Wohin der Wind uns trägt
Sicherheit feststellbar«, fügte sie widerstrebend hinzu.
»Damit will sie sagen, dass Dad vielleicht nicht mehr ganz richtig im Kopf ist«, fügte Bertie der Genauigkeit halber hinzu.
Jo sah ihn finster an.
»Diesen Unsinn glaubst du nicht im Ernst, Mum«, höhnte sie. »Denkst du wirklich … Er wird wieder gesund.«
Im nächsten Moment kam ihr ein schrecklicher Gedanke.
»Du hast das Angebot doch nicht schon angenommen?«
»Mein Entschluss steht fest. Der Rennstall wird verkauft. Den Rest besprechen wir später«, antwortete Nina rasch und warf Simon einen verlegenen Blick zu.
Das Telefon läutete.
»Das ist sicher Joan«, rief Nina aus und eilte erleichtert aus dem Zimmer.
»Verdammt, Bertie! Hast du Mum zu diesem Unsinn überredet?«, zischte Jo und baute sich zornig vor ihrem Bruder auf.
»Ich halte es für die einzig vernünftige Lösung … Lass mich in Ruhe! Nein, habe ich nicht!«, schrie er auf, als Jo ihn heftig an den Schultern packte und durchschüttelte.
Simon trank einen Schluck aus seinem Glas. Er musste Bertie widerstrebend zustimmen. Es war wirklich das Sinnvollste, die Kingsford Lodge zu verkaufen. Jo würde dann keinen Grund mehr haben, in Australien zu bleiben. Als hätte Jo Simons Gedanken gelesen, wich sie einen Schritt zurück. An ihren Armen stellten sich die Härchen auf.
»Ich brauche frische Luft«, japste sie, das Zimmer erschien ihr plötzlich stickig. Mit diesen Worten stürzte sie hinaus.
»Was hältst du davon, mein Freund? Oder traust du Jo zu, allein einen erfolgreichen Rennstall zu betreiben?«, sagte Bertie zu Simon und wischte sich ein paar Nusskrümel vom Hemd.
»Im Moment tut sie es doch auch«, entgegnete Simon barsch.
Es kostete ihn Überwindung, diesem kleinen Mistkerl Bertie nicht eine runterzuhauen. Er machte sich auf die Suche nach Jo und fand sie neben dem Fischteich, wo sie wütend auf und ab lief.
»Sie darf die Ställe nicht verkaufen, sie darf es einfach nicht. Damit wird sie Dad umbringen, denn er hätte dann keinen Anreiz mehr, gesund zu werden.«
Jo verschränkte die Arme vor dem Körper.
»Sie wollen ihm seinen Lebensinhalt wegnehmen.« Verzweifelt sah sie Simon an. »Was soll ich tun, Simon? Wie kann ich das verhindern? Dad geht es besser. Er versteht alles, was ich sage, er kann nur nicht sprechen. Die Ärzte irren sich.«
Sie griff nach seinen Händen und schüttelte sie, als könnte das etwas ändern.
»Es spielt keine Rolle, ob sie sich irren oder nicht. Du musst dein eigenes Leben führen, und jetzt hast du endlich die Chance dazu«, erwiderte Simon und musterte sie forschend. »Du hast ein großes Herz, mein Schatz, und würdest am liebsten die ganze Welt retten.«
Ruckartig ließ Jo Simons Hände los, als hätte sie sich daran verbrannt.
»Irgendetwas ist faul an der ganzen Sache. Offenbar glaubst du auch, er hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank, richtig? Bitte, nicht auch du!« Trauer verdüsterte ihren Blick. »Ich darf ihn nicht im Stich lassen. Die Hochzeit müssen wir verschieben, bis das Durcheinander geklärt ist.«
Simon schüttelte sie. »Jo, hör auf!«, befahl er. »Wann denkst du endlich einmal an uns? Wann sind wir an der Reihe? Du kannst die Vergangenheit nicht ungeschehen machen und dich für deine Eltern aufopfern. Sie werden ihre Probleme selbst lösen müssen. Werde meine Frau, Liebling. In Norfolk waren wir glücklich. Lass uns Anfang nächsten Jahres heiraten, wie geplant. Ich könnte mir freinehmen. Dann kaufen wir das alte Pfarrhaus und fangen endlich an zu leben. Ich könnte meine Familie, also alle zusammen, zur Hochzeit nach Australien holen.« Er lachte rau auf. »Dann werdet ihr sehen, was wirklich ein Durcheinander ist.«
»Du musst mir Zeit geben«, flehte Jo, und ihre eigenen Worte hallten ihr in den Ohren wie eine Totenglocke. »Ich muss Mum davon überzeugen, den Stall nicht zu verkaufen. In einem halben Jahr kann Dad sicher sprechen und sich besser bewegen und sich vielleicht sogar um die Bahnarbeit kümmern.« Hoffnung lag in ihrer Stimme. Simon erstarrte.
»Wie viel Zeit brauchst du denn noch? Bis es ihm besser geht! Wann wird das sein? In sechs Monaten vielleicht? Und was ist, wenn er sich gar nicht mehr erholt?«, gab er ärgerlich zurück und ließ Jo los.
»Er wird sich erholen«, schrie sie. »Warum können wir nicht einfach in Australien leben?«
»Das haben wir tausendmal durchgesprochen. Du weißt, dass es mit meiner Karriere aus und vorbei ist, wenn ich bei der Bank kündige«,
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