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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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sie im hellen Staub schufteten.
     
    Als Detlef im
Esther
eintraf, dem Lokal, wo er mit der letzten Möglichkeit verabredet war, ein Boot zu mieten, ließ der betagte Wirt den Pinsel sinken, um ihn mit demonstrativer Freundlichkeit zu begrüßen.
    »Olà, amigo!«
Und er umarmte Detlef. »Schön, dich wiederzusehen. Wie geht’s dir nach all der Zeit?«
    »Grüß dich, Herman!« Detlef antwortete nicht auf die Frage, die keine Antwort erwartete. »Immer noch am Malen?«
    »Und wie! Ich male eine von den alten Mauern an. Aber diesmal wird es ein Porträt. Schau mal, was ich aufgetrieben habe.« Er nahm eine alte Postkarte vom Tisch: »Otto Eduard Leopold von Bismarck! Nicht übel, was? Das wird riesig!«
    »Ganz sicher …«, meinte der Geologe und betrachtete die Wandnische, in der Herman eine naive Farbskizze des Fotos angelegt hatte.
    Er fühlte sich unwohl: Wie jedes Mal erfüllte ihn dieser Mensch unvermittelt mit heftigem Widerwillen. Herman Petersen sprach Deutsch, trat als Deutscher auf, war aber … Bolivianer. Wer darüber staunte, dem zeigte er mit Vergnügen Fetzen eines Passes, die seine Behauptung stützten. Außerdem rühmte er sich, auch die brasilianische Staatsbürgerschaft zu besitzen, schließlich hatte er eine fette, schauderhaft pockennarbige Mulattin geheiratet (vor der es ihn allerdings nicht zu grausen schien, immerhin hatte er ihr drei Kinder gemacht). Wenn er betrunken war, also jeden lieben Tag aufs Neue ab einer bestimmten abendlichen Stunde, wurde er redselig und erging sich in nostalgischen Lobreden auf das Tausendjährige Reich. »Ja, ja, gegen Ende hat er es ein bisschen übertrieben«, sagte er, ohne Hitler je beim Namen zu nennen, »aber trotzdem! Die Überzeugungen bleiben, und die waren nicht alle schlecht. Im Gegenteil, das könnt ihr mir glauben!« Bei ihren Gesprächen während seiner beiden früheren Aufenthalte in Corumbá hatte Detlef ihm so viel entlocken können, dass Petersen 1945 in Bolivien aufgetaucht war, nach der Niederlage … »Aber ich war ein einfacher Soldat«, darauf beharrte er ein wenig zu sehr, »ein kleiner Fisch, ein ganz kleiner Fisch!«
    »Gut«, fuhr Herman fort, »was kann ich dir zur Feier des Tages anbieten? Ich habe ein neues Bier vom Fass, der reinste Göttertrunk!«
    »Nachher«, sagte Detlef, denn der Mann, den er erwartete, hatte eben das Lokal betreten. »Erst habe ich mit dem Kerl da etwas Dringendes zu besprechen.«
    »Kein Problem, Amigo. Fühl dich wie zu Hause!«
    Mit nichts Gutes verheißender, hinterlistig-unterwürfiger Miene kam der Brasilianer auf Detlef zu.
    »Senhor Walde«, er wich seinem Blick aus, »es ist unmöglich, ganz und gar unmöglich. Ich würde ja gern, aber ich kann das Risiko, mein Boot zu verlieren, einfach nicht eingehen, verstehen Sie? Man kommt da nicht mehr durch, und wer es versucht, den schießen sie ab wie ein Kaninchen. Niemand wird Sie da hinbringen, das versichere ich Ihnen!«
    Detlef spürte, wie die Wut ihm zu Kopf stieg. »Ich verdoppele den Preis! Überleg’s dir gut: zweihunderttausend Cruzeiros!«
    Wie von der Höhe der Zahl elektrisiert, wand der andere sich, dann blieb sein Blick plötzlich starr an etwas hinter Detlefs Rücken hängen. Instinktiv drehte Detlef sich um; Petersen trocknete in aller Ruhe einen Bierkrug ab, den Blick auf das Tuch gesenkt.
    »Und?«, drängte Detlef.
    »Es tut mir leid, wirklich sehr, sehr leid. Es ist zu gefährlich, ich kann nicht. Nächstes Jahr, dann vielleicht …«
    »Nichts da nächstes Jahr!«, platzte Detlef. »Jetzt oder nie. Ich kann das Budget nicht ins nächste Jahr übertragen, verstehen Sie das vielleicht?«
    »Bitte schreien Sie nicht, Senhor. Das kann mich auch nicht umstimmen. Ich habe mit Seu Ayrton gesprochen …«
    »Mit Ayrton? Dem Fischer?«
    »Er ist heute früh nach Campo Grande aufgebrochen. Er hat mir aufgetragen, Ihnen zu sagen, dass er Sie nicht begleiten kann. Seine Mutter ist krank, Sie müssen verstehen …«
    »Das ist ja der Gipfel!« Detlef ballte die Fäuste. »Scheiße! Hast du das gehört, Herman?«
    »Was denn?«
    »Diesen Mistkerl hier!«, und er wies mit großer Geste auf den unwilligen Bootsvermieter.
    Der allerdings hatte die Ablenkung genutzt, um sich aus dem Staub zu machen, Detlef sah nur gerade noch, wie er durch den Vorhang aus Perlenschnüren verschwand, der den Lokaleingang gegen Fliegen schützte. Mit resignierter Miene stützte Detlef sich auf den Tresen: »Ich glaube, das ist jetzt der richtige Moment für ein

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