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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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gemacht.
Dem guten alten Sigmund würde das sicher gefallen, aber ich glaube keine Sekunde lang, dass solche Bilder mit der »Kastrationsangst« erklärbar sind. Ich denke vielmehr, dass die Menschen, als es die Dinge zu benennen galt, ganz instinktiv den seltsamsten und poetischsten Namen gewählt haben.
     
    IN MEINER VORSTELLUNG steht Kircher der Figur seines Namens in Heimito von Doderers Roman
Ein Umweg
recht nah: Ein Mandarin, Gefangener seiner ungeordneten Kenntnisse, ein von sich selbst und seinen Privilegien eingenommener Anhäufer des Wissens, ein Mann, der noch an die Existenz von Drachen glaubt … Kurz, eine Art Dinosaurier, dessen Schüler zu werden der junge Held des Romans sich weigert, und zwar ganz zu Recht.
     
    KIRCHER FASZINIERT MICH , weil er ein Exzentriker ist, ein Künstler des Scheiterns und des falschen Scheins. Seine Neugier bleibt unerreicht, führt ihn aber allzu nah an die Grenzen der Scharlatanerie heran … Wie hat Peiresc ihm nur weiterhin vertrauen können? (Malbois schreiben: Auskünfte zu Mersenne etc.)
     
    AUGUSTINISCHER VORTEX : »In diesen Stücken fürchte ich durchaus nicht die Einwendungen der Akademiker, die da entgegenhalten: Wie aber, wenn du dich täuschest? Wenn ich mich nämlich täusche, dann bin ich. Denn wer nicht ist, kann sich natürlich auch nicht täuschen; und demnach bin ich, wenn ich mich täusche. Weil ich also bin, wenn ich mich täusche, wie sollte ich mich über mein Sein irren, da es doch gewiss ist, gerade, wenn ich mich irre.« (Augustinus,
Vom Gottesstaat
, 11 . Buch, Kap. 26 ) Soledade würde sagen, das ist genauso umständlich, wie in einer Hängematte Liebe zu machen, und zwar im Stehen …

4 . Kapitel
    Wo berichtet wird, wie Kircher die Bekanntschaft eines Italieners machte, der vier Jahre lang den Leichnam seiner Gattin bei sich hatte.
    D a der Aufenthalt in Deutschland für Angehörige unseres Ordens zu gefahrvoll war, ward beschlossen, über Norditalien nach Österreich zu gelangen. So brachen wir gen Marseille auf, wo wir uns auf einem schmächtigen Küstenfahrzeug mit Bestimmung nach Genua einschifften. Stürme stellten sich unserer Reise entgegen, und so gerieten wir stattdessen nach Civita Vecchia. Beim bloßen Gedanken an weitere Seefahrt von Übelkeit befallen, bewältigten wir die sechzig Meilen, die uns noch von Rom trennten, zu Fuß.
    Eine nicht geringe Überraschung harrte Kirchers dort. Als wir im Collegium Romanum vorsprachen, durch schieren Zufall, denn nur die unwägbaren Winde hatten uns hierher verschlagen, waren die Oberen der Societas durchaus nicht verwundert, Athanasius zu sehen, sondern empfingen ihn im Gegenteil wie einen sehnlichst Erwarteten: Während unserer Irrfahrten hatten de Peirescs Mühen Frucht getragen, & Kircher war soeben an den Mathematik-Lehrstuhl des Collegiums berufen worden, als Nachfolger von Christoph Scheiner, seinerseits allbereits nach Wien unterwegs, um dort Keplers Posten einzunehmen. Über die Lehre der Mathematik hinaus, so besagte es der Vertrag, sollte Athanasius sich dem Studium der Hieroglyphen widmen, eine Klausel, zu der die Fürsprache seines provenzalischen Kollegen beigetragen hatte.
    Schwerlich vermag ich zu sagen, wie froh Kircher angesichts dieser Nachricht war: Im Alter von nur dreißig Jahren verfügte er nun über einen Lehrstuhl am berühmtesten Institut des Jesuitenordens & durfte den vornehmsten Gelehrten seiner Epoche von Gleich zu Gleich gegenübertreten, ebenjenen, die er seit Anbeginn seiner Studien höchlichst bewunderte.
    Als wir im November 1633 nach Rom gelangten, hatte Galilei gerade das erste Jahr seines Arrests angetreten; meinem Meister war es eine süße Pflicht, ihn so oft zu besuchen, als seine Obliegenheiten es gestatteten.
    Sein Zimmer im obersten Stockwerk des Collegium Romanum bot Athanasius Kircher einen einzigartigen Ausblick über die Stadt. Tief unten wimmmelte das Volk von Rom – bereits damals zählte die Stadt mehr als einhundertzwanzigtausend Einwohner! –, er sah die Kuppeln und Kapitelle der schönsten je erschaffenen Bauwerke & vor allem einige der großen Obelisken, deren Restaurierung Papst Sixtus  V . begonnen hatte.
    De Peirescs Rat gemäß suchte er Pietro della Valle auf, jenen berühmten Inhaber des koptisch-arabischen Wörterbuches, welches Saumaise übersetzte. Dieser unerschrockene Reisende hatte von 1611 bis 1626 Indien und die Levante kreuz & quer durchmessen. Von seinen Forschungen an den Gräbern der Pharaonen hatte er

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