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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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ist ja ein Aas, aber mit einem Pfiff, so klein er ist!
    Sie sieht die Haarnadeln noch einmal an, schüttelt sie, daß sie klappern, und steckt sie entschlossen in das eigene Haar.
    Dich krieg ich doch noch, denkt sie. Amanda regiert auch nicht ewig!
    Sie räumt die Scherben des Lampenschirms fort, sehr vergnügt plötzlich, denn sie ist fest davon überzeugt, daß sie
ihr
Glück bringen werden.
    Meier denkt auch an die Scherben und an das Glück, das sie
ihm
nun gleich sofort auf der Stelle bringen werden. In allerbester Stimmung langt er bei der Villa des Rittmeisters an. Erst späht er in den Garten – denn am liebsten träfe er Weio nicht in Hörweite der Mutter –, aber im Garten ist sie nicht. Das ist unschwer festzustellen, denn obwohl der Garten nicht ganz klein ist, kann man ihn doch auf einen Blick übersehen, diese vor ein paar Jahren aus dem blanken Feld gestampfte und halb schon wieder vertrocknete Gelegenheitsschöpfung der gnädigen Frau.
    Nichts kann im übrigen Festigkeit der Stellung in Neulohe und Abstand zwischen Besitzer und Pächter besser versinnbildlichen als die Betrachtung des Teschowschen Schloßparks und des Prackwitzschen Gartens: dort hundertjährige großeBäume, in aller Fülle, strotzend von Blättern und Saft, hier ein paar Dutzend kahle Stangen, mit wenigen, schon vergilbenden Blättern. Dort weite Rasenflächen, dunkelgrün; hier spärliches Gras, hart, gelb, im aussichtslosen Kampf mit den wieder vordringenden Feldstiefmütterchen, Quecken, Schachtelhalm. Dort ein nicht ganz kleiner Teich mit Ruderboot und Schwan; hier ein sogenanntes Planschbecken, wohl aus Solnhofer Platten, aber mit einer grünen Jauche gefüllt. Dort ererbtes Wachstum, aus der Zeit kommend für die Zeit; hier etwas kaum Geborenes, schon wieder Absterbendes – doch: der Rittmeister ist ein großer Mann.
    Feldinspektor Meier war schon im Begriff, auf den Klingelknopf zu drücken, da wird er von der Seite her angerufen. Auf dem flachen Dach des Küchenanbaus (bloß Teerpappe) stehen ein Liegestuhl und ein großer Gartenschirm, eine Leiter lehnt am Anbau. Von dort oben hat es gerufen: »Herr Meier!«
    Meier gibt sich den notwendigen dienstlichen Ruck: »Jawohl?«
    Ungnädige Stimme von oben: »Was ist denn? Mama ist ganz kaputt von der Hitze, will schlafen – stören Sie sie bloß nicht!«
    »Ich wollte nur fragen, gnädiges Fräulein … Der Herr von Teschow hat mir gesagt, der Herr Rittmeister hätte telefoniert …« Ein wenig ärgerlich: »Es ist wegen der Wagen … Soll ich heute abend zur Bahn schicken oder nicht?«
    »Schreien Sie doch bloß nicht so!« schreit die Stimme von oben. »Ich bin doch keins von Ihren Hofgängermädchen! Mama will Ruhe, habe ich Ihnen gesagt!«
    Meier guckt verzweifelt empor zu dem flachen Dach. Aber es ist zu hoch, und er steht zu tief: er kann nichts von der im Traum Entführten und Geheirateten sehen, sondern nur ein Stück Liegestuhl und ein etwas größeres Stück Pilzschirm. Er entschließt sich zu flüstern – so laut er kann: »Ob ich Wagen schicken soll – heute abend – zur Bahn –?«
    Pause. Stille. Warten.
    Dann von oben: »Haben Sie was gesagt? Ich versteh immer Bahnhof!«
    »Hä-hä-hä!« Meier belacht pflichtschuldig die gängigste Redensart der Zeit. Dann wiederholt er etwas lauter seine Anfrage.
    »Sie sollen doch nicht schreien!« hat er sofort seinen Tadel weg.
    Er steht da, er weiß natürlich ganz genau, daß sie ihn nur zwiebeln will. Es ist eben nur der Feldbeamte von Papa. Hat zu tun, was ihm gesagt wird. Hat zu stehen und zu warten, bis das gnädige Fräulein geruhen. Na, warte nur, meine Liebe, eines Tages wirst du stehen und warten müssen – aber auf mich!
    Jetzt allerdings scheint er lange genug gewartet zu haben, denn sie ruft von oben (übrigens für eine so rücksichtsvolle Tochter erstaunlich laut): »Herr Meier! Sie sagen ja gar nichts mehr?! Sind Sie überhaupt noch da –?!«
    »Jawohl, gnädiges Fräulein.«
    »Ich dachte schon, Sie wären in der Sonne zerflossen. Butter müssen Sie dafür genug auf dem Kopf haben.«
    (Weiß natürlich auch schon Bescheid. Schadet aber gar nichts – macht ihr bloß Appetit.)
    »Herr Meier!«
    »Jawohl, gnädiges Fräulein –?«
    »Wenn Sie also lange genug unten gestanden haben, merken Sie vielleicht, daß eine Leiter da ist, und sagen mir hier oben, was Sie eigentlich wollen.«
    Noch einmal: »Jawohl, gnädiges Fräulein!« und die Leiter hinauf.
    »Jawohl, gnädiges Fräulein« ist immer gut,

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