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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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und will Tag und Nacht bei dir sein, deine Frau werden und Kinder mit dir haben. Das weißt du doch.« Ihr verzweifelter Ton zerriss Simon das Herz. »Aber wenn ich meinem Vater in die Augen schaue, erkenne ich Leben darin. Wir unterhalten uns ohne Worte. Ich bin die Einzige, die an ihn glaubt, Simon. Für die Schwestern ist er nur ein Patient mit einer Nummer. Und wie Bertie und Mum die Sache sehen, hast du ja gerade selbst erlebt. Wenn ich gehe, wird er aufgeben«, stieß sie mit einem erstickten Schluchzen hervor.
    Sanft nahm Simon ihre linke Hand und strich mit den Fingern über den Ring mit dem Smaragd und den Diamanten.
    »Ich weiß, mein Liebling, und deshalb kehre ich nach Hause zurück«, sagte er mit Trauer in der Stimme.
    »Was soll das heißen?«, flüsterte sie und nestelte an ihrem Verlobungsring herum.
    »Dass es im Moment nicht klappt mit uns, Jo. Versteh es nicht als Vorwurf, aber solange die Dinge so stehen, würde unsere Liebe daran ersticken. Ich kann dir nicht helfen. Außerdem muss ich zurück zur Arbeit und möchte wieder ein einigermaßen geregeltes Leben führen. Wenn du bereit bist, ruf mich an, und dann machen wir neue Pläne.«
    Jo spürte einen eisigen Hauch und stellte sich der grausamen Wahrheit. Er hatte recht, ihr blieb nichts anderes übrig. Bei jedem ihrer Besuche in der Reha-Klinik sah sie aufs Neue, dass sie allein ihrem Vater Lebensmut gab. Außerdem musste sie nun um den Reitstall kämpfen. Und sie wusste, dass es ihr trotz ihrer großen Liebe zu Simon immer noch um die Anerkennung ihres Vaters ging. Sie wollte ihm beweisen, dass sie einen Rennstall leiten konnte. Sie wollte seinen Respekt erringen und als Trainerin ebenso erfolgreich werden wie er – obwohl sie eine Frau war. Eine kleine Ewigkeit betrachtete Jo Simons Hand. Dann nahm sie den funkelnden Ring vom Finger und hielt ihn ihm mit schmerzerfülltem Blick hin.
    »Ich liebe dich und werde dich immer lieben. Aber ich weiß nicht, wie viel Zeit ich brauchen werde, und darf nicht von dir verlangen, dass du meinetwegen alles aufgibst«, sagte sie tonlos.
    Simon blickte zwischen ihrem Gesicht und dem Ring hin und her.
    »Mach es nicht so endgültig, mein Liebling. Ich werde dich auch immer lieben, und vielleicht kommt der Tag, an dem wir beide wieder zusammen sein können. Ruf mich an, wenn du mich brauchst. Ich bin immer für dich da.« Beschützend schlang er die Arme um sie und küsste die Tränen weg, die ihr die Wangen hinunterliefen. »Lass uns die letzten gemeinsamen Tage genießen.«
    »Geh schon mal rein. Ich muss eine Weile allein sein«, flüsterte sie. Simon küsste sie zärtlich auf die Stirn und kehrte zurück ins Haus.
    Jo wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und blickte ihm nach. Sie konnte den Schmerz kaum ertragen. Mit den Fingern umschloss sie den Verlobungsring so fest, dass die Diamanten in ihre Hand schnitten.
    Er hatte vielleicht gesagt, nicht sicherlich.
    Die Fäuste an die Wangen gepresst, versuchte sie die Schluchzer zu unterdrücken, die tief aus ihrem Innersten aufstiegen. Gerade noch waren sie glücklich gewesen und hatten sich auf eine gemeinsame Zukunft gefreut. Nun war diese Zukunft ein Scherbenhaufen.
    Am liebsten wäre sie Simon nachgelaufen, um ihm zu sagen, dass sie ihn heiraten und mit ihm ins nächste Flugzeug steigen würde. Zum Teufel mit den Folgen.
    Dann sah sie das Gesicht ihres Vaters vor sich und erinnerte sich daran, wie seine Augen aufleuchteten, wenn sie ihm von den Ställen, den Pferden und lustigen alltäglichen Begebenheiten erzählte.
    Beim Abschied packte er sie jedes Mal am Arm und murmelte dieselben drei Silben, die für ihre Mutter der Beweis dafür waren, dass er sich nie wieder erholen würde.
    Für Jo jedoch bedeuteten sie, dass seine Sprache allmählich zurückkehrte.
    Sie durfte ihn nicht im Stich lassen.

19
    Zur Trauer über Simon blieb Jo kaum Zeit. Bereits am Tag nach dessen Abreise verletzte sich Arctic Gold an der linken Hinterhand, während Flighty Dame mitten im Galopp ein Hufeisen verlor. Außerdem ließ sich ihre Mutter zu Jos Verzweiflung nicht von ihrem Entschluss abbringen, die Kingsford Lodge zu verkaufen. Jo war wütend auf Bertie und befürchtete außerdem, dass noch mehr Besitzer ihre Pferde abholten, wenn sich die Absichten ihrer Mutter herumsprachen. Mit finsterer Miene stapfte sie durch die Ställe, verlangte bei der Arbeit auf der Rennbahn allen das Äußerste ab, schrie ihre Mitarbeiter an und wollte nicht einmal Pete erklären,

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