Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang
wie ich war. Was ich tat.“
Ich bezweifelte, dass ich das hier hören wollte, aber es musste sein. „Sprich weiter.“
Damien holte tief Luft. „Ich habe ein paar Arbeiten an ihrem Haus gemacht. Sie war alleinstehend. Ihr Mann hatte sich aus dem Staub gemacht. Sie hatte vier Kinder.“
Meine Augen weiteten sich. Er war wirklich ein Schwein.
„Ich hatte die Absicht, eine Weile zu bleiben. Ein paar Vollmonde lang auf meine Kosten zu kommen.“
Seine Stimme wurde flacher; sein Blick schweifte in die Ferne; sein Gesicht war dieselbe emotions- und leblose Maske wie bei unserer ersten Begegnung.
„Sie lebten allein. Existierten von der Hand in den Mund. Sie waren perfekt, und sie gehörten mir.“
„Was ist passiert?“, flüsterte ich.
„Der Vollmond kam, so strahlend schön. Der Herbstmond. September. Warme Tage, kühle Nächte, klare Himmel. Ich verwandelte mich und rannt e – spürte den Wind in meinem Fell und das Gras unter meinen Füßen. Ich rannte, bis ich völlig ausgehungert war, und dann kehrte ich zurück.“
Bei dem letzten Wort zitterte seine Stimme. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, und seine Hand zitterte ebenfalls.
„Damie n – “
Er beachtete mich nicht. „Sie saß immer draußen, sobald sie die Kinder ins Bett gebracht hatte. Ein bisschen Zeit für sich, nannte sie das. Ich lief direkt auf die Veranda. Sie rührte sich noch nicht mal.“ Er starrte vor sich hin, als könnte er vor sich seine Vergangenheit sehen.
„Das jüngste Kind öffnete die Tür. Die Mutter stieß einen Schrei aus und versuchte, es zurückzuschieben, aber das kleine Mädchen sah mich an un d – “ Er schüttelte den Kopf. „Sie kann nicht älter als fünf oder sechs gewesen sein, und sie wusste, was ich tun würde. Sie wand sich aus der Umklammerung ihrer Mutter und schrie: ‚Nein, Damien‘, dann schlang sie mir die Arme um den Hals und flüsterte: ‚Nimm mich. Mommy muss für die anderen noch eine Mommy sein.‘“
„Selbstaufopferung“,murmelteich.„Duhastsiedochnich t – “
„Nein. Aber ich hätte. Ich scherte mich einen Dreck um Selbstaufopferung, Mutterliebe, irgendetwas außer Fleisch.“
Ich zuckte zusammen.
„Ich hätte sie alle umgebracht, wäre da nicht eine Sache gewesen. Das Kind nannte meinen menschlichen Namen, während ich ein Wolf war.“
„Das funktioniert nich t – “
„Nicht, um die Gestalt eines Werwolfs zu verändern, aber es funktioniert ziemlich gut, um ihn zu verfluchen. Zumindest, wenn eine Frau aus den Ozark Mountains in der Nähe ist.“
„Was?“
„Mommy kannte sich mit Magie aus.“
„Magie.“ Ich widerstand dem Drang zu schnauben. „Alles klar.“
Seine Mundwinkel hoben sich ein klein wenig. „Wir reden hier über Werwölfe, und du verdrehst die Augen bei dem Wort Magie? Es gibt bei den Ozarks die Redewendung, wenn man eine Hexe rauswirft, sollte man die Bibel besser gleich mit rauswerfen.“
„Was zur Hölle soll das heißen?“
„Wenn man an das übernatürlich Böse glauben kann, warum dann nicht auch an das übernatürlich Gute?“
Ein Punkt für ihn. „Also, was hat die Magierin von den Ozarks getan?“
„Nichtviel.DasWichtigstewarschongeschehen.DasOpfer.“
„Aber du sagtest, du hast sie nich t – “
„NurweilichdiesesKindnichtgetötethabe,wirdseinOpferdadurchnichtwenigerheroisch.Ichhättewegrennenkönnen,aberichwarvorVerwirrungwiegelähmt.EinWesen,dasdurchSelbstsüchtigkeitgedeiht,wirdmittotalerSelbstaufopferungkonfrontiert.IchwarzwareinWolf,besaßaberimmernochmeinenVerstand,undderwarvollkommenüberlastet.Ichstandeinfachnurda,währenddieMutterihrKindvonmirwegriss.IhrGesichtwarnassvorTränen,alssiesichdaseigeneHandgelenkaufschnit t – “
„Blut, Tränen, Selbstaufopferung.“
„Das Übliche“, sagte er und wiederholte damit meine eigenen Worte, ohne sie je gehört zu haben. „Dann verfluchte sie mich, vielleicht segnete sie mich aber auch. Ich bin mir da immer noch nicht sicher. Sie sagte: ‚Damien, von diesem Tag an gehört deine Seele wieder dir.‘“
„Was?“
„Als ich zum Werwolf wurde, ergriff das Böse von meiner Seele Besitz. Ich war ich selbst und gleichzeitig auch wieder nicht. Sie gab mir mein Bewusstsein und mein Gewissen zurück.“
„Ah.“
„Es ist schrecklich zu wissen, was man getan hat und wie falsch es war.“
Ich verstand jetzt, warum seine Augen immer traurig waren. Warum er nie lachte und nur selten lächelte. Verstand, aber vergab nicht.
„Du hast dich dazu entschieden, einer
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