Woerter durchfluten die Zeit
war gestern mit mir in der Bibliothek, um mit mir nach den Canterbury Tales von Chaucer zu suchen.« Dieses Detail hatte sie bei ihrem Bericht vorhin verschwiegen.
»Gut. Wenn du dir so sicher mit ihm bist«, sagte Madame Moulin, während sich Lucys Wangen röteten. »Ich halte es auch für besser, wenn wir vorerst niemand anderen einweihen. Wir sollten erst wissen, woran wir sind.«
»Ich denke, Vikar Ralph schrieb, dass es für Sie zu gefährlich sei, zu viel zu wissen?«, wandte Lucy ein.
»Ja, das hat er. Und vielleicht hätte ich mich an seinen Rat gehalten, wenn der Brief nicht gestohlen worden wäre. Nun möchte ich wissen, wer dafür verantwortlich ist. Und noch etwas, Lucy. Ich glaube nicht, dass die Sache nur für mich gefährlich ist. Du schwebst in viel größerer Gefahr. Wenn jemand verhindern möchte, dass du erfährst, was in dem Brief stand, und dafür sogar den Mord an Ralph in Kauf nimmt, was denkst du, wird er tun, wenn du dieses Wissen auf anderem Wege erlangst? Du musst dich vorsehen. Versprich mir das.«
Lucy schluckte. »In was für eine Geschichte bin ich da reingeraten?«, fragte sie hilflos, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten.
»Ich weiß nicht, mein Kind«, antwortete Madame Moulin. »Aber ich schätze, du bist da nicht hineingeraten, sondern hast schon immer dringesteckt. Als Ralph dich damals zu mir gebracht hat, habe ich gleich gespürt, dass dich ein Geheimnis umgibt, das lieber nicht gelüftet werden sollte. Ich hatte so gehofft, dass du ein normales Leben führen kannst.«
Ich habe Ruhe gesucht, überall und habe sie
am Ende gefunden in einem engen Winkel
bei einem kleinen Buche.
Franz von Sales
13. Kapitel
Nathan hatte sich einen Wagen gemietet, um im Morgengrauen losfahren zu können. Das schwarze Gefährt meisterte die Strecke nach Cornwall in deutlich kürzerer Zeit als der Zug.
Als er vor dem kleinen Schloss seines Großvaters vorfuhr, stand dort bereits eine Reihe anderer schwarzer Limousinen. Nathan hoffte, dass die Versammlung der Perfecti nicht bereits gestern Abend stattgefunden hatte. Dann würde er zu spät kommen.
Er parkte seinen Wagen und beschloss, das Haus durch die Küchentür auf der Rückseite zu betreten.
Sofia stand an dem großen Keramikbecken und wusch sich die Hände. Als sie ein Geräusch an der Tür hörte, drehte sie sich um und Nathan sah in ihr sorgenvolles Gesicht.
»Nathan, mein Junge. Was machst du hier? Mit dir haben wir nicht gerechnet.«
»Großvater hat Besuch?«, fragte Nathan zurück.
»Sie sind alle gekommen«, antwortete Sofia leise und sah auf den Boden. Die Männer, die seinen Großvater in regelmäßigen Abständen besuchten, waren Sofia noch nie geheuer gewesen. An diesen Tagen wurde allen Bediensteten im Haus freigegeben. Nur Harold und Sofia blieben. Ihnen vertraute Nathans Großvater beinahe uneingeschränkt.
»Wann sind sie angekommen?«, fragte Nathan.
»Die Letzten heute früh. Es war alles sehr kurzfristig. Dein Großvater ist diesmal besonders aufgewühlt.«
Aus gutem Grund dachte Nathan und atmete auf. Die Versammlung hatte noch nicht stattgefunden.
»Ist er in seinem Büro?«, fragte er Sofia.
Sie trat an ihn heran und umarmte ihn. »Ich wünschte, du wärst nicht gekommen«, murmelte sie. »Ich wünschte, du würdest noch warten.« Sie ahnte offenbar, was er vorhatte.
»Du wusstest immer, dass es mein sehnlichster Wunsch ist«, antwortete er ungehalten und schob Sofia von sich.
»Ich weiß«, sagte sie und ihr unglücklicher Tonfall ließ Nathan innehalten.
»Ich bin mir ganz sicher, Sofia. Es ist meine Bestimmung und das weißt du«, versuchte er ihr seine Beweggründe zu erklären. Sie hatten so oft darüber diskutiert. »Es gibt nichts Wichtigeres, als das Wissen vor denen zu schützen, die es missbrauchen.«
Sofia nickte und nicht zum ersten Mal hatte Nathan das Gefühl, das sie ihm etwas verschwieg.
»Ist er in seinem Büro?«, fragte er noch einmal.
»Ja. Harold hat ihn vor einer halben Stunde dorthin begleitet. Er wird nicht erfreut sein, dich zu sehen.«
»Ich weiß. Aber diesmal werde ich mich nicht vertrösten lassen«, sagte Nathan.
»Du hast sicher noch nicht gefrühstückt«, rief Sofia ihm nach, als er die Küche verließ. »Ich werde dir etwas vorbereiten.«
Nathan nickte, ohne sich umzudrehen.
Das ungute Gefühl, das in ihm wuchs, während er die Treppen ins obere Stockwerk hinaufstieg, erinnerte ihn unsanft daran, dass er sein Vorgehen unzureichend geplant
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