Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen
Beine machen.“
Cullen warf einen Blick auf den Mann auf dem Beifahrersitz, und seine Mundwinkel zuckten. Während der Fahrt war der unter Schmerzmittel stehende Timms immer wieder eingedöst, aber sobald er einigermaßen wach war, machte er ungeniert blutrünstige Bemerkungen. „Vielleicht den Fahrern. Aber wenn Sie die Autos kaputt machen, können sie nicht aus dem Weg fahren.“
„Das stimmt.“ Timms seufzte tief. „Mit diesem verdammten Arm könnte ich sowieso nicht schießen.“
Auf dem Rücksitz war Geraschel zu hören. „Schießen? Auf wen?“, fragte Cynna.
„Timms ergeht sich in Wunschdenken.“ Cullen verspürte ein überraschend starkes Gefühl der Erleichterung. Nachdem sie einen halben Hamburger gegessen hatte, war sie in Tiefschlaf gefallen und die ganze Fahrt über nur ein paarmal kurz aufgewacht. Er hatte das Radio nicht angeschaltet, um sie atmen und ihr Herz schlagen zu hören, aber sein Medizinstudium war lange her, und er hatte bei dem Stoff, der ihn nicht interessierte, nicht gut aufgepasst … und zwar oft bei modernem medizinischem Fachwissen. Er hatte nicht studiert, um Kranke zu heilen. Es ging ihm nur um einen Kranken, und bei dem hatte er hoffnungslos versagt.
Also hatte er nicht gewusst, ob er sie aufwecken oder schlafen lassen sollte. Unsicherheit war er nicht gewohnt. Oder Sorge. Und das ärgerte ihn.
„Wie spät ist es?“, fragte sie.
„Halb elf. Falls wir wider Erwarten die Nacht nicht in diesem verdammten Stau verbringen, könnte ich in deiner Wohnung pennen, wenn wir wissen, was mit Rule los ist? In der Nokolai-Residenz werden die Betten allmählich knapp.“
„Tut mir leid. Ich habe keine Wohnung.“
„Schläfst du etwa im Straßengraben?“ Endlich zuckelten die Autos vor ihnen weiter. Cullen fuhr ebenfalls los. Fünfzehn Stundenkilometer waren immer noch besser, als auf der Stelle zu stehen.
„Im Hotel. In meinem Job bin ich so viel unterwegs …“
„Du wohnst im Hotel? Die ganze Zeit?“
„Ich hatte mal eine Wohnung.“ Sie hatte das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. „Als sie zum Verkauf stand, wollte ich nicht kaufen, also habe ich mein Zeug untergestellt. Ich bin nur noch nicht dazu gekommen, mir eine neue Wohnung zu suchen, das ist alles. Die Mieten hier sind unglaublich hoch.“
„Wie lange ist es her, dass deine Wohnung verkauft wurde?“
„Das geht dich nichts an.“
Und er dachte, er würde ein ungebundenes Leben führen. Dabei wollte sie sich noch nicht einmal durch einen Mietvertrag binden lassen. „Ich würde ja fragen, ob dein Hotelzimmer ein Sofa hat, aber ich traue mir selber nicht recht. Ich würde nicht auf dem Sofa bleiben.“ Er seufzte. „Vielleicht hat Rule einen Schlafsack.“
„Rule ist der, der das Dämonenzeugs in sich hat, oder?“, sagte Timms mit gerunzelter Stirn. „Sind Sie sicher, dass Sie dort übernachten wollen? Ich habe kein Gästezimmer, aber Sie können auf meinem Sofa schlafen.“
Cullen warf ihm einen belustigten Blick zu. „Danke. Vielleicht komme ich darauf zurück.“
Cynna meldete sich zu Wort. „Sollten wir Timms nicht als Ersten absetzen?“
„Er hat eine von seinen Schmerztabletten genommen, die bei ihm anscheinend stark wirken. Er ist high. Ich glaube nicht, dass es ihm etwas ausmacht, noch ein bisschen zu warten, bis er nach Hause kommt.“ Und wahrscheinlich sollten sie ihn lieber nicht allein lassen, wenn die Wirkung der Medikamente nachließ. In diesem Zustand erschoss er womöglich noch die Katze seines Nachbarn. Oder sogar den Nachbarn selbst.
„Aber …“
„Mir geht es gut“, sagte Timms. „Äh … wo fahren wir noch mal hin?“
Cullen erklärte es ihm noch einmal. Eigentlich sollte man meinen, dass jemand mit einer Kopfverletzung Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis hatte, aber Cynna erinnerte sich an alles, auch an alle Fragen, die sie nicht stellen konnte, solange Timms dabei war. Sie hatte auch darauf hingewiesen, als Timms wieder einmal eingeschlafen war und sie selbst wach. Und auch darauf, dass Rule nicht wollen würde, dass sie Angelegenheiten, die den Clan betrafen, vor Timms besprachen.
„Ich dachte, du bist verantwortlich für ihn“, sagte er. „Weil er doch unter deinem Kommando stand, als er verletzt wurde.“
Das hatte sie angekekst. Er hielt ihr zugute, dass sie merkte, wie er herumeierte, aber sie zog die falschen Schlüsse. Sie dachte, er würde Timms benutzen, um ihren Fragen aus dem Weg zu gehen. Aber dafür brauchte er den Mann nicht. Er
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