Wolf unter Wölfen
»Gott, Meier, wie machst du das bloß?! Jedesmal, wo man dich trifft, bist du feiner in Schale, und unsereiner weiß bald nicht mehr, wo er das Geld zum Stiefelbesohlen hernehmen soll!«
»Tjaha!« grinste Meier. »Köpfchen! Köpfchen!«
Er schlug mit der flachen Hand gegen seinen Birnenschädel, daß es klatschte. »Heute liegt das Geld doch auf der Straße! Brauchst du was, Kniebusch? Ich kann dir mit ein paar Millionen oder Milliarden gerne aushelfen.«
»Ach, Geld …!« jammerte der Förster. »Hilfe hätte ich gebraucht. Ich habe doch heute meinen Termin, ich habe dir doch von meiner Sache mit Bäumer erzählt …«
»Na, Mensch, das weiß ich doch alles!« sagte der kleine Negermeier und legte seine ringeglitzernde Hand dem Förster auf die Schulter. »Deswegen bin ich doch hier. Ich hab’s doch angeschlagen gesehen, schon gestern in der Halle: Strafsache gegen Kniebusch, Privatförster aus Neulohe, Zimmer 18 … Ich habe gedacht, vor hast du nichts, kannst du dem alten Genossen mal in die Seite treten … Ich hätte auch aussagen können, was du für ein tüchtiger Beamter bist …«
»Du bist eben doch ein anständiger Kerl, Meier«, meint der Förster gerührt. »Das hätte ich nie gedacht, daß du um meinetwillen aufs Gericht gehst.«
»Was ist denn weiter dabei, Kniebusch?« sagt der kleine Meier selbstgefällig. »Aber jetzt bin ich natürlich abgemeldet, wo du so große Leute wie den Herrn Rittmeister von Prackwitz als Zeugen anschleifst!«
»Aber der hat mich doch sitzenlassen, Meier!« jammert der Förster. »Der hat keine Zeit, einen Augenblick zu warten, weil meine Sache noch nicht gleich drankommt. Der will sich durchaus noch in dieser Stunde ein Auto kaufen!«
»Siehste, wie das Geld auf der Straße liegt, Kniebusch!« sagt der kleine Meier und kneift die Augen ein. »Jetzt hat sogar der Rittmeister schon Geld, sich ein Auto zu kaufen …«
»Ob er Geld hat, das weiß ich nicht, glaube ich auch nicht«, sagt der Förster wieder. »Oder die haben ihm in Berlin Geld dafür gegeben, das wäre möglich …«
»Welche in Berlin –?«
»Na, die – du weißt doch noch: damals mit dem Leutnant, wie du die Kiefernkuscheln angesteckt hast.«
»Ach, die Sache –!« Meier grinst verächtlich. »Das ist doch alles Quatsch, Kniebusch, da gibt kein Mensch ’ne Papiermark dafür.«
»Sag das nicht, Meier, du wirst sehen, schon in den nächsten Tagen! Aber ich sage nichts, ich habe mein Ehrenwort gegeben … ich sage nichts!«
»Sollste auch nicht, Kniebusch! Kein Wort!« ruft Meier. »Trotzdem ich es nicht nett von dir finde, wo du weißt, daß ich auch streng deutschnational bin und lieber heute als morgen gegen die roten Brüder marschiere …«
»Ich habe mein heiliges Ehrenwort gegeben«, beharrt der Förster. »Sei nicht böse, Meier.«
»I wo, Kniebusch! Was werde ich böse sein«, lacht Meier. »Ich lade dich jetzt sogar zu einem Mittagessen ein, du weißt schon, wie damals: Rheinwein, Sekt, Türkenblut … Komm, alter Knabe!«
Und er hakt den Förster unter und will ihn mit sich ziehen.
»Aber, Meier!« ruft der Förster ganz erschrocken. »Ich habe doch meine Sache …!«
»Komm, komm!« beharrt Meier. »Deine Sache? Wegen deiner Sache kannst du dir ruhig die Nase begießen, grade wegen deiner Sache!« Er sieht den Förster triumphierend an. »Ja, du altes Sumpfhuhn, du! Da staunst du! Wenn ich nun so unkameradschaftlich wäre wie du, da hielte ich die Fresse und dächte, laß ihn doch sitzen, den Raben, aber ich bin anders. Komm, Kniebusch, einen saufen –!«
»Aber, Meier …«
»Deine Sache fällt aus, Kniebusch, hat sich vernebelt. Deine Sache ist in die Luft gegangen, Kniebusch, deine Sache ist ausgerissen!«
»Mensch, Meier!« Der Förster schluchzt beinahe.
»Heute morgen um neun ist der Bäumer ausgerissen, Kniebusch …!«
»Meier, Meierchen, du bist der beste Kerl von der Welt, du bist mein einziger Freund!« Die großen Tränen laufen dem Förster über die Backen in seinen Bart, er schluchzt so sehr, daß Meier ihm kräftig auf den Rücken haut. »Ist es auch wirklich wahr, Meier?!«
»Wo ich’s mit eigenen Augen gesehen habe, Kniebusch! Das ist ein schlauer Hund, der Bäumer! Immer hat er den Todkranken gespielt, mit ’nem Krankenwagen wollten sie ihn zum Termin fahren, und wie sie mit der Trage aus dem Krankenhaus rauskommen – nicht mal angeschnallt hatten sie ihn, so krank war der arme Mann –, da macht er einen Satz, die Pfleger fliegen hin mit der
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