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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Martinis und literarische Gespräche, boshaften Klatsch und Mutterwitz, wilde Partys und Alkohol in Strömen verkörperte – aber erst nach Sonnenuntergang. Carolines Vater war ein berühmter Maler gewesen; ihre Mutter hatte seine Erfolge mit legendären Festen im nahe gelegenen Black Hall gefeiert, der Wiege des amerikanischen Impressionismus.
    Im Haus roch es anheimelnd. Immer wenn sie es betrat, nahm Caroline als Erstes die Gerüche ihrer Kindheit wahr. Die salzige Seeluft, der Rauch der brennenden Holzscheite im Kamin, Ölfarbe, Gin, das Parfum ihrer Mutter und das Gewehröl ihres Vaters bildeten ein kunterbuntes Gemisch. Sie wanderte durch die kühlen Räume, konnte ihre Mutter aber nirgends entdecken.
    Da war sie ja! Auf der breiten Treppe der Seitenveranda, der Sicht ihrer Töchter entzogen, saß Augusta Renwick, die weiße Mähne von der Meeresbrise zerzaust.
    Caroline zögerte im dunklen Wohnzimmer. Selbst wenn sie alleine war und sich unbeobachtet glaubte, wirkte ihre Mutter beherrscht, wie eine tragische Heldin. Sie blickte so angestrengt auf das Meer hinaus, als hielte sie nach dem Schiff ihres Mannes Ausschau, das nach gefahrvoller Fahrt zurückkehrte. Ihre Wangenknochen waren hoch und ausgeprägt, ihr Mund war breit und verhärmt.
    Sie trug ein verblichenes blaues Hemd, Khakihosen, alte Turnschuhe und um den Hals die schwarze Perlenkette, die Hugh Renwick ihr zu Weihnachten geschenkt hatte, in dem Jahr, als er starb. Augusta trug sie ständig – zu Partys, Bällen, im Garten, beim Einkaufen im Supermarkt, wo auch immer. Ihr schwarzes Haar war schon mit sechsunddreißig weiß geworden, aber sie hatte es nie gefärbt. Lang und üppig, reichte es ihr fast bis zur Taille. Ihre Augenbrauen waren schwarz geblieben. Sie war auch heute noch eine Schönheit, von einem Hauch Dramatik umgeben.
    »Da steckst du, Mom!«
    »Ach Liebes«, sagte Augusta gefühlvoll. »Ich habe gerade die Cocktails gemixt und mir einen auf die Schnelle genehmigt. Komm, trink einen Schluck mit mir, bevor wir zu deinen Schwestern zurückkehren.«
    »Nein, danke.«
    Augusta tippte auf den freien Platz an ihrer Seite. Caroline nahm ein Sitzkissen von einem der Korbsessel und legte es auf die oberste Treppenstufe. Der Cocktailshaker aus Sterlingsilber, an dessen Monogramm kondensierte Wassertropfen hingen, stand zwischen ihnen.
    »Ich habe einfach nur dagesessen und an deinen Vater gedacht.« Augusta blickte auf die Wellen hinaus, die violett und silbern im Mondlicht schimmerten. »Er liebte den Vollmond im Juni. Weißt du noch? Hätte er nicht ein Bild von diesem herrlichen Nachthimmel malen können?«
    »Hätte er, Mom.«
    »Auf Hugh«, sagte Augusta und hob ihr Glas dem Mond entgegen. »Und auf das Bild, das er gemalt hätte. Von seiner Frau, seiner ältesten Tochter und dem längsten Tag des Jahres. Es wäre sein erstes Sommerbild gewesen.«
    »Auf das erste Sommerbild!« Caroline hob ihr imaginäres Glas.
    »Ich vermisse ihn so sehr.«
    »Ich weiß.«
    Einen Moment lang schwiegen beide, und Caroline hatte das Gefühl, als würde ihre Mutter erwarten, dass sie sagte: Ich vermisse ihn auch. Augustas Miene war traurig und sehnsuchtsvoll, und Caroline wusste, es hatte mit der Vergangenheit, der großen Liebe ihres Lebens und den verpassten Chancen zu tun. Hugh war vor sieben Jahren gestorben, an Magenkrebs. Nach seinem Tod, als das Leben für die Familie weiterging, hätten ihm seine Töchter gerne noch das eine oder andere gesagt, aber es war zu spät. Ihre Mutter hatte ihn abgöttisch geliebt, bis zum Ende.
    Jenseits der Meerenge blinkten die Leuchtfeuer von Long Island. Im Westen war der helle Widerschein eines großen Fischerboots oder der Arbeitsplattform einer Bohrinsel zu sehen, die hinter den Wickland Shoals vor Anker lag.
    »Komm, lass uns zu den anderen gehen und den Mond anschauen«, sagte Caroline, nahm ihre Mutter bei der Hand und zog sie hoch.
    Augusta vergaß den Cocktailshaker auf der Verandatreppe. Caroline war erleichtert. Als sie den Garten durchquerten, spürten sie die Meeresbrise in ihren Haaren. Diese Tageszeit erinnerte Caroline mehr als jede andere an ihren Vater. In einem musste sie ihrer Mutter Recht geben – sie war unversöhnlich, und da war einiges, was sie ihm vorwarf, aber trotzdem hatte sie nun einen Kloß im Hals. Nicht alle Erinnerungen waren schlecht.
     
    Die Feuerfliegen hatten begonnen auszuschwärmen. Sie blinkten in den Rosenbüschen. Sie breiteten sich auf der Wiese aus, brachten das hohe Gras

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