Wolfsfieber - Handeland, L: Wolfsfieber
einredend, dass die Röntgenapparate am Flughafen meine Filme ruiniert hatten, stattdessen ein paar neue, dann fuhr ich zurück zum Sumpf. Erst als ich bereits vor dem Herrenhaus geparkt hatte, fielen mir die Zeitungsartikel wieder ein, die ich in der Bibliothek hätte abholen sollen.
Fernes Donnergrollen lenkte meinen Blick gen Westen. Riesige dunkle Wolken ballten sich am Horizont zusammen. Wie es aussah, zog da gerade ein gewaltiger Sturm auf. Da ich mehr an die schwächlichen Gewitterwinde des Mittleren Westens als an die heftigen Orkane des Südens gewöhnt war, entschied ich, dass es vollkommen ausreichend war, am nächsten Tag in die Stadt zurückzufahren.
Abgesehen davon musste ich mir nur ein Stück Seife schnappen, dann könnte ich direkt vorm Haus eine Dusche nehmen. In Anbetracht des Hitzeindex der letzten paar Tage war der Gedanke zu verlockend, um ihn nicht in die Tat umzusetzen.
Ich sperrte meine Kamera und die Fotos zu der Pistole in den Kofferraum, dann lief ich nach drinnen, um zu holen, was ich braucht e – inklusive meines Gris-Gris .
„Man muss sich nun mal den örtlichen Gepflogenheiten anpassen“, murmelte ich, als ich es in meine Hosentasche stopfte. Den Zombie enttarnenden Puder ließ ich zurück, aus Angst, dass sich das Zeug, falls es nass würde, zersetzen könnte.
Im selben Moment, als ich auf die Veranda trat, öffnete der Himmel seine Schleusen. Obwohl der Regen warm war, stieg Dampf auf, sobald die Tropfen den Boden berührten.
Ich schlüpfte aus Jeans, Socken und Schuhen, bevor ich mittels eines akrobatischen Manövers meinen BH unter meinem Tanktop hervorzog. Dann marschierte ich in den Regen hinein.
Binnen einer Sekunde war ich so durchnässt, dass mir Slip und Oberteil am Körper klebten wie ein Lycra-Bodysuit, Größe zweiunddreißig. Schnell machte ich von Seife und Shampoo Gebrauch, dann spülten die nadelspitzen Regentropfen den Schaum weg; Kaskaden von Wasser strömten über mein Gesicht, sodass ich kaum noch sehen konnte. Als ich fertig war, blieb ich weiter unter den Wolken stehen und reckte die Hände zum Himmel, während ich mich von der Natur säubern ließ.
Déesse de la lune .
Ich riss die Augen auf, dann drehte ich mich mitten im Garten langsam im Kreis. Warum hörte ich immer wieder diese leisen französischen Worte, die klangen, als wären sie ein Wispern des Windes? Verlor ich allmählich wirklich den Verstand?
Stirnrunzelnd starrte ich zum Haus der Ruelles. Jagte sich jeder, der hier wohnte, irgendwann eine Kugel in den Kopf?
Entschlossen, mich nicht kirre machen zu lassen, stapfte ich über die Veranda, rieb mich mit dem Handtuch trocken und stieg in meine Jeans. Ich hob den Kopf, sah zum Sumpf und stellte fest, dass ich beobachtet wurde.
Der Regen prasselte auf die Erde; noch immer stieg Dampf auf. Es fiel mir schwer, meinen Blick zu fokussieren, aber da war definitiv jeman d – ein Mann, der etwa hundert Meter vom Haus entfernt an einer Zypresse lehnte. Louisianamoos hing von den Zweigen fast bis zum Boden und verdeckte sein Gesicht. Doch die Umrisse seines Körpers waren vertraut, genau wie das Haar, die Jeans, der nackte Oberkörper.
„Adam?“
Er antwortete nicht.
„Ich hab das wirklich satt“, murmelte ich.
Ich würde ihn zur Rede stellen, ihm alle meine Fragen entgegenschleudern und Antworten verlangen. Ich warf das Handtuch auf die Veranda und marschierte in den Sturm hinein.
DieGestaltrührtesichnicht,währendichnäherkam.Erwirkteirgendwiewilde r – seineAugenstrahlender,seinHaarzerzauster,seinKörpersoangespanntwiedereinesjagendenTiers.OhneseinHemdkonnteichjedeWölbungundjedeVertiefungseinerregennassenHautsehen.ErtrugseinArmbandnicht.Ichkonntemichnichterinnern,ihnjeohnegesehenzuhaben.
Weshalb war er hier? Wollte er das Gleiche wie ich? Blindwütigen Sex, bis ich mich nicht mehr an meine Fragen erinnern konnte?
Ich erreichte die Grenze des Gartens, die Ausläufer des Sumpfes, und er wartete noch immer. Ein Blitz zuckte über den Himmel; Wasser lief mir in die Augen. Ungeduldig wischte ich mir mit der Hand übers Gesicht, und als ich wieder hinschaute, war er verschwunden. Hatte ich ihn tatsächlich gesehen, oder war es nur ein frommer Wunsch gewesen?
Aber warum sollte ich es mir wünschen? Die Polizei wollte mit Adam Ruelle über die Ermordung eines Menschen sprechen. Ich sollte noch nicht mal in die Nähe des Mannes kommen, geschweige denn, mich vor Lust nach ihm verzehren.
Obwohl er mich auf eine Weise verstörte, die ich
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