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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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was?«
    »Leichen. Vierundzwanzig Leichen seit Januar. Allein im Bezirk Briarstone.«
    Kate seufzte und legte ihr Telefon beiseite. Sie reckte den Hals, blickte am Bildschirm vorbei und starrte mich an. »Was für Leichen? Wovon redest du überhaupt?«
    »Alle Leichen wurden stark verwest in ihren Häusern aufgefunden.«
    »Was machst du da überhaupt? Wir sollen das hier bis Mittag fertig haben.«
    »Und«, sagte ich, machte eine wirkungsvolle Pause für einen unhörbaren Trommelwirbel und fuhr dann fort, »rate mal, wie viele Leichen im vergangenen Jahr gefunden wurden?«
    Sie zuckte die Achseln. »Zwanzig? Zehn?«
    »Vier.«
    Sie starrte mich einen Augenblick lang an. Endlich war der Groschen gefallen. Sie kam zu meinem Schreibtisch herüber und sah mir über die Schulter. Die Zahlen waren eindeutig – dieselben Suchkriterien für beide Zeiträume ergaben erstaunlich viele Leichenfunde für dieses Jahr und seltsam wenige für letztes.
    »Und wie sieht es im Jahr davor aus?«, fragte sie.
    »Das werde ich als Nächstes nachprüfen.«
    »Was soll das bringen?«, fragte sie. »Das interessiert doch sowieso niemanden. Es ist schon schwer genug, irgendwen in Bewegung zu setzen, wenn tatsächlich ein Verbrechen vorliegt, geschweige denn, wenn definitiv keines vorliegt.«
    »Ach was«, sagte ich und tippte mir mit dem Finger an die Nasenspitze, »es kommt doch nur darauf an, wie man es verpackt. Öffentliche Sicherheit. Die Angst vor Verbrechen. Sozialer Zusammenhalt. Nachbarschaft, so in die Richtung.«
    Bedauerlicherweise hatte Kate aber recht. Wenn man wie wir als Zivilperson bei der Polizei arbeitete, artete es oft in einen Zusammenprall unterschiedlicher Welten aus, weil man versuchen musste, die höheren Beamten davon zu überzeugen, dass unser Beitrag ebenso wertvoll für die Ermittlungen, die Vergabe von Ressourcen und die strategische Planung war wie der der Beamten, die tatsächlich rausgehen und Leute verhaften mussten. Am nächsten kam ich einem Kriminellen wahrscheinlich dann, wenn einer vorne im Büro saß und darauf wartete, bis er abgefertigt wurde. Ich musste niemals jemanden beruhigen, der ein Messer in der Hand hielt, oder jemandem die Nachricht überbringen, dass ein geliebter Mensch gestorben ist. Ich musste niemals eine Frau überreden, ihren gewalttätigen Partner zu verlassen, oder Eltern erklären, dass ihr Kind vergewaltigt worden ist. Ich sah mir nur die Zahlen an, die nackten Fakten, die Tag für Tag reinrasselten, und die ich nach auffälligen Mustern abzusuchen hatte. Und selbst wenn ich etwas Interessantes gefunden hatte, artete es oft in einen Kampf aus, den Führungsstab davon zu überzeugen, dass es sich lohnte, weitere Ermittlungen anzustellen. Und wie ich gerade zu Kate gesagt hatte, war es immer eine gute Idee, wenn man vorsichtig formulierte und andeutete, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen im Sinne der Vorgaben des Innenministeriums waren.
    Ich sah auf die Liste mit den Vorfällen. Vierundzwanzig Menschen, die alle tot und einsam aufgefunden worden waren, viele von ihnen erst weit nach ihrem Todeszeitpunkt. Da die Verstorbenen leider nicht als Verbrechensopfer gelistet waren, konnte ich keine anderen Suchparameter wie etwa Alter und Geschlecht eingeben, doch nachdem ich mir ein paar Unfallberichte angesehen hatte, wurde mir ziemlich schnell klar, dass es sich nicht nur um ältere Menschen handelte.
    Nun startete ich eine Suche für das Jahr 2005 und exportierte die Daten in eine Tabelle. Die rasch erstellte Grafik lieferte erstaunliche Ergebnisse – 2005 hatte es nur drei verweste Leichen gegeben. In den sieben Jahren zwischen 2004 und 2011 waren es insgesamt zweiundzwanzig Leichen gewesen – die höchste Rate wurde 2010 mit elf Toten erreicht, doch da hatten wir einen besonders strengen Winter. 2012 waren allein in den ersten neun Monaten vierundzwanzig Leichen gefunden worden.
    In der Mittagspause marschierte ich schnaufend den Hügel zum Ortszentrum hinauf. Auf der anderen Straßenseite liefen Kate und Carol in dieselbe Richtung und unterhielten sich angeregt. Sie hatten mich entweder nicht gesehen oder beschlossen, mich zu ignorieren. Sie gingen ohnehin doppelt so schnell wie ich, würden in ein paar Minuten oben auf dem Hügel angekommen und bald außer Sichtweite sein.
    Auf dem Weg zurück zum Revier sah ich mir die Reihenhäuser an der Great Barr Street an, die verdreckten Stufen davor, die grauen Gardinen vor den Fenstern. Berge von Post vor einer Eingangstür aus

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