Woche voller Samstage
Es war Samstagmorgen, und Herr Taschenbier saß im Zimmer und wartete.
Worauf er wartete? Das wusste Herr Taschenbier selber nicht genau.
Warum er dann wartete? Das lässt sich schon eher erklären. Allerdings muss man da mit dem Sonntag beginnen:
Am Sonntag schien die Sonne, das kam öfter mal vor. Am Montag klopfte es. Frau Rotkohl streckte den Kopf durch die Tür und sagte:
»Da ist ein Mensch für Sie, Herr Flaschenbier. Dass er mir ja nicht raucht im Zimmer, das schadet den Gardinen! Und dass er sich nicht aufs Bett setzt! Wozu haben Sie denn einen Stuhl!«
Frau Rotkohl war die Zimmerwirtin. Immer wenn sie sich ärgerte, sagte sie »Herr Flaschenbier« zu Herrn Taschenbier. Diesmal ärgerte sie sich, weil er Besuch bekam.
Der Besuch, den sie ins Zimmer schob, war ein Schulfreund von Herrn Taschenbier. Er hieß Herr Mon und brachte zur Begrüßung einen Mohnblumenstrauß mit. Am Tag darauf, am Dienstag, hatte Herr Taschenbier Dienst. Das war nichts Besonderes.
Am Mittwoch war gerade Mitte der Woche. Auch das machte Herrn Taschenbier noch nicht stutzig.
Erst als am Donnerstag ein mächtiges Gewitter aufzog und es gewaltig donnerte, wurde er aufmerksam.
Der Freitag kam. Und siehe da: Herr Taschenbier bekam frei.
Das kam daher, dass sein Chef so große Angst vor Dieben hatte. Jeden Abend versteckte er den Büroschlüssel woanders. Am Donnerstag hatte er sich ein besonders sicheres Versteck ausgedacht. Er wickelte den Schlüssel in ein Taschentuch, steckte das Tuch in seinen Stiefel, stellte ihn in den Kleiderschrank, stülpte einen Hut über den Stiefel und schloss den Schrank ab. Den Schrankschlüssel legte er in eine Zigarrenkiste, stellte die Kiste in die Schreibtischschublade und schloss auch die ab. Dann versteckte er den Schreibtischschlüssel.
Am Freitagmorgen wusste er zwar ganz genau, wo er den Büroschlüssel hingelegt hatte. Aber wo er den Schreibtischschlüssel versteckt hatte, fiel ihm beim besten Willen nicht mehr ein. So konnte er die Schublade nicht öffnen, um den Schrankschlüssel herauszuholen, den er brauchte, um an den Büroschlüssel heranzukommen. Was blieb ihm anderes übrig? Er musste Herrn Taschenbier nach Hause schicken und nachdenken. So lange, bis ihm eingefallen war, wo er den Schlüssel versteckt hatte.
Jetzt, sagte sich Herr Taschenbier, konnte es kein Zufall mehr sein: Am Sonntag Sonne. Am Montag Herr Mon mit Mohnblumen. Am Dienstag Dienst. Am Mittwoch Mitte der Woche. Am Donnerstag Donner und am Freitag frei! Deshalb saß Herr Taschenbier am Samstag erwartungsvoll in seinem Zimmer und fragte sich, was der Tag bringen würde.
Lange hatte er noch nicht gesessen, da klopfte es laut an die Tür. Herr Taschenbier hielt vor Spannung die Luft an und sagte kein Wort. Aber es war nur Frau Rotkohl, die mit einem Eimer und einem Besen ins Zimmer kam.
»Sie können wohl nicht ›Herein‹ sagen wie jeder normale Mensch?«, fragte sie und stellte den Eimer scheppernd vor Herrn Taschenbier auf den Boden. Erschrocken zog er die Füße unter den Stuhl zurück. Er hätte gern geantwortet: »Ein normaler Mensch kommt auch nicht ins Zimmer, wenn niemand ›Herein‹ sagt!« Aber Herr Taschenbier war ein netter und freundlicher Herr und hasste Streit. Außerdem hatte er ein bisschen Angst vor Frau Rotkohl, weil sie fast einen Kopf größer war als er. Und darüber hinaus war sie die Zimmerwirtin und konnte ihm jederzeit kündigen. Deswegen sagte Herr Taschenbier gar nichts.
»Sie haben wohl die Sprache verloren, Herr Taschenbier?«, fragte Frau Rotkohl weiter und begann das Zimmer auszufegen.
»Könnten Sie nicht, bitte, mein Zimmer etwas später sauber machen?«, wagte Herr Taschenbier zaghaft zu fragen.
»Gehen Sie doch spazieren, wenn es Ihnen nicht passt!«, sagte Frau Rotkohl grob. Gleich darauf kommandierte sie: »Füße hoch!«, und fuhr mit dem Besen auf Herrn Taschenbiers Beine los. Gehorsam zog er die Füße an und stellte sie auf den Stuhl, auf dem er saß.
»Sie Schmutzfink!«, schrie Frau Rotkohl, als sie das sah. »Meinen schönen Stuhl mit Schuhen treten! Sofort gehen Sie in die Küche und holen einen Lappen!«
Herr Taschenbier eilte in die Küche. Als er wiederkam, hatte Frau Rotkohl seinen Stuhl kurzerhand auf den Tisch gestellt und wischte jetzt den Boden auf. Seufzend nahm er seinen Hut, zog seine Jacke an und ging.
»Wo wollen Sie denn hin?«, rief ihm Frau Rotkohl nach.
»Spazieren gehen!«
»Das sieht Ihnen ähnlich: am hellen Tag spazieren gehen, wenn
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