Wolf unter Wölfen
auch verboten!«
»Da haben Sie aber Schwein gehabt, Chef!« sagt der Jüngling herablassend und schlendert den Gang weiter. Er verschwindet in einer Tür, die Zigarette ganz ungeniert im Maul.
»Lümmels gibt das heute!« ruft der Rittmeister empört. »Aus der Kirche austreten! Zigaretten rauchen! Das möchten die!«
Der Rittmeister wurde immer aufgeregter, wütende Blicke schoß er auf das Verbotsschild an der Wand: Wenn es nur ihn bedrohte und solche Schnösel nicht, taugte es nichts.
»Hören Sie mal, Sie!« rief er den Gerichtsdiener an, der grade wieder einmal im Gang gespensterte. »Wann geht denn das hier los bei Ihnen –?!«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, es wird noch ein bißchen dauern!« sagte der Diener gekränkt.
»Aber um halb elf sollte es losgehen, und jetzt ist es bald elf!«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, die Sache wird aufgerufen.«
»Sie können die Leute hier nicht stundenlang warten lassen!« erbitterte sich der Rittmeister immer mehr. »Meine Zeit ist kostbar …«
»Na ja, ich weiß doch nicht«, sagte der Gerichtsdiener unentschlossen und rückte an seiner Dienstmütze. »Mir haben sie noch nichts Bestimmtes gesagt, vielleicht … Zeigen Sie mir doch mal Ihre Ladung.«
»Ich bin gar nicht geladen!« rief der Rittmeister gekränkt. »Ich komme doch nur so mit.«
»Ach so!« sagte der Gerichtsdiener, nun seinerseits ärgerlich. »Sie sind gar nicht geladen, aber mich schreien Sie hier an. Gehen Sie doch nach Haus, wenn Sie nicht warten können! Das wird ja immer schöner!«
Und kopfschüttelnd schusselte er weiter den Gang entlang.
Die beiden sahen ihm nach.
»Wissen Sie was!« sagte der Rittmeister plötzlich und faßte den Förster sehr freundschaftlich am Arm. »Eigentlich hatder Mann ganz recht. Was soll ich hier noch länger sitzen und warten? Er sagt doch, es kann noch ’ne ganze Weile dauern.«
»Aber, Herr Rittmeister!« rief der alte Mann und faßte nun seinerseits seinen Herrn flehentlich an. »Sie werden mich doch jetzt nicht im Stich lassen! Ich war ja so glücklich, daß ich den Herrn Rittmeister getroffen hatte, und der Herr Rittmeister wollten mich doch auch heraushauen –!«
»Natürlich wollte ich das, Kniebusch!« sagte der Rittmeister mit all der Herzlichkeit, die ein schlechtes Gewissen verleiht. »An mir liegt’s doch nicht! Ich bin doch gleich mitgegangen und gerne!«
»Ach, Herr Rittmeister, warten Sie doch noch ein bißchen!« bettelte der Förster. »Vielleicht ist es gleich soweit, und es wäre doch so gut …«
»Aber, Kniebusch!« rief der Rittmeister vorwurfsvoll. »Sie wissen doch, um was es geht! Ich bin hier in Frankfurt doch nicht zu meinem Vergnügen! Ich muß das Auto rechtzeitig besorgen, Sie wissen ja …«
»Aber, Herr Rittmeister …!«
»Nein, jetzt müssen Sie sich zusammennehmen, Kniebusch!« erklärte der Rittmeister energisch und befreite seinen Arm von des Försters Hand, die immer noch flehend darauf lag. »Mann, altgedienter Unteroffizier – und hat Angst vor ein paar klugscheißenden Schwarzröcken. Ich sage Ihnen, Kniebusch, wenn jetzt in dieser Minute die Sache aufgerufen würde, ich ginge doch! Es ist Ihnen nur gut, der Gefahr mal wieder ins Auge zu sehen. Sie sind ja viel zu weich geworden, Mann!«
Damit nickte der Herr von Prackwitz dem Förster Kniebusch kurz, aber nicht unfreundlich zu und ging den Gang hinab. Er bog ein in die Treppenhalle und verschwand.
Kniebusch aber sank auf die Armesünderbank, barg den Kopf in den Händen und dachte verzweifelt: So sind sie alle, die großen Herren! Viel Versprechungen, und alles Wind. Ich habe ihm doch genau gesagt, um was es hier für mich geht, daß ich vielleicht sogar ins Gefängnis komme –! Abernein, er kann es nicht abwarten, er muß sich sein Auto kaufen! Als ob er das nicht noch heute nachmittag oder morgen früh kaufen könnte! Und für solche Leute riskiert man nun alle Tage seine heilen Knochen und eine Kugel! Ich werde es ihm aber auch nicht vergessen!
»Na, ist er weg, dein langer Bullerjan?« fragte eine freche Stimme den Förster Kniebusch. Und als der ganz verdattert hochsah, stand ein kleiner Kerl vor ihm, scheußlich anzusehen, mit Kugelaugen hinter einer Eulenbrille und mit Wulstlippen. Aber herrlich angezogen in einem kurzen Sportpelz mit Knickerbockern, schottischen Strümpfen und Haferlschuhen!
»Was willst du denn hier auf dem Gericht, Meier?« fragte der Förster erstaunt. Und den kleinen ehemaligen Feldinspektor musternd, sagte er neidisch:
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