Wolfsblues
auf und kam direkt vor mir zum Stehen. Er wollte mich ganz gewiss nicht erschrecken. Doch jetzt, da seine Nase, meine fast berührte, bekam ich es mit der Angst zu tun.
»Hat sie!« Abby brachte ihn dazu, auf Abstand zu gehen. »Alte und frische Narben am Hals und blaue Flecken, soweit das Auge reicht. Das ist nicht von dem Sturz am heutigen Abend. Ihr Knöchel schwillt in Rekordtempo an, trotz der Kühlerei. Ihre Heilerin – ein Feenwesen namens Suna – macht keine Hausbesuche. Sie weigert sich vehement hier her zu kommen!«, echauffierte sich die Wölfin.
»Dann sollte ich sie kontaktieren. Eventuell lässt sie sich danach zu einem Hausbesuch herab«, brummte Chris. Er griff nach seinem Handy, das auf dem Couchtisch lag.
»Es ist nicht so, wie es scheint. Suna …«
»Warum nimmst du die Scheißbande in Schutz? Du bist ihr Fußabtreter, Mädchen!« Er blies die Backen auf und tigerte aufgebracht im Raum auf und ab.
Warum interessierte es ihn, was mit mir war? Warum regte er sich so darüber auf?
»Keiner der anderen hat mir geholfen«, murmelte ich kaum vernehmlich unter mich.
»Aller Voraussicht nach hätte auch einer der anderen Alphas interveniert«, ging Abby auf meine Worte ein. »Wir kamen ihnen nur zuvor, stand Chris direkt vor dir. Was ist mit dieser Suna? Du hast sie schon vor mir in Schutz genommen. Du magst sie.«
»Ich mag Suna, korrekt. Sie ist ein Feenwesen und hat ihren Partner verloren, der zum Rudel gehörte. Sie ist kein Teil des Rudels mehr und wird lediglich geduldet. Die alten Rudelangehörigen akzeptieren sie, die, die ihren Gefährten kannten. Doch speziell die jungen Wölfe, allen voran Desmond, tolerieren sie nicht. Sie ist nützlich als Heilerin. Trotzdem darf sie nicht hierherkommen ohne Einladung. Es ist gefährlich für sie, würden einige Wölfe es als Eindringen in ihr Revier ansehen und sie attackieren. Desmond oder Claude müssten nach ihr rufen lassen. Doch das tun sie nicht. Nicht für mich.« Seufzend positionierte ich die Kühlkompresse neu auf meinem Knöchel.
»Eine ehemalige Gefährtin?« Chris legte den Kopf erwägend schief und rieb sich übers Kinn. »Einmal Rudel, immer Rudel! Dass sie Suna jetzt nicht akzeptieren, dürfte vielmehr bedeuten, dass Desmond sie nie ins Rudel aufgenommen hat. Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich kotzen möchte! Gefährtinnen sind heilig! Unsere Frauen sind uns heilig, egal ob Wolf, Mensch, Vampir, Feenblut oder was auch immer!«, hielt Chris sein leidenschaftliches Plädoyer.
Ich sah zu Abby, der Glücklichen. Wusste die Frau überhaupt, was für ein unverschämtes Glück ihr zuteilwurde, einen solchen Mann an ihrer Seite zu wissen?
Ganz gewiss wusste sie es. Er las ihr ohne Frage jeden Wunsch von den Augen ab. Tagein, tagaus.
»Du kannst uns doch bestimmt den Weg zeigen, oder?« Abby strahlte mich entwaffnend an.
»Na dann …« Flink trug Chris mich auf seinen kräftigen Armen zur Tür. »Bringen wir dich zu der Heilerin.«
»Schnapp sie dir und bring sie schleunigst weg von hier, Tiger!« Ich starrte Suna an, als hätte sie den Verstand verloren.
»Jetzt oder nie!« Ganz untypisch trug sie nicht ihre Sonnenbrille und zeigte den beiden Fremden offen ihr Handicap.
»Desmond hat sie nicht im Rudel akzeptiert, weil sie blind sind«, bemerkte Chris geradeheraus. Er entlockte dem Feenwesen damit ein Lächeln. Suna mochte ehrliche Wesen.
»Falsch! Blind bin ich erst seit dem Zwischenfall, bei dem mein Mann starb. Desmond und auch der Alpha vor ihm, tolerieren mich nicht wegen meines Blutes.« Suna griente diabolisch. »Ich bin ein niederträchtiges Hexenweib. Der große Alphawolf fürchtet sich vor mir.«
»Und warum bleiben sie hier? Was hält sie an diesem Ort, wenn sie nicht willkommen sind?« Auch ich wusste es zu schätzen, dass Chris ein Mann glasklarer Worte war und nicht um den heißen Brei herumredete.
»Freundschaft«, antwortete Suna aufrichtig. »Damit meine ich nicht meine Verbindungen zu den alten Wölfen. Die kommen gut ohne mich klar.«
Wie Schuppen fiel es mir von den Augen. Wegen mir war Suna noch hier und duldete diese Repressalien gegen ihre Person! Es hatte keineswegs damit zu tun, dass sie nicht zurechtfand in einer fremden Umgebung. Sie hatte dies nur als Grund vorgeschoben. Jetzt fühlte ich mich nicht wenig schuldig. Doch es erfüllte mich gleichermaßen mit Glück, dass ich ihr so viel bedeutete und sie sich um mich sorgte.
»Megan und der andere Unterwürfige Terrence. Sie sind ihnen
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