Wo Licht im Wege steht
mit«, wagte Sellers. »Warum sollte diese Person das alles getan haben?«
»Weil sie für den dritten Schuß Rechenschaft ablegen mußte und ihn deshalb in den Koffer abfeuerte.«
»Aber so, wie Sie es darstellten, sind dann vier Schüsse gefallen.«
»Das wollte ich Ihnen damit beweisen.«
»Und warum mußte ein vierter Schuß fallen, um für die dritte Kugel Rechenschaft abzulegen?«
»Weil die Person das dritte Geschoß bei sich trug!«
Sellers sah mich drei oder vier Sekunden an, er blinzelte mit den Augen, als sei er von dem, was ich ihm erzählt hatte, geblendet. »Das ist eine Theorie, gut«, sagte er dann. »Aber es ist nur eine Theorie.«
»Hören Sie weiter zu, vielleicht ist es doch wesentlich mehr. Wo waren die Kleider der Frau, als Sie die Leichen fanden?«
»Einen Teil hatte sie an, und der Rest... Moment mal, ich glaube, der Rest war in dem Koffer.«
»Das beweist alles!« sagte ich. »Eine Frau, die sich in einem Hotel auskleidet, in dem sie übernachten will, würde ihre Bluse, die sie gerade ausgezogen hat, niemals zusammengerollt in einen Koffer hineinstopfen. Zu dem Zeitpunkt, an dem die Schießerei stattfand, stand der Koffer geöffnet am Boden. Die Bluse lag auf einem Stuhl daneben. Der Mörder geriet späterhin in Zeitnot, rollte die Bluse zu einem Bündel zusammen, stopfte sie in den Koffer und verschloß ihn dann.«
»Sie scheinen eine Menge darüber zu wissen«, sagte Sellers und fügte bedeutungsvoll hinzu: »Es versteht sich ja auch von selbst. Sie waren zur Zeit des Mordes ebenfalls im Hotel.«
Er dachte dann eine Weile nach. »Immerhin sind wir nun ein gutes Stück vorwärtsgekommen. Ich hoffe, daß die Damen sich an jedes Wort erinnern werden, das er uns erzählt hat. Und wenn es tatsächlich ein Mord war, dann ist er der Mörder.«
»Ich kann es nicht gewesen sein«, sagte ich, »denn, Sellers, sehen Sie sich einmal die Bilder an, die das Innere des Zimmers zeigen, in dem die Leichen gefunden wurden. Beachten Sie die Handtücher, die man im Bad hängen sieht.«
»Und warum?«
»Es hängt nur ein Frottiertuch dort, aber zwei Handtücher.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Meistens pflegen es zwei Frottiertücher und zwei Handtücher zu sein!«
»Sie verlangen viel von mir«, sagte er sarkastisch, »ich werde nicht dafür bezahlt, Wäschestücke zu zählen.«
»Es würde aber nichts geschadet haben in diesem Fall. Der Mörder wurde verwundet und hat ein Frottiertuch zum Verbinden benutzt. Deswegen fehlt es.«
»Das ist eine kühne Theorie, Lam«, sagte Sellers, aber er wurde zunehmend nachdenklicher.
»Sicherlich ist es das, aber ist sie es nicht wert, daß man daraufhin Nachforschungen anstellt?«
»Das finde ich aber auch«, ertönte Berthas Stimme aus dem Hintergrund. »Nachforschen müßte man auf jeden Fall, Frank, und bedenken Sie, was das für die Versicherung bedeuten würde.«
»Wieso für die Versicherung?«
»Bei einem Selbstmord innerhalb des ersten Versicherungsjahres braucht die Versicherung nicht zu zahlen«, erklärte Bertha. »Aber wenn es kein Selbstmord war, dann müssen sie der Witwe vierzigtausend Dollar auszahlen. Und bei Tod durch Unfall das Doppelte, also achtzigtausend!«
Sellers pfiff durch die Zähne.
»Darum arbeiten wir daran, Frank, verstehen Sie? Ich habe den Auftrag.«
»Sprechen Sie weiter, Lam, was wissen Sie noch?«
»Es war bestimmt eine Liebesnest-Affäre. Minerva Carlton wurde erpreßt. Der Erpresser wollte von ihr eine große Summe, die sie sehr wahrscheinlich nicht aufbringen konnte. Er drohte ihr, daß er sie bei ihrem Mann verraten werde.«
»Nun, das ist so üblich bei Erpressungen«, sagte Sellers.
»So entschied sich Minerva, den Erpresser übers Ohr zu hauen. Sie ging zu Dover Fulton. Er war ihr früherer Chef. Ob sie einmal enger miteinander befreundet waren, weiß ich nicht. Auf jeden Fall ging sie zu ihm, und er war mit ihrem Plan einverstanden. Er wollte die Rolle ihres Mannes spielen. Der Erpresser kannte Stanwick Carlton nicht. Fulton erklärte ihm dann, er sei Minervas Mann und habe ihr alle Fehltritte vergeben. Er küßte sie in Gegenwart des Erpressers und sagte: >Und Sie scheren sich nun zum Teufel!<«
»Das könnte so gewesen sein. Aber wo ist der Beweis?«
»Ich habe versucht, den Beweis zu finden, bevor Sie mir diesen reizenden Handschmuck anlegten, Sellers.« Ich streckte ihm meine Hände mit den Handschellen entgegen.
»Die habe ich Ihnen anlegen müssen. Schließlich stehen Sie noch immer
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