Wo niemand dich findet
Adresse Moccasin Road zu bestätigen. Danach habe ich die Bestellung storniert und bin losgefahren, um Melanie zu suchen.«
Nathan bog in die Straße ein, in der er wohnte. Alex’ Wagen stand vor seinem Haus. Sie war fast zu müde, um noch nach Hause zu fahren. Sie musste sich unbedingt ausruhen.
»Das ist gut«, meinte Nathan. »Auf die Idee wäre ich nicht gekommen.«
Sie zuckte die Achseln. »Die Leute geben einem immer über alles Auskunft. Man muss nur die richtigen Fragen stellen.« Nathan parkte in der Auffahrt, und Alex
stieß die Tür auf. »Nur hätte es bei Melanie nicht so einfach sein dürfen.« Sie stieg aus und schlug die Tür zu. »Das bringt mich wirklich auf die Palme.«
Nathan ging um den Wagen herum zu ihr. Er sah auf den Saturn, der hinter ihr am Straßenrand stand, dann trafen sich ihre Blicke.
»Du hast ihr also geraten, möglichst unauffällig zu sein, als du sie nach Florida verfrachtet hast«, sagte er. »Und jetzt ärgerst du dich, dass sie sich nicht daran gehalten hat.«
»Genau.« Mit einem Seufzer vergrub Alex beide Hände in den Gesäßtaschen ihrer Jeans und blickte zu Boden. »Ich schätze, ich hab’s ihr nicht so gut eingeschärft, wie es nötig gewesen wäre. Sie hätte auf keinen Fall zurückkommen dürfen. Und als sie trotzdem kam, war sie auch noch unvorsichtig und hat alle meine Warnungen in den Wind geschlagen.«
»Das ist ihre Schuld, nicht deine. Deswegen brauchst du dir keine Vorwürfe zu machen.«
Sie blickte zu ihm auf. Es war zu dunkel, als dass sie seinen Gesichtsausdruck erkennen konnte, aber der warme Klang seiner Stimme mit dem weichen Südstaatenakzent beruhigte sie. Er kam aus Louisiana, und in der Dunkelheit ließen sie seine Worte an das träge dahinfließende Wasser der Bayous denken.
Er sah ihr in die Augen, und sie durchfuhr ein Schauer. Als er die Hand an ihre Wange legte und mit dem Daumen sanft über die Narbe über ihrem Mund strich, stockte ihr der Atem.
»Ich wollte dich schon die ganze Zeit fragen«, sagte er, »wie es dir ergangen ist.«
Mit »die ganze Zeit« meinte er seit letztem Herbst. Seit ein Auftragskiller in ihr Büro eingebrochen war und versucht hatte, eine Information aus ihr herauszuprügeln. Gleich nach dem Vorfall hatte sie Nathan angerufen, doch hinterher hatten sie sich etwas aus den Augen verloren.
Sie senkte den Blick. »Ach, ganz gut«, antwortete sie.
Er ließ die Hand sinken. »Ich hätte dich anrufen sollen.«
»Kein Problem.« Warum nur hatte sie nun so ein flaues Gefühl im Magen? Sie löste sich von ihm und fischte den Autoschlüssel aus der Hosentasche. »Also, dann … Und vielen Dank für deine Hilfe heute Abend.«
Er blieb stehen, den Blick auf sie geheftet.
»Ich ruf dich morgen an«, sagte sie. »Vielleicht hast du bis dahin ja schon was rausgefunden.«
Sie tat einen weiteren Schritt rückwärts, ehe sie sich umdrehte und auf ihr Auto zuging. Es war ruhig in der Straße. Keine Autos, keine Fußgänger, nicht einmal ein bellender Hund.
»Pass auf dich auf«, rief er ihr nach.
Sie blickte zu ihm zurück und winkte. »Mach ich.«
Sophie Barrett nahm das, was in ihrem Horoskop stand, nicht immer für bare Münze. Aber sie musste zugeben, dass es an manchen Tagen verdammt genau zutraf.
Das Glück kommt zu Ihnen, wenn Sie es am wenigsten erwarten . Als Sophie die Lavaca Street in Downtown Austin erreichte, konnte sie kaum glauben, dass sie ihre strahlend blauen Augen nicht trogen. Nein, direkt vor ihrem Ziel war ein Parkplatz frei. Trotz Rushhour
und Verkehrschaos musste sie keine drei Blocks von der nächsten Parkgarage im Nieselregen hierherlaufen. Ihre Frisur und die silbernen Riemchenpumps hatten eine echte Chance, das Bewerbungsgespräch unversehrt zu erreichen.
Sophie rollte langsam an der Parklücke vorbei und parkte mit viel Geschick rückwärts ein. Sie war seit jeher eine gute Autofahrerin und steuerte ihr SUV wie ein kleines Coupé.
Lovell Solutions. Sie las den Schriftzug, der in das Glas eingraviert war, dann begutachtete sie sich im Rückspiegel. Ihre Lippen waren makellos. Damit musste sie nicht riskieren, sich direkt vor einer Glastür im Auto zu schminken. Vermutlich war Alex Lovell drinnen, und Sophie wollte auf keinen Fall den Eindruck erwecken, sie sei dämlich. Blondsein hatte Vorteile. Aber es gab definitiv auch ein paar Nachteile. Sophie rückte ihren Push-up-BH zurecht, strich sich die Satinbluse glatt und stieg aus dem Wagen. Noch ein paar Münzen in die Parkuhr, und
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