Wolfsblues
Seine Art, seine freche Untergebene in die Schranken zu weisen. Er erhielt seinen Respekt durch seine intelligente Führung. Locker, aber gleichwohl strikt, wenn es sein musste. Er verfügte obendrein über ein eindrucksvolles Redegeschick, das ihn bisweilen selbst ängstigte. Abby beharrte auf dem Standpunkt, dass er sich infolgedessen auch gut als Politiker oder Vertreter machen würde.
Kates Bewegung nahm er nur aus dem Augenwinkel wahr. Ihr Hieb landete zielgerichtet im Rücken einer der Bedienungen, die ein Tablett mit Champagnergläsern recht unsicher durch die Gegend hantierte. Der harte Schubs genügte, dass die Frau umknickte, dank der unangemessen hohen High Heels. Gleichwohl versuchte sie, das Tablett um jeden Preis zu retten. Vergeblich, bekam Chris eine Champagnerdusche. Die junge Frau landete mit den Händen voran auf dem Boden. Nein, leider nicht so ganz. Sie stürzte auf das Tablett und die Gläser, die auf dem Fußboden lagen. Der Geruch ihres Blutes kitzelte in seiner Nase und lockte den Wolf bedrohlich weit an die Oberfläche.
***
Ich hatte Desmond gesagt, dass ich eine Niete darin war. Wenn Kate mich obendrein noch rumschubste … Keine fünf Minuten ging es gut, dann klatschte das Tablett, samt Champagnergläser, auch bereits auf den Boden und ich direkt obenauf.
»Salope!« Claude war sofort zur Stelle und zog mich grob auf die Füße zurück.
Meine Französischkenntnisse waren nur rudimentär, aber Schimpfworte, die verstand ich äußerst gut. Er schmetterte sie mir häufig genug an den Kopf.
»Steh auf!« Kate riss mich brutal aus dem Griff ihres Mannes. »Bleib gefälligst aufrecht! Sieh dir nur mal den Dreck an, den du gemacht hast, du Tollpatsch. Der arme Mr. Barley!«
Ich hob meinen Blick nur flüchtig, traute ich mich nicht aufzuschauen. Mein Gegenüber war wütend, und wie ich mein Glück kannte, auf mich. Und stehen bleiben? Mein rechter Knöchel schmerzte höllisch, war ich dank der Treter umgeknickt. Ich wagte nicht einmal den Versuch, den Fuß zu belasten.
»Foutre la paix à madame.« Die Stimme des Mannes klang trotz der aufgestauten Verärgerung angenehm.
»Dein Französisch ist katastrophal, Yankee!«, erwiderte Claude selbstherrlich.
»Genauso fürchterlich wie dein Englisch«, konterte der Mann schlagfertig. »Lass das Mädel einfach in Frieden. Es ist nur Champagner. Die Klamotten kann man waschen.«
»Sie ist so ein Schussel!«, mischte sich Kate ein. »Zudem, sie ist unsere Unterwürfige. Wir können mit ihr tun und lassen, was uns beliebt.«
Und wie sie das konnten! Ich zog den Kopf zwischen die Schultern und unterdrückte gerade noch das Winseln, das meine Kehle hinaufkroch.
»Falsch!« Seine hübsche, rothaarige Begleiterin griff nach meinem Arm. Anders als Kate war sie zärtlich und wollte mir nicht wehtun. Sie legte ihren Arm um meine Taille und stützte mich. »Als guter Gastgeber hat Desmond vermutlich keineswegs etwas dagegen, dass wir von unserem Recht als Gast Gebrauch machen und für die Dauer des Aufenthaltes, die Frau als unsere Unterwürfige in Anspruch nehmen.«
Die dominante Wölfin scherte sich einen feuchten Kehricht um die Tatsache, dass ich ihr teures Kleid vollblutete. Auch nicht darum, dass ich auf Augenhöhe war mit ihr. Ich versuchte, mich instinktiv kleiner zu machen.
»Hör auf, Mädchen! Ich kann dich so nicht stützen. Dein Kopf, meine Höhe, ist OK. Ich brauch den Dominanzmist nicht. Solange du mir nicht in die Augen starrst, habe ich kein Problem damit, dass dein Kopf über meinem ist.«
In unserem Rudel musste mein Kopf immer unter dem der Dominanten sein und wenn ich dafür auf allen Vieren krauchen musste!
»Das kannst du nicht!« Claude sah zu Desmond, der von seinem Platz am Kopf der Tafel über all dem wachte.
»Gewährt! Sie ist die Eure. Viel Spaß mit ihr! Von mir aus könnt ihr sie auch gerne, als Gastgeschenk mit nach Hause nehmen. Sie ist eine Plage!«
Ich zuckte zusammen, als hätte er mir eine Ohrfeige verpasst. Genauso war Desmonds Vorgänger Glen an meine Wenigkeit gelangt. Sein Gastgeber Alphonse, der Alpha meines ehemaligen Rudels, hatte unbedarft mit eben jener, nicht ernst gemeinten Floskel geantwortet. Er konnte nicht wissen, dass Glen es für bare Münze nahm.
Al war ein guter Alphawolf. Er erschien ein wenig einfältig. Nichtsdestotrotz war er hochanständig. Ein Raubein, mit einem großen Herz. Die Regeln waren ähnlich antiquiert wie im Avon-Rudel, aber ich wurde nicht geschlagen und nicht wie
Weitere Kostenlose Bücher