Wolfsflüstern (German Edition)
und süßem Sirup, jeden in Riechweite zu Fannys Refugium.
Gina knipste das Licht an und setzte sich an ihren Schreibtisch. Als sie aufsah, stand Teo noch immer in der Tür, offenbar völlig fasziniert von den Fotos an der Wand. Die meisten Leute bemerkten sie nicht einmal.
»Ich wollte Sie fragen, wer die Aufnahmen für Ihren Flyer gemacht hat, doch jetzt erkenne ich, sie sind von …« Ihre Blicke trafen sich. »Ihnen?«
Gina zuckte mit den Schultern. Er war der erste Mensch, dem auffiel, dass die Fotos in der Broschüre einen ähnlichen Stil hatten wie die an ihrer Wand.
»Sie sind sehr talentiert. Wo haben Sie studiert?«
»Studiert?« Gina lachte. »Ich habe mir einfach eine Kamera geschnappt und sie auf Motive gerichtet.«
Teo zog die Brauen hoch und wandte sich wieder den Fotos zu. »Dann sind Sie sogar noch talentierter, als ich dachte.«
Gina musste die Augen senken, um zu verbergen, dass ihr seine Worte unglaublich schmeichelten. Sie hatte noch nie jemandem, noch nicht einmal Jase, erzählt, wie sehr sie die Fotografie liebte. Es hätte auch keinen Sinn. Sie hatte die Wahl gehabt, dieses Land zu verkaufen und aufs College zu gehen oder es durchzuziehen und hierzubleiben.
Wobei sie in Wirklichkeit nie eine Wahl hatte.
Und das war in Ordnung so. Gina konnte trotzdem weiter ihre Fotos knipsen. Was sie auch mit Leidenschaft tat. Sie würde nur nie davon leben können.
Die Nahua Springs Ranch war ihr Leben. Es sei denn, sie würde sie verlieren.
Gina schluckte den unvertrauten Kloß in ihrer Kehle hinunter und griff nach dem Anmeldebogen. »Wenn Sie das hier ausgefüllt haben, zeige ich Ihnen Ihr Zimmer.«
Teo schnappte sich das Formular und einen Stift. Der Stuhl knarrte, als er sich setzte, gefolgt von kratzenden Geräuschen, als er es ausfüllte. Draußen wurden mehrere Autotüren zugeschlagen.
Jase und die anderen Gäste waren eingetroffen.
Gina stand auf, als Teo seinen Namen an den unteren Rand setzte und ihr den Bogen zurückgab.
Sie warf einen flüchtigen Bick darauf. Teo Jones. Aus irgendeiner Stadt in Arizona, von der sie noch nie gehört hatte – von denen gab es jede Menge. Er war Lehrer, was die Brille erklärte, aber nicht den Körper. Es sei denn, er wäre Sportlehrer, der Leichtathletik und Basketball unterrichtete und während der Sommermonate auf dem Bau arbeitete. Er faszinierte sie mit jeder Minute mehr.
»Stimmt etwas nicht?«, erkundigte er sich, als sie weiter auf seine Anmeldung starrte.
»Äh, nein.« Ihr Blick glitt zu den beiden wichtigsten Angaben auf dem Blatt. Er konnte reiten und war ein geübter Camper. Mehr musste sie nicht wissen. »Wenn Sie mir nur noch Ihre Kredit…«
Teo legte ein Bündel Geldscheine auf den Schreibtisch. Mit dem Wort Karte noch auf der Zungenspitze blieb Gina der Mund offen stehen.
»Bar ist besser, oder?«
Sie nickte verdattert. Wer schleppte so viel Geld mit sich herum?
Niemand, den sie kannte.
»Wegen der Fotos …«, setzte er an.
»Gina!«, ertönte Jases Stimme vor dem Haus. Normalerweise wartete sie dort, um die Gäste bei ihrer Ankunft zu begrüßen.
»Ich komme schon!«, rief sie, doch da dröhnten bereits seine Schritte über den Flur, ehe er eine Sekunde später in der Tür auftauchte.
Sein Blick glitt von dem Geldbündel zu ihrem verdutzten Gesicht und dann zu Teo Jones, der sein charmantes Lächeln aufgesetzt hatte. Es zeigte bei Jase nicht halb so viel Wirkung wie bei Gina.
»Wer zur Hölle sind Sie?«, fuhr Jase ihn an.
Sein Tonfall und die Anspannung in seinen Schultern verrieten, dass Jase Teo für einen Schuldeneintreiber hielt. Einige hatten tatsächlich angefangen, Vorauszahlungen in bar zu verlangen.
»Ein weiterer Gast«, erklärte Gina so aufgeräumt, dass sich Jases Stirnrunzeln noch verstärkte. »Teo, dies ist Jase McCord, mein Partner.«
Teos Begrüßungslächeln geriet ein wenig ins Wanken. Jase hatte sich gar nicht erst die Mühe gemacht, eines aufzusetzen. Er hatte es nicht so mit dem Lächeln, aber das Gleiche konnte man von Gina behaupten.
Doch Geld war Geld, und hier ging es auch noch um Bares. Jase sollte Teo auf den Rücken klopfen und ihn zu seinem neuen besten Freund erklären. Gina selbst hätte gute Lust dazu gehabt.
Die Männer starrten einander so lange an, dass Gina schon befürchtete, sie würden sich gar nicht mehr begrüßen. Wollte man sie mit Hunden vergleichen, waren die Nackenhaare gesträubt, die Lefzen hochgezogen.
Gina räusperte sich, und Teo stieß die Hand nach vorn.
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