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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Vorschnitter auf dem Schlesischen Bahnhof die Dollar gab, hat er wieder einen Fehler gemacht. Sein Benehmen auf dem Polizeipräsidium war vielleicht auch nicht ganz richtig, und als er sich vor einer Stunde, nach endloser Lauferei und Rederei, von einem Vermittler sechzig Leute aufschwatzen ließ, die er überhaupt erst morgen früh zu Gesichte bekommen soll, bloß um endlich diese ekelhafte Geschichte zu einem Schluß zu bringen, war das vielleicht auch nicht sehr klug.
    Er ist eben zu hitzig, unbesonnen, drauf und dran, Ziethen aus dem Busch – aber dann plötzlich gelangweilt, angeekelt von allem. Außerdem: er versteht vieles nicht gut genug; sein Schwiegervater, der alte Geheimrat von Teschow, hat vielleicht recht: er wird nie ein richtiger Geschäftsmann werden!
    Der Rittmeister wirft seinen erloschenen Stummel in eine Ecke und brennt sich eine neue Zigarette an. Jawohl, er legtsich selbst Entbehrungen auf, er raucht diesen Schund statt seiner Lieblingsmarke. Er fängt auch mit seiner Frau Streit an, wenn sie sich wieder einmal zwei Paar seidene Strümpfe gekauft hat. Aber wenn der Viehhändler da ist und handelt mit ihm um die Fettochsen und redet eine Stunde und handelt die zweite Stunde und läßt sich wegschicken und ist wieder da und klebt und ist demütig, wenn er angebrüllt wird – ja, schließlich gibt dann der Herr Rittergutspächter von Prackwitz nach. Er ist weich geworden oder gelangweilt oder angeekelt und verkauft nun die schönen Ochsen zu einem Preis, der den alten Geheimrat, wenn er ihn nur hört, leise juchzen macht. Worauf er natürlich sofort sagt: »Entschuldigen Sie, Joachim. Ich rede Ihnen natürlich nicht in Ihre Wirtschaft rein. Nur –
ich
habe nie Geld genug gehabt, um es aus dem Fenster zu schmeißen!«
    Nein, er würde unschwer Studmann davon überzeugen können, daß er eine sehr notwendige, sehr brauchbare, gar nicht hoch genug zu bezahlende Hilfskraft auf Neulohe sein würde, von der Kameradschaft ganz zu schweigen. Mit Meier würde es auf die Dauer ja doch nicht gehen. Was da Violet vorhin am Apparat gesagt hatte (als er wegen der Wagen morgen vormittag telefonierte), daß Meier nicht einfahren ließ, sich dafür aber am frühen Nachmittag dumm und dun getrunken hatte, mitten im Dienst, das ging ihm denn doch über die Hutschnur!
    Des Rittmeisters Blut entzündet sich an der Vorstellung eines im Dienst betrunkenen Feldinspektors Meier: Ich schmeiß den Bruder morgen früh achtkantig raus! Viel zu gutmütig bin ich immer mit den Kerls! Achtkantig fliegt er –!
    Bis sein Blick auf den schlafenden Freund fällt und ihn sein Sinn für Recht mahnt, daß auch der sich im Dienst betrunken hat.
    Bei Studmann ist das natürlich eine ganz andere Sache! will sich der Rittmeister einreden. Bei ihm müssen besondere Verhältnisse vorliegen.
    Aber schließlich steht nichts der Annahme im Wege, daß auch beim Feldinspektor Meier besondere Verhältnisse vorgelegenhaben – auch seine Gewohnheit war es bisher nicht, sich im Dienst zu betrinken.
    Natürlich bloß, weil ich verreist bin! sagt sich der Rittmeister ärgerlich, aber auch das verfängt nicht recht, denn er war schon öfter verreist, ohne daß ähnliches geschah. Und so verliert er sich denn doch wieder in Vermutungen zu dem Fall Studmann einerseits und zu dem Fall Meier andrerseits, als es gottlob klopft und ein dunkel gekleideter älterer Herr eintritt und sich mit einer Verbeugung als »Doktor Zetsche, Hotelarzt« vorstellt.
    Auch von Prackwitz nennt seinen Namen und erklärt, er sei ein Freund von Herrn Studmann, alter Regimentskamerad.
    »Ich war zufällig grade in der Halle, als der Unfall geschah.«
    »Der Unfall, ja«, meinte der Arzt und sah, nachdenklich mit einem Finger die Nase reibend, den Rittmeister an. »Sie nennen es also einen Unfall?«
    »Wenn jemand eine Treppe hinunterfällt, nicht wahr?« sagte der Rittmeister abwartend.
    »Trunkenheit!« stellte der Arzt bei von Studmann fest. »Völlige Trunkenheit, Alkoholvergiftung. Die Schramme auf der Stirn hat nichts zu bedeuten.«
    »Wissen Sie –?« fing der Rittmeister vorsichtig an.
    »Etwas Eumed oder Aspirin oder Pyramidon – was grade zur Hand ist, wenn er aufwacht«, verordnete der Arzt.
    »Hier dürfte«, sagte der Rittmeister mit einem Blick durch die Rollstube, »nichts zur Hand sein. Könnten Sie nicht veranlassen, daß mein Freund auf sein Zimmer geschafft wird? Es war ein böser Fall.«
    »Es
ist
ein böser Fall!« rief der Arzt mit Nachdruck. »Sechs

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