Wofuer es sich zu sterben lohnt
sich heimlich bereichern und vor der Obrig keit buckeln. Du wagst es also nicht, den Kampf aufzuneh men. Du überraschst mich. Ich hatte dich nämlich für soli darisch gehalten. Und moralisch. Aber du spielst mit. Lässt dich ausnutzen. Begreifst du denn nicht, dass du dich eben so schuldig machst wie Paterson, wenn du mir nicht hilfst? Ich bitte dich, als Frau, als Ärztin und als Afrikanerin.«
Mariam musste um Fassung ringen. Es hätte die Sache nicht besser gemacht, ihm das Knie in den Schritt zu ram men, auch wenn die Vorstellung verlockend war.
»Hör dir doch mal zu. Die Reportage deines Lebens. Du wirst die Menschen zum Reagieren bringen. Ich soll dir helfen. Im Moment bist du es, der versucht, mich auszu nutzen. Du bist über etwas gestolpert, das du verwenden kannst, und als guter Journalist versuchst du, eine Story zu bekommen.«
Er gab keine Antwort, und sie sagte weiter: »Ich opfere mich nicht für die Träume anderer - ich habe meine eigenen. Und jetzt musst du gehen. Leb wohl.«
»Mariam, du musst einsehen, dass du keine Wahl hast. Ich kann meine Reportage mit dir oder ohne dich machen. Es wäre besser für uns beide, wenn du mitmachtest, aber nötig ist das nicht. Ich bitte dich, dir die Sache zu überle gen und mit mir zusammenzuarbeiten. Ich bitte dich, dich nicht dem auszusetzen, was passieren kann, wenn du das nicht tust.«
»Du solltest lieber überlegen, was dir passieren kann. Ich kann dich anzeigen, jetzt sofort. Hausfriedensbruch, Dieb stahl vertraulicher Unterlagen, Verstoß gegen die Schwei gepflicht.«
Er schüttelte den Kopf.
»Du kannst mich nicht anzeigen. Du hast mich eingela den, vergiss das nicht. Du hast mir deinen Computer gelie hen - wer hätte denn ahnen können, worüber ich stolpern würde? Und wer versteht nicht die Neugier eines Liebhabers auf die Briefe, die seine Frau an andere Männer schreibt? Die Polizei mischt sich nicht in Streitereien zwischen Lie bespaaren, und so wird das hier aussehen. Dieser Weg ist abgeschnitten, Mariam, es war vorbei, als du deine Beine für mich geöffnet hast. Als du sie bereitwillig geöffnet hast, vielleicht kann man sogar sagen, hungrig.«
Sie wurde innerlich ganz leer - es gab keine Möglichkeit der Reaktion, weder mit Worten noch mit Taten.
Sie war ausgetrickst, unschädlich gemacht. An diesem Tag, der so gut angefangen hatte.
Er sagte gelassen wie ein Mann, der wichtigere Dinge vor hat und jetzt weggehen muss:
»Wir wollen uns heute nicht darüber streiten. Du kannst dich ja in deinem Computer ein wenig umsehen, und wir diskutieren später darüber. Ich möchte übrigens nach wie vor, dass du mit Theo morgen zur Generalprobe für Miss Ethiopia kommst - ich bin sicher, dass wir eine Lösung fin den werden. Ganz sicher.«
Und dann verließ er ihr kleines Arbeitszimmer wie ei nen Boxring - aber ohne sich umzusehen, ohne einen Ab schiedsgruß.
Mariam stürzte sich auf ihren Computer, um sich ein Bild von der Zerstörung zu machen.
Das Entsetzen wuchs in ihrem Brustkorb wie ein Schmerz, der anschwoll und alles auffraß, was sich ihm in den Weg stellte.
Sie war in die Falle gegangen. Sie hatte die Gefahr gese hen, hatte aber nicht darauf geachtet. Jetzt sah sie, wie ef fektiv Salomon gearbeitet hatte. Sie hörte ein Geräusch, das sie nicht kannte, und stellte fest, dass es ihr eigenes Zäh neknirschen war.
Als Erstes hatte er festgestellt, wer den Computer gekauft hatte. Auf diese einfache Weise hatte er eine Firma in Ale xandria gefunden.
BioMed Competence Ltd. stand dort als Rechnungsadres se; die Seriennummer des Computers und ein paar Kon takte hatten ihm ausgereicht, um sich den Namen und die Adresse zu besorgen. Weshalb war das nur so einfach mög lich gewesen?
Er hatte die Patientendateien nicht öffnen, aber kopie ren können.
Mitten in ihrer aufgeregten Suche klopfte Ierusalem dis kret an die Tür.
»Er kommt nicht zum Essen zurück, nehme ich an?«
Und Mariam antwortete verbissen: »Wenn doch, dann serviere ihm etwas, das mit Ratten gift gewürzt ist. Aber diese Chance hast du leider nicht, ich esse mit Theo allein.«
Ierusalem verschwand ohne ein Wort.
Mariams Hände zitterten jetzt so, dass sie die Tasten ver fehlte. Kalter Angstschweiß lief über ihren Rücken. Wie weit war er gekommen? Was konnte er aus dem gefunde nen Material machen? Wie konnte sie sich und ihr Projekt retten?
Es hätte kaum schlimmer kommen können. Er hatte sich Kopien von ungefähr allem selbst zugeschickt, das mit ih rer Arbeit
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