Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
sie. Wie passte die offensichtliche Frömmigkeit zu jemandem, der Fremde in einer Bar aufriss? Manchmal hatten gerade religiöse Menschen das Bedürfnis, aus der Enge ihres Lebens auszubrechen, aber das schien hier nicht der Fall gewesen zu sein. Warum also?
Weil die Devotionalien hier waren, erkannte sie. In Kims ganz privatem Raum, nicht in ihrem Wohnzimmer. Ihr Glaube war nicht aufgesetzt gewesen, und doch hatte sie einen Fremden aus einer Bar mit nach Hause genommen. Sie wandte sich Cynna zu. „Du hast mir gesagt, du kannst jetzt noch nicht nach Harlowe suchen, weil du sein Muster nicht hast, aber du kannst nach Teilstücken suchen, die nicht zu dem Muster des Opfers passen.“
„Zuerst muss ich einige von ihren Sachen sichten. Ihr Muster erkennen. Dann …“ Sie warf einen Blick auf das Bett. „Dann kann ich herausfinden, was nicht zu ihr gehört.“
„Tu das. Ich gucke mich derweil auch um.“ Lily hatte erst ein Mal Todesmagie berührt, und das war alles andere als angenehm gewesen. Sie zog einen Handschuh aus und wappnete sich innerlich.
Auch Cynna streifte ihre Handschuhe ab. „Möglicherweise können wir herausfinden, wie stark der Stab ist.“
„Wie?“
„Wie ist dein N. M. P.?“
Lily schwieg. „Mein was?“
„N. M. P. Du weißt schon … Natürliches Magisches Potential.“ Als Lily sie verständnislos anguckte, fragte sie ungläubig: „Du bist doch sicher getestet worden, oder?“
„Oh. Ach so, nein.“ Ihr fiel ein, dass Karonski ihr davon erzählt hatte. „Der Test würde bei mir nicht wirken, weil er einen Zauber benutzt, um die Stärke der Gabe des Testobjektes zu messen. Der Zauber würde sofort von mir abgleiten.“
„Mist, blöder. Vielleicht gibt es noch einen anderen Weg, um die Stärke deiner Gabe herauszufinden. Immerhin war sie stark genug, dass der Stab dir nichts anhaben konnte, also …“
„So funktioniert das nicht. Ich …“ Lily brach ab, als sie mit ihrer ganzen Handfläche das Kopfkissen berührte, genau an der Stelle, an der Kim Curtis’ Kopf einen Abdruck hinterlassen hatte.
„Alles in Ordnung?“
„Ja, alles in Ordnung.“ Sie hatte ganz automatisch geantwortet. Es war nur fast die Wahrheit. „Ich hasse das Gefühl.“
„Todesmagie, was? Wie fühlt es sich an?“
„Gemahlenes Glas und verwesendes Fleisch.“ Nur schlimmer. Ihr fehlten die Worte. Sie hatte gehofft, dass ein Unterschied in der Magie, eine Veränderung, ihr hätte sagen können, ob jemand anderer den Stab benutzte. Aber der Fäulnisgeruch überlagerte alles.
Lily schüttelte die Hand, um sich von dem hartnäckigen Gefühl zu befreien, und zog den Handschuh wieder an. „Wie ich schon sagte. Sensitivität ist nicht wie andere Gaben. Früher habe ich es auch nicht für eine Gabe gehalten.“
„Warum nicht?“
Lily versuchte, es ihr zu erklären. „Du hast Schutzschilde, richtig?“
„Ja, klar.“ Suchend blickte sie sich um. „Ähem … ich muss etwas von Kims Sachen berühren.“
„Wir beschriften alles, was du anfasst. Hinterlass nur sonst nirgendwo Fingerabdrücke.“ Sie trat zu der Frisierkommode, auf der ein Spiegel, eine Schmuckschatulle und mehrere Parfumflaschen standen. „Jeder, der eine Gabe hat, kann lernen, wie man zaubert, nicht wahr?“
„Eigentlich schon.“ Cynna öffnete die Tür des Kleiderschranks mit dem Ellbogen. „Manche sind talentierter als andere. Die meisten von uns haben nur ein paar besondere Arten von Zaubern richtig gut drauf, die, die am meisten mit unserer Gabe zu tun haben.“ Sie setzte sich auf den Boden, nahm sich einen Sportschuh und ließ ihre bloße Hand darübergleiten. „Das funktioniert“, sagte sie zufrieden.
Offenbar absorbierten Schuhe mehr als nur den Schweiß ihres Trägers. Lily öffnete die Schmuckschatulle. Kim Curtis hatte gern Ohrringe und Armbänder getragen. Aber keine Halsketten. „Also sind die Schilde stärker oder schwächer, abhängig davon, wie stark deine Gabe ist oder wie gut du diese Art von Zauber beherrschst.“
„Im Wesentlichen, ja. Es gibt Möglichkeiten, Kraft zu speichern, aber es hilft, wenn man eine starke Gabe hat.“
„Nun, ich kann keine Magie benutzen“, sagte Lily schlicht und klappte die Schatulle zu. „Und ich habe keine Schilde. Sensitiv zu sein ist eher wie … nicht porös zu sein. Manche Materialien nehmen kein Wasser auf, egal wie viel du darübergießt. Ich nehme keine Magie auf, egal wie viel davon mich trifft. Außer …“
„Hör jetzt bloß nicht auf. Wenn es eine
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