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Wolfsflüstern (German Edition)

Wolfsflüstern (German Edition)

Titel: Wolfsflüstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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dass ihm solches Verhalten fremd gewesen wäre. Denn aus unerklärlichen Gründen neigten die Frauen in seinem Umfeld dazu, in ihm einen hispanischen Indiana Jones zu sehen. Er war keiner; trotzdem hielt sie das nicht davon ab, kichernd mit dem Finger auf ihn zu zeigen oder ihn während seiner Bürosprechzeiten mit albernen Fragen zu belästigen, auf die sie längst die Antworten kannten.
    Matt war nicht interessiert. Nicht, dass er nicht gelegentlich ein Date hatte – sofern man Treffen mit den willigen Damen, die er zum Essen ausführte, anschließend mit in sein Bett nahm und hinterher nie wiedersah, als Dates bezeichnen konnte –, aber sein Leben war der Arbeit gewidmet, und für viel mehr gab es darin keinen Platz.
    »Ich habe noch eine letzte Grabungsstätte auf Noras Liste der Möglichkeiten«, sagte Matt.
    Enright hob seine künstlich dunkler gefärbten Brauen. Alles an ihm war künstlich – sein nach hinten gegeltes schwarzes Toupet, seine Hochglanz-Maniküre, sogar seine rechte Hüfte.
    Als Matt nicht näher ins Detail ging, seufzte Enright. Sein Atem stank nach dem Jack Daniels, den er unter W archiviert hatte.
    »Das Semester ist fast vorbei, Mateo. Ich erwarte, dass du dich bis zum Herbst neu orientierst.«
    »Mich neu orientieren?«, echote Matt.
    »Such dir neue Forschungswege oder such dir eine neue Uni.« Mit einem entschiedenen Klicken fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Matt zog die Notizen seiner Mutter wieder heran. Er blätterte sie durch, suchte nach etwas, das ihm bei den achttausend Malen, die er sie durchgeblättert hatte, entgangen sein könnte, dabei hätte er schwören können, dass Noras Duft – Orangen, Erde, Sonne – den Papieren entströmte. Manchmal, wenn er nachts über ihnen brütete, war ihr Knistern Noras Stimme, die ihn von seinen Streifzügen, die er als Kind an jeder ihrer Ausgrabungsstätten unternommen hatte, zurückrief.
    Er hatte eine verzauberte Kindheit erlebt. Was konnte es Schöneres geben, als in einem Zelt zu wohnen, nach vergrabenen Schätzen zu suchen und niemals – bis er hier gelandet war – einen Fuß in eine Schule setzen zu müssen?
    Nora war der einzige Abkömmling der steinreichen Familie Mecate gewesen. Als sie sich dazu entschieden hatte, Archäologin zu werden, hatten sich mehr als nur ein paar tintenschwarze Mecate-Brauen gehoben. Sie musste ihren Lebensunterhalt nicht durch Arbeit bestreiten, und erst recht nicht damit, dass sie in der Erde herumbuddelte. Dass sie darauf bestand, hatte das Begreifen vieler, inklusive das ihres Vaters, überstiegen.
    Andererseits waren nur arme Leute verrückt. Reiche Leute waren exzentrisch, und je mehr Exzentriker eine betuchte Familie vorzuweisen hatte, desto größer das Prestige. Es dauerte nicht lange, und die erhobenen Brauen senkten sich.
    Als Nora schwanger wurde – ohne einen festen Freund oder Ehemann in Sicht –, hatte sich überhaupt niemand den Umstand gemacht, seine Augenbrauen zu bemühen. Dass Mateo ein Mecate sein und diesen kostbaren Namen weiterführen würde, hatte viel dazu beigetragen, die Kluft zwischen Nora und ihrem Vater zu schließen.
    Sie war mit Matt durch ganz Mexiko und den Südwesten gezogen. Dabei hatte sie ihm alles beigebracht, was sie über Archäologie wusste. Sie war in dem Sommer, bevor er ans College gehen wollte, gestorben.
    »Verdammt«, murmelte Matt und zeichnete mit einem Finger die krakelige Handschrift seiner Mutter nach.
    Als junge Frau hatte Nora die uralten Aztekenschriften, auf die sie in der muffigen Bibliothek des Familienanwesens gestoßen war, übersetzt und dabei etwas Erstaunliches entdeckt.
    Der Grund, warum die Azteken niemals eine Schlacht verloren, war der, dass sie über eine Geheimwaffe verfügten, die Nora den Superkrieger getauft hatte – ein Wesen von solch unglaublicher Stärke und Macht, dass es sich ihrer Ansicht nach nur um einen Zauberer handeln konnte. Dieser Krieger hatte irgendwo im amerikanischen Südwesten seine letzte Ruhe gefunden. Sie musste nichts weiter tun, als sein Grab aufzuspüren.
    Gelehrte hätten es sicher akzeptiert, wenn sie nördlich des Rio Grande nach aztekischen Überresten gesucht hätte, wenngleich die meisten davon ausgingen, dass die Azteken nicht weiter als bis nach Zentralmexiko vorgedrungen waren. Aber das Grab eines Superkriegers? Eines Zauberers?
    Niemand außer Nora hatte daran geglaubt.
    Natürlich hatten Noras Geschichten Matt als Kind in ihren Bann gezogen. Er hatte sie vollständig verinnerlicht. Doch

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