Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
Vom Netzwerk:
Bier. Jetzt kann ich mich nur noch betrinken.«
    »Schau dir mal den an!« Herman hielt einen riesigen Bierkrug unter den Zapfhahn. »Ist aus München, aus dem Café Schelling. Ich hab ihn dir zu Ehren aus dem Schrank geholt. Du hast also Probleme?«
    »Und wie! Du machst dir kein Bild, in was für einem Schlamassel ich sitze …«
    Den Ellbogen auf dem Tresen, das Kinn in die Hand gestützt, lauschte Herman Detlefs Bericht. In seiner Jugend musste er ein schönes nordisches Gesicht gehabt haben, so, wie man es sich in romanischen Ländern vorstellt, mit blauen Augen, blondem Haar und rosigen Wangen. Der Alkohol hatte seine Züge im Lauf der Jahre umgeformt; grobporige Haut, schlaffes, teilweise aufgedunsenes Gesicht und so blasse Augen, dass man denken konnte, sie seien vom Star getrübt. Sein straff nach hinten getragenes weißes Haar schien mit einer Mischung aus Fett und Nikotin pomadisiert, mit seinen billigen dritten Zähnen grinste er wie eine Gestalt aus dem Wachsfigurenkabinett, und abgesehen von dem aufgetriebenen Wanst wie bei einem verhungernden Kind schlotterte sein dürrer Leib in den weiten Shorts und einem kurzärmeligen Hemd.
    »Dieses Fossil, von dem du da redest, was ist das genau?«
    »Das, was ich suche? Eine Art Seeigel, wenn du so willst, aber ohne Stacheln.«
    »Wie bitte, so viel Theater wegen eines Seeigels? Du spinnst ja, Amigo!«
    »Du weißt nicht, wa du da sagst, Herman. So etwas hat noch kein Mensch gesehen. Manche Institute oder Sammler würden ein Vermögen geben, um so eines zu besitzen!«
    »Ein Vermögen? Zum Beispiel wie viel?«
    »Ich weiß nicht … Es ist einfach unbezahlbar. Ungefähr wie Mondgestein. Ein paar Exemplare, und unsere Forschungen wären auf Jahre hinaus finanziert!«
    »Und das Teil, das du schon hast?«
    »Ist keinen Pfifferling wert. Solange die Herkunft nicht gesichert ist, kann man nur Vermutungen anstellen wie bei einem erratischen Block.«
    »Was für’n Ding?«
    »Erratisch heißt, dass sich etwas nicht mehr am Originalort befindet. Wenn du, nur mal so als Beispiel, ein Pharaonengrab öffnest und im Sarkophag Weizenkörner entdeckst, kannst du daraus schließen, dass die mindestens so alt sind wie die Mumie, dass sie eine symbolische Bedeutung für den Totenkult haben, als Sinnbild der Wiedergeburt oder so. Findest du aber genau dieselben Körner in der Wüste oder bringt sie dir jemand, dann haben sie keinerlei Informationswert, weder über sich selbst noch über sonstwas. Dann sind sie einfach ein paar Körner, mehr nicht.«
    »Verstehe … Und du bist sicher, dass es diesen Fundort wirklich gibt?«
    »Todsicher! Das ist ja das Schlimme. Ich habe Ayrton gründlich ausgequetscht, wir haben zusammen die Satellitenkarten studiert, die ich mir beschaffen konnte: Alles passt. Ein Hügel zwischen der Gabelung des Rio Bento Gomes und dem Jauru, kurz vor Descalvado.«
    »Kenne ich.«
    »Wie, kennst du? Bist du da schon mal gewesen?«
    Verträumt blickend, ignorierte Herman die Frage. »Und du glaubst, du findest die Stelle wieder, auch ohne Ayrton?«
    »Ich bin absolut sicher! Wenn ich erst mal dort bin, finde ich mich auch zurecht, garantiert, mit so was habe ich Erfahrung. Zusammen mit Ayrton würde es allerdings schneller gehen …«
    Herman blickte Detlef unverwandt in die Augen, als erwöge er ein letztes Mal Für und Wider.
    »Gut«, sagte er nach kurzem Nachdenken, »ich glaube, ich zapfe uns noch eins.«
    »Nein, danke, mir ist schon ganz schwindelig.«
    Dennoch griff der Wirt die beiden leeren Krüge und beugte sich zum Zapfhahn.
    »Nein danke, Herman. Ich vertrage nicht …«
    »Ich kann dir ein Boot besorgen …«, sagte der andere beiläufig, ohne den Blick vom Strahl zu wenden, der in den Krug schäumte.
    »Was sagst du?«
    »Du hast schon richtig gehört. Ich kann ein Boot beschaffen, einen Lotsen und alles, was du sonst noch brauchst. Ganz billig wird das allerdings nicht. Kommt darauf an, was es dir wert ist.«
    Detlef dachte fieberhaft nach. Ein Wort hatte genügt, und die Hoffnung war wieder da, stärker denn je. Milton pfiff aufs Geld, er würde egal welche Summen bezahlen, um diese Expedition zu ermöglichen. Und Herman schien keinen Unsinn zu reden.
    »Mit wem muss ich verhandeln?«, fragte Detlef mit einem Eifer, den er sogleich bereute.
    »Mit mir.« Herman stellte einen vollen Bierkrug vor Detlef. »Ein gutes Boot. Ich habe es vor zehn Jahren aus Staatsbesitz erworben. Achtundzwanzig Meter, Stahlrumpf, 300   PS . Und der Skipper

Weitere Kostenlose Bücher