Wo Licht im Wege steht
Bertha. Aber dieser Bruder. Man weiß bei ihm nie, was er spielt und wozu er noch fähig ist.«
Ich streckte ihm meine gefesselten Hände entgegen. »Und wie geschickt ich bin, das sehen Sie hier!« sagte ich sarkastisch.
»Frank, sicherlich wären wir imstande, Ihnen einen Anteil...«
»Laß das Geschwätz sein, Bertha«, fiel ich ihr ins Wort, »Frank geht es nicht ums Geld.«
Sellers warf mir einen dankbaren Blick zu, und ich sagte: »Sie haben große Chancen, Frank. Sie könnten den Mord vom >Kozy Dell< aufklären. Sie hätten Gelegenheit, einen Erpresserring auszuheben und könnten außerdem noch herausbekommen, wer Lucille tatsächlich umgebracht hat, wie es geschah, und warum. Wollen Sie sich das entgehen lassen?«
»Eine ganze Anzahl von Leuten wird vielleicht der Ansicht sein, daß ich die letzten Fragen bereits beantwortet habe«, sagte Sellers, aber sein Ton klang nicht mehr so überzeugt wie bisher.
»Und außerdem, vergessen Sie nicht, daß da draußen in San Robles eine Witwe mit zwei Kindern sitzt, die nicht weiß, wovon sie morgen leben wird. Womöglich sollen die Kinder in ein College, und das kostet Geld! Wenn Sie auf meinen Vorschlag eingehen und dieser Frau vielleicht zu den ihr rechtlich zustehenden achtzigtausend Dollar verhelfen würden...«
»Also gut«, sagte Sellers. »Auf diese Art haben Sie es geschafft. Gehen wir.«
Wir standen auf. »Und was ist mit meinen Handschellen?« fragte ich.
»Die lassen wir ruhig da, wo sie sind!« Sellers lächelte schief. »Machen Sie sich nichts daraus. Wenn Sie die Hände schön brav nach vorn halten, können Sie unbehindert gehen, und es fällt nicht sehr auf.«
»Wäre es nicht vielleicht besser für uns alle, wenn Sie sie mir abnehmen würden?«
»Gut für wen?« stichelte er.
Ich sah ihn von der Seite an. »Das Schlimme an Ihnen ist, daß Sie eben doch nur den Verstand eines Polizisten haben. Also gehen wir.«
»Wie ist die Adresse?« fragte Sellers.
»Korreander Street 226«, antwortete Claire Bushnell.
Sellers fuhr los.
»Ich glaube, Sie stellen die Sirene besser ab!« sagte ich beiläufig. Er warf mir einen ironischen Blick zu und schaute dann auf die Straße. Nach wenigen Minuten hielten wir vor dem weißen Stuckhaus. Wir stiegen aus und gingen die Haustreppe hinauf.
Sellers läutete.
Susie kam mit ihren schlenkernden Bewegungen den Korridor entlang. Sie öffnete die Tür. Ich hatte einen Moment lang den Eindruck, als erbleiche sie beim Anblick von Frank Sellers. Aber dann stand wieder der übliche indifferente Ausdruck in ihrem harten Gesicht.
»Hallo, Susie«, begrüßte Claire das Mädchen. »Ist Tante Amelia da?«
Sellers schlug sein Revers zurück und zeigte die Polizeimarke vor.
»Ist sie da?« fragte er.
»Ja.«
»Also, dann kommt!« Sellers schob Susie zur Seite und ging hinein. Susie sah ihn scheel an und blieb hilflos an der Wand stehen. Kurz bevor wir jedoch zum Wohnzimmer kamen, erwachten ihre Lebensgeister wieder. Mit hoher, unangenehmer Stimme rief sie: »Oh, Mrs. Jasper, Claire und die Polizei sind gekommen.«
Sellers, der mit der rechten Hand meinen Arm hielt, stieß mit der linken die Tür auf, und wir gingen alle hinein. Amelia Jasper saß in ihrem Rollstuhl. Sie blickte uns mit freundlichstem Lächeln entgegen.
»Wie geht es denn?« fragte sie. »Bitte setzen Sie sich doch. Hallo, Claire, Liebes, geht’s dir gut?«
»Danke, ja«, antwortete Claire.
»Da ich mich nicht gut bewegen kann, vertritt du mich bitte als Gastgeberin. Ich habe wieder so einen Ischiasanfall, du weißt - von diesem elenden Autounfall her. Und weil ich solche Schmerzen hatte, habe ich zuviel Aspirin genommen - so daß es mir jetzt ganz schwummerig ist. Aber setzen Sie sich doch bitte. Und entschuldigen Sie, wenn ich ein bißchen groggy bin.«
Ihre Augenlider flatterten ein wenig, aber dann nahm sie sich zusammen.
Erst nachdem wir uns alle hingesetzt hatten, sah sie meine Handschellen.
»Aber, Mr. Lam!« sagte sie. »Sie sind doch nicht, ja was...«
Susie Irwin vollendete den Satz.
»Ich habe es im Radio gehört, Madam... Aber ich wollte Ihnen nichts darüber sagen. Er ist derjenige, der diese Lucille Hollister in der vergangenen Nacht umgebracht hat. Sie erinnern sich, daß Sie darüber in der Zeitung gelesen haben.«
»Donald Lam tötete sie!« rief Amelia Jasper ungläubig aus. »Ich dachte, er sei so nett. Aber, aber... Und ihr bringt ihn mir hier in mein Haus!«
»Nur um etwas aufzuklären, was mit seinem Fall
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