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Wo Tiger zu Hause sind

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Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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ihm arrangieren; schließlich war er der Institutsdirektor und Mitglied derjenigen Kommission, die die Forschungsmittel zuteilte.
    Während der Taxifahrt wurde Mauro von einer regelrecht väterlichen Aufmerksamkeit seitens Miltons umgeben, der ihn deutlich mehr als Elaine nach dem Verlauf ihrer Reise befragte, so dass er sich gehalten sah, detailliert die Episode mit dem Taschendieb zu berichten, was er leicht und humorvoll tat.
    Im Hotel Beira Rio angekommen, sagte Detlef, sie sollten ihre Zimmer beziehen und sich zum Mittagessen auf der Terrasse einfinden.
    Als Erstes drängte es Elaine, sich zu duschen. Sie fühlte sich von der Zugreise mitgenommen und von Kopf bis Fuß schmutzig. Wer hätte gedacht, dass in diesem Land noch Dampfloks fuhren oder dass der Rauch derart rußig wäre! Bei der Abfahrt vor acht Stunden in Campo Grande waren ihre Kleider nagelneu gewesen, jetzt brauchten sie eine gründliche Reinigung.
    Als sie aus der Dusche trat, klopfte es an ihrer Zimmertür. Detlef. Da sie eine gewisse Vertrautheit miteinander pflegten, wickelte sie sich einfach in ihr Badetuch und ging öffnen. Er blickte besorgt drein, scherzte aber:
    »Schämst du dich nicht, halbnackt die Tür aufzumachen?«
    »Nicht, wenn es ein alter Freund ist«, lachte sie, »der mich außerdem mehr als einmal ganz nackt gesehen hat, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Das solltest du aber nicht tun, Kleines. Eines Tages könnte der Teufel erwachen, der in mir schlummert! Zumal angesichts solcher Verlockungen …«
    »Was bringt dich her, alter Dummkopf?«
    »Ich muss dich dringend allein sprechen. Also ohne Milton. Du weißt, schon wenn er sein Büro verlassen muss, kommt er vor Angst fast um. Er ist nur mitgefahren, um die Ehre für meine Entdeckung einzuheimsen und um sich bei Mauros Vater beliebt zu machen, indem er ihn persönlich unter die Fittiche nimmt. Wenn er erfährt, was ich dir zu erzählen habe, ist er imstande und bläst alles ab.«
    »Gibt’s Probleme?«
    »Oh, es ist ganz einfach. Der Mensch, mit dem ich den Transport flussaufwärts vereinbart hatte, will uns sein Boot nicht mehr vermieten. Völlig ausgeschlossen, sagt er. Und warum? Das errätst du nie! Angeblich blockieren irgendwelche Spitzbuben die Passage oberhalb von Cuiabá. Nicht mal die Polizei traut sich mehr hin; sie sollen auf alles, was sich bewegt, mit dem Maschinengewehr feuern.«
    »Das ist doch Wahnsinn!«
    »Offenbar Schmuggel mit Krokodilhäuten. Eine ganze Gang aus Paraguay. Sie haben sogar eine kleine Landebahn im Dschungel! Das Geschäft muss ziemlich lukrativ sein, sie scheuen keine Mittel, um ungestört zu bleiben.«
    »Glaubst du ihm diese Geschichte?«
    »Ich weiß nicht. Hier oben ist alles möglich.«
    »Und die Polizei, verflucht nochmal?«
    »Kriegt wahrscheinlich ihr Stück vom Kuchen ab, ganz einfach.«
    »Das ist doch nicht zu glauben! Kommt man da nicht anders hin?«
    »Vergiss es. Ich habe mit Ayrton, dem Fischer, der mir letztes Jahr dieses sagenhafte Fossil angebracht hat, die Karten studiert: Der Flussarm, an dem sich der Fundort befindet, liegt zwanzig Kilometer oberhalb von der Stelle und ist anders nicht zu erreichen. Es sei denn, man geht irgendwo an Land und schlägt sich sechzig, siebzig Kilometer weit durch den Dschungel … und das kommt überhaupt nicht in Frage.«
    Elaine war niedergeschmettert. So, wie sie Milton kannte, bedeutete das die Rückkehr nach Brasilia mit dem nächsten Flugzeug.
    »Und was machen wir jetzt?« Sie wirkte ratlos.
    »Erst mal gar nichts. Den Mund halten. Kein Wort zu Milton. Und zu Mauro auch nicht, man kann nie wissen. Ich habe schon die Fühler ausgestreckt und erwarte heute Nachmittag eine Antwort. Okay?«
    »Okay.« Elaine zog ein enttäuschtes Gesicht.
    »So, dann zieh dich an. In zehn Minuten gibt es Mittagessen auf der Terrasse.«
     
    Auf das Fensterbrett gestützt, bestaunte Mauro von seinem Zimmer aus mit großen Augen diese Landschaft, die sich zum ersten Mal vor ihm ausbreitete. Das Beira Rio lag am Fluss, es war ein Teil der spärlichen Bebauung, die sich am Ufer entlangzog. Von seinem Ausguck konnte er sehen, wie die Sümpfe des Pantanal sich endlos gen Osten erstreckten. Schwärme nie gesehener Vögel durchquerten zwitschernd den wolkenlosen, aber dunstigen Himmel. Das schlammgelbe, ölglatte Wasser des Rio Paraguay lag da wie ein hier und da mit rostigen oder fauligen Flecken besetzter Spiegel. Kaum zu glauben, dass dieses stehende Gewässer zu dem großen Strom gehörte, auf dem die

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