre, die jetzt alle in jenem »Zwischenreich« angekommen sind, in dem man nicht mehr jung, aber auch noch nicht richtig alt ist: In Deutschland sind das 27 Millionen Menschen. Knapp die Hälfte davon sind Männer – Männer »im besten Mannesalter«.
    Diese Männer sind nicht nur zahlreich, sondern auch potent – jedenfalls was ihre Kaufkraft angeht. Viele von ihnen arbeiten in gehobenen Positionen, sie verdienen allemal mehr als die gleich alten berufstätigen Frauen, und in den Familien sind sie meist noch die Hauptverdiener. Sie sind es, die in den Finanzmarkt investieren, in Auto- oder Immobilienkauf, in Versicherungen oder auch in die Luxusuhr, die sie später vererben können. Aber ebenso in modernes Design, Antiquitäten und Kunst, in teure Technik(-spielereien), das Segelboot, die hochwertige Sportausrüstung und in die richtig »großen« Geschenke für Frau und Kinder.
    Auch von der Modeindustrie wird der reife Mann längst straffer umgarnt als die Jungen. Auf ihn ist die hochpreisige Ware zugeschnitten, im Jargon der Branche »wertig« genannt: die rahmengenähten Schuhe, der Kaschmirschal, der Designeranzug aus edlem Tuch. Marken, die bislang auf junge Sportswear spezialisiert waren, bieten neuerdings Extralinien für den reifer gewordenen männlichen Kunden an, mit wiedererkennbar ähnlichen Produkten, aber eleganterem Design, aus wertvolleren Materialien und – logisch – höherpreisig.
    Kürzlich hat eine Firma für gehobene Freizeitmode sogar einen neuen Männertyp für ihre Werbekampagne kreiert – oder besser, ein altes Männerbild recycelt: den Landlord, den Gutsherrn im englischen Stil. Er ist um die sechzig und wirkt wie einer, der ausgesorgt hat. Er fährt die Ernte seines Lebens ein, genießt – aktiv – das Älterwerden im Kreise seiner Lieben. Die sportlich-eleganten Klamotten, für die er wirbt, nimmt man nur nebenbei wahr. Eine ebenfalls silberhaarige, wunderschöne Model-Lady spielt die Frau an seiner Seite. Doch ist zweifellos er das Zentrum dieser großen, fröhlichen Schar von wohlgeratenen Kindern und Kindeskindern, die sich wie blöd auf das Familientreffen gefreut haben, eine offensichtlich von Papa-Opa arrangierte Landpartie.
    Er hat ihnen schon so vieles ermöglicht und wird ihnen auch weiterhin noch einiges bieten: ein Herrenhaus im Hintergrund (Hinweis auf ein sattes Erbe), ein tolles Auto – oder auch mehrere – und natürlich jede Menge warmherzige Energie. Und so chic, abgeklärt und doch dynamisch ist er anzusehen, dass selbst seine Schwiegertöchter ihn noch anhimmeln.
    Ja, dieser edel gereifte Mann hat unendlich viel geleistet, alle haben ihm unsäglich viel zu verdanken, und dafür lieben sie ihn von Herzen.
    Die Klischeebilder des Glücks zeigen, welchen Anforderungen die Midlife-Männer gerecht werden sollen: Der Mann zwischen 40 und 60 muss »es« geschafft haben, wenn er geachtet und geliebt werden will. Aus dem einst »vielversprechenden jungen Mann« muss einer geworden sein, der sein Versprechen eingelöst hat.
    Als Angestellter muss er sich auf einen verantwortungsvollen Posten hochgearbeitet, als Selbstständiger sein Geschäft gut zum Laufen gebracht haben. Als Freiberufler, Künstler oder Journalist sollte er sich – jetzt aber wirklich! – einen Namen gemacht haben. Kraftvoll-elegant soll er auf dem Wellenkamm seiner Leistungsfähigkeit surfen und immer oben bleiben.
    Dabei sieht dieser Wunsch-Erfüller, der reife Mann, der alles kann, auch noch verdammt gut aus: die perfekte Mischung aus zupackend und feinsinnig. Mit graumeliertem, dichtem(!) Haar, strahlenden Augen, markanten, aber bitte nicht faltigen Zügen. Eine coole Glatze ist zuweilen erlaubt – umso edler geschnitten ist dann sein Gesicht, umso gepflegter der Teint. Keine Frage, dass er stets leicht gebräunt, schlank und durchtrainiert ist.
    Seine (Über-)Anstrengung darf man dem älter werdenden Mann nicht ansehen. Es reicht nicht, dass er die Kohle ranschafft, für die Seinen sorgt und all ihren Ansprüchen genügt. Er soll auch noch so aussehen, als würde ihm das alles locker von der Hand gehen.
    Burn-out ist out. Man sollte ihn jedenfalls nicht am

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