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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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warum sie so reizbar war.
    Sie sehnte sich nach Simons Stimme und seinen Liebkosungen. Jede Nacht im Bett fragte sie sich, wie sie ohne ihn den nächsten Tag überstehen sollte. Und jeden neuen Morgen war ihr klar, dass sich an den Tatsachen nichts geändert hatte. Mit ihm telefonieren wollte sie nicht. Es hätte zu wehgetan, seine Stimme zu hören und nach dem Gespräch wieder allein zu sein. Was hätte sie ihm auch sagen sollen? »Ich liebe dich, ich möchte dich heiraten, aber wir müssen in Australien leben.« Das war sinnlos, solange keine Hoffnung auf eine Lösung bestand.
    Mitte Dezember gab es wenigstens einen kleinen Lichtblick, denn Nina verkündete, der Kaufinteressent habe sein Angebot zurückgezogen.
    »So ein Blödmann. Warum können diese Idioten ihre Finanzen nicht in Ordnung bringen, bevor sie ihre Mitmenschen verrückt machen?«, schimpfte sie. »Eine Vertragsunterzeichnung an Weihnachten wäre perfekt gewesen.«
    Jo wandte sich ab, um ihre Erleichterung zu verbergen. »Ich glaube, ich fahre kurz zum Stall, um nach dem Rechten zu sehen«, meinte sie bemüht lässig.
    Sie pfiff nach Sam, half ihm ins Auto und brauste los. Zu allem Überfluss beschwerte sich nämlich Nina seit einiger Zeit, der Hund würde nach Jo jaulen, wenn sie nicht zu Hause war. Deshalb nahm sie ihn inzwischen stets zur Arbeit mit. Winks hatte ihm einen Schlafplatz aus Holzlatten gezimmert und ihn mit alten Pferdedecken ausgepolstert. Die Kiste stand in der Ecke unter der Treppe, die zu seiner kleinen Wohnung über dem Stall führte. Sam lag zufrieden darin, beobachtete das Treiben und genoss die warmen Sonnenstrahlen.
    »Wir behalten den Rennstall, Sammy«, jubelte Jo und konnte ihr Glück kaum fassen. Sie hupte, weil ein Lastwagen vor ihr ausscheren wollte. »Offenbar haben wir einen Schutzengel.«
    Nachdem Jo zwei Stallburschen begrüßt hatte, die gerade die Pferde vom Nachmittagstraining zurückbrachten, eilte sie ins Büro, um Gloria nach den eingegangenen Anrufen zu fragen.
    »Ach, zwei Besitzer aus Melbourne sind interessiert, ihre Pferde bei uns unterzustellen«, meldete Gloria und erklärte die Einzelheiten. Dann sah sie Jo forschend an. »Du machst heute einen glücklichen Eindruck.«
    »Es ist ein schöner und sonniger Tag«, erwiderte Jo fröhlich, sah Glorias Notizen durch und war froh, dass sie das Kaufangebot nie erwähnt hatte. Es hätte Gloria nur beunruhigt.
    Da Jo in Gedanken nun nicht mehr ständig mit dem drohenden Verkauf beschäftigt war, wuchs ihre Sehnsucht nach Simon. Sie vergaß sein mangelndes Verständnis für ihren Wunsch, Pferdetrainerin zu werden, und erinnerte sich lieber an seine Küsse und Umarmungen und an sein Versprechen, er werde immer für sie da sein. Wie gern hätte sie ihm von den täglichen kleinen Dramen berichtet, mit ihm gelacht, ihm von den neuen Pferden erzählt, sich nach seinem Leben erkundigt und vielleicht sogar ein bisschen mit ihm geträumt. Also sagte sie sich, dass es albern war, ihn aus Angst vor der Einsamkeit nach dem Gespräch nicht anzurufen. Am Weihnachtsabend konnte sie es nicht mehr aushalten und griff zum Telefon.
    »Gordon«, meldete sich eine freundliche Frauenstimme mit sehr britischem Akzent. Jo konnte hören, dass im Hintergrund gefeiert wurde.
    »Hallo, Mrs Gordon. Hier spricht Joanna Kingsford. Ich rufe aus Australien an.«
    »Jo! Das ist aber eine reizende Überraschung. Wie geht es Ihnen in Australien?«
    Jo lachte auf. Mrs Gordon war wirklich ausgesprochen nett und offen. Nachdem sie eine Weile geplaudert hatten, fragte Jo, ob sie Simon sprechen könne. Eine verlegene Pause entstand, und Jo vermeinte, ein leises Schniefen zu hören.
    »Das hatte ich befürchtet«, sagte Mrs Gordon, deren Tonfall sich schlagartig verändert hatte.
    Jo fühlte einen schmerzlichen Stich, und sie begann zu zittern. »Verzeihung, ich wollte nicht aufdringlich sein«, stammelte sie. Eine Reihe von Schreckensbildern schoss ihr durch den Kopf: Vielleicht war er wieder mit Lelia zusammen. Oder er hatte eine neue Freundin. Womöglich war er sogar tot.
    »Nein, nein, es ist nichts Schlimmes passiert. Wir wissen nur nicht, wo er steckt«, erklärte Mrs Gordon rasch. »Ständig sage ich mir, dass wir es schon erfahren würden, wenn ihm etwas zugestoßen wäre.«
    Wieder entstand eine Pause, und Jo war überzeugt, dass Mrs Gordon weinte.
    »Er kam nach Hause und erzählte uns, dass … nun … dass Sie in Australien bleiben müssten und so weiter. Es hat mir sehr leid getan, das zu

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