Wolfsblues
Kates unmissverständlich klarmachte. Ihre Rache würde fürchterlich sein. Ich hatte ihren perfiden Plan vereitelt. Sie hatte zweifellos erwartet, dass mein Opfer mich maßregelte und kein Verständnis aufbrachte. Ich würde es ausbaden und später ihren Zorn in voller Härte zu spüren bekommen. Ängstlich presste ich mein Gesicht gegen den Kragen der Smokingjacke meines Retters und verbarg mich an seiner Schulter.
»Lass mich revidieren: Ich hasse England. Ich hasse Champagner. Ich hasse Catherine. Warum bin ich demnach noch mal hier? Warum tue ich mir das an?« Der Kopf des Mannes verschwand unter einem Handtuch. Er kam soeben aus der Dusche und rubbelte sich sein Haar trocken. »Wenn er schon einen auf großen Gastgeber macht, dieser britische Snob, dann könnte er zumindest einen Bademantel bereitstellen.«
Nur ein knapp bemessenes Handtuch verhüllte die allzu pikanten Stellen. Der Gute musste mitnichten etwas verbergen. Sein Körper war perfekt. Falsch! Sein linker Unterschenkel schien heftig vernarbt. Ihm fehlten erhebliche Teile des Wadenmuskels. Jeder Alphawolf hatte Narben. Sie mussten kämpfen, um ihre Stellung zu behaupten und dabei blieben Blessuren nicht aus.
»Weil du ein Alpha bist«, erinnerte ihn Abby zermürbt. Sie war so unsagbar nett zu mir und half mir, die blutigen Klamotten loszuwerden. Mit dem flauschigen Flanellhemd aus Chris‘ Kleiderfundus fühlte ich mich gleich wohler.
Abby war bildhübsch! Nicht so ein ausstaffiertes Püppchen wie Kate, sondern natürlich schön. Ihr Haar fiel in langen, roten Wellen bis zur Mitte ihres Rückens. Sie nannte helle, fast milchweiße Haut mit karamellfarbenen Sommersprossen ihr Eigen. Ihre Iriden leuchteten im satten Grün einer Kleewiese. Abby war hochgewachsen und sehr schlank für eine Wölfin. Dennoch besaß sie weibliche Kurven und Rundungen, die gewiss so manchen Mann den Kopf verdrehten.
Sie hatte sich mir als Abigail Renolds vorgestellt, bot mir indes sofort an, sie bei der Kurzform ihres Namens nennen zu dürfen. Abby war verwitwet und hatte eine Tochter namens Enya, die ebenfalls zu ihrem Pack gehörte. Über ihren Alpha hatte sie auch ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert. Sein Name war Christian Barley und er war Alphawolf des Oshkosh-Rudels in den Staaten. Mit seinen 38 Jahren war er jünger als Abby, die bereits mehr als 100 Lenze auf dem Buckel hatte. Über ihr genaues Alter schwieg sie sich jedoch aus. Chris war mit Abstand der jüngste, der heuer anwesenden Alphawölfe. Zu jung, würden böse Zungen behaupten und ihrer Meinung nach, darüber hinaus nicht in der Lage, ein Rudel zu führen. Werwolfgenen sei Dank, sah er keinen Tag älter als knackige 25 aus, was die Missgunst der älteren Alphas nur noch zusätzlich anfachte.
Das nasse Handtuch vom Kopf des Mannes flog in Abbys Richtung. Sie fing es anstandslos auf.
»Kindskopf!«, maulte sie und warf es zu Boden.
Chris‘ Haare waren feucht, dennoch schon als Rot zu identifizieren. Ein dunkles Rotbraun, kein Karottenrot wie bei seiner Gefährtin. Sein Kopfhaar fiel ihm ungeordnet bis zu den Schultern. Und seine Augen … solche Augen hatte ich noch nie gesehen! Ein überaus helles Grün, nahezu schon gelb. Sie schienen ungemein nah am Wolf, aber sein Tier konnte ich definitiv nicht erspüren. Chris wirkte entspannt und seine Verärgerung war nur gespielt. Von seiner Haut perlten Wassertropfen und rannen über die muskulöse Brust und Rücken, die übersät waren mit Sommersprossen. Auch auf seinem Gesicht tummelten sich die karamellfarbenen Flecken. Mir gefielen Sommersprossen.
Viel zu früh schlüpfte er in ein weißes Shirt, gefolgt von einer Jogginghose und verdeckte seinen ansprechenden Körper. So angezogen fiel es mir leichter, ihn nicht mehr anzustarren.
»Alles OK bei den Ladys?«, fragte er locker flockig und nahm vis-à-vis von mir Platz. Da ich auf dem Bett saß, überragte mein Kopf seinen. Ich rutschte instinktiv nach unten, um mich kleiner zu machen als er.
»Crap! Hör auf damit! Dein Kopf muss nicht unter meinem sein«, knurrte er und ich machte mich noch kleiner.
»Lass sie! Das bekommst du so flugs aus keiner Unterwürfigen raus, die so katastrophal behandelt wurde.« Abby legte den Arm abermals um mich. »Und OK … Wie man es nimmt. Das scheint nur die Spitze des Eisbergs!«
Peinlich berührt platzierte ich die Hand auf meinen Hals und versuchte das frische Bissmal von Kate zu verdecken.
»Hat sie ein Veilchen?« Chris knurrte erneut, sprang
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