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Woerter durchfluten die Zeit

Woerter durchfluten die Zeit

Titel: Woerter durchfluten die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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stand am Informationsschalter, war aber glücklicherweise in ein Gespräch vertieft. Lucy wollte jetzt allein sein und sie wusste, dass Nathan de Tremaine Marie ebenso wenig entgangen war wie sein überstürzter Aufbruch.
    Als sie das Archiv betrat, begrüßten die Bücher sie lauter als je zuvor. Ob Miss Olive das Summen und Wispern auch hörte? Ihr mussten die Bücher doch vertrauter sein. Sie hatte sich nicht getraut, danach zu fragen. Jetzt war es zu spät. Nun war sie allein mit den Büchern, ganze sechs Wochen lang. Das Flüstern und Wispern verstärkte sich. Lucy beschloss, ihm zu folgen. Die letzten Tage hatte sie es erfolgreich verdrängt und den Schmerz an ihrem Handgelenk ignoriert. Nun war sie so durcheinander, dass sie es einfach geschehen ließ. Die Raubvogelaugen gingen ihr nicht aus dem Kopf.
    Die Bücher lockten sie hinein in das Labyrinth der Regale. Tiefer und immer tiefer. Hier war sie bisher nie gewesen. Sie sah an einem der Regale hinauf. Es war deutlich älter als die in der Nähe ihres Büros. Allerdings schien es stabiler gebaut zu sein. Die Seitenteile des Regals waren keine einfachen Holzstreben. Diese hier bestanden aus Eisen, das mit Ornamenten kunstvoll verziert war. Mittlerweile hatte sie sich so an das Wispern gewöhnt, dass es ihr schien, als würde sie es verstehen. Es füllte ihren Kopf aus und wurde von Minute zu Minute drängender. Lucy hielt sich die Ohren zu, doch es half nichts. Als sie die Hände wieder herunternahm, schien das Wispern noch lauter und fordernder geworden zu sein.
    Vorsichtig schob sie den Ärmel ihres Pullovers nach oben. Es grauste ihr vor dem, was sie sah. Das Mal pulsierte. Es war rot, wie beim letzten Mal, und trotzdem flößte es ihr diesmal nur halb so viel Angst ein. Sie hatte sich dagegen entschieden, einen Arzt aufzusuchen. Jetzt fragte sie sich, ob diese Entscheidung richtig gewesen war. Vielleicht hatte es sich tatsächlich entzündet und diese Entzündung gaukelte ihr Halluzinationen vor. Wer wusste denn, was Bakterien in einem Körper so alles anstellen konnten?
    Furcht floss durch ihren Körper. Ob sie verrückt wurde?
    »Alles ist gut«, flüsterten die Bücher in ihrem Kopf. »Hab keine Angst. Wir sind bei dir.« Lucy verstand die Worte dieses Mal ganz deutlich. Sie hielt sich an einem der Regale fest. Das war unmöglich. Bücher sprachen nicht. Sie wartete einen Moment, bis sie sicher war, nicht zu fallen, wenn sie losließ. Dann atmete sie tief durch. Es gab nur einen Weg, um herauszufinden, ob sie wirklich verrückt wurde. Sie musste das leere Tennyson-Buch noch einmal finden. Dann würde sie sehen, ob sie sich das alles eingebildet hatte. Sie ignorierte die Rufe der Bücher. Sollten sie noch so betteln. Sie musste sich auf der Stelle Gewissheit verschaffen.
    Im Laufschritt durchquerte sie das Archiv und lief zurück in das kleine Büro. Abgehetzt öffnete sie den großen Metallschrank, in dem die Boxen mit den Karteikarten aufbewahrt wurden. Jedes Buch, das hier unten lagerte, war hier alphabetisch einsortiert, oder sollte es zumindest sein. Mit fliegenden Fingern suchte Lucy nach dem Buchstaben T. Als sie ihn im ersten Schrank nicht finden konnte, stürmte sie zu einem zweiten Metallschrank, der draußen an der Wand vor dem Büro lehnte. Sie bückte sich, um den schweren Karteikasten herauszuziehen und trug ihn in ihr Büro. Hastig klappte sie Karte um Karte um und verfluchte einmal mehr, dass es keinen Onlinekatalog für das Archiv gab. Allerdings war sie selbst mit dieser Aufgabe bisher auch nicht sehr weit gekommen und sie fragte sich, wann Mr. Barnes sie deswegen das erste Mal rügen würde. So viele Autoren mit T.  Nur kein Tennyson. Mittlerweile war sie bei Ti angekommen. Lucy blätterte weiter, bis zum Ende des Kastens. Immerhin konnte es sein, dass im Laufe der Zeit jemand die Karte verstellt hatte. Doch leider war dem nicht so. Es existierte schlicht keine Karte, auf der die Werke von Tennyson vermerkt waren. Lucy ging den Kasten ein zweites Mal durch. Dann legte sie resigniert den Kopf darauf ab. Das Buch konnte sonst wo stehen. Ohne einen Hinweis würde sie es sicher nicht wiederfinden.
    Sie stand auf und trug den Behälter zurück zum Schrank. Dann lief sie ziellos durch die Reihen. Die Bücher schwiegen, als würden sie abwarten.
    »Also gut«, sagte sie in die Stille. »Ich finde es nicht. Wenn ihr wollt, dass ich euch helfe, dann müsst ihr mich überzeugen, dass ich mir das hier nicht einbilde.«
    Lucy lauschte. Es blieb

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