Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
habe, wovon sie sprachen. Nach fünf Gesprächen dieser Art zog er den Telefonstecker, warf das Telefon in den Müllschlucker und besorgte sich ein Handy mit Prepaidkarte.
Ende Mai erreichte Jerry ein Umschlag. Er enthielt zehn gebügelte Tausend-Kronen-Scheine und einen Brief, der in aggressiver Tonlage erklärte, dass er weitere zwanzig Riesen bekommen würde, wenn er garantieren könne, dass Theres sich am Morgen des sechsundzwanzigsten Juni in Skansen einfinden würde. Am besten solle er möglichst sofort Kontakt zu Max Hansen aufnehmen, um zu bestätigen, dass er diese Aufgabe übernehmen würde, ansonsten würde die Hölle losbrechen.
Jerry legte die zehn Tausender für die Hochzeit zur Seite und fragte Theres, was sie vorhatte. Sie sagte, dass sie es noch nicht wisse, und damit gab er sich zufrieden. Was hatte er für Alternativen? Sollte er Theres in einen Sack stecken und nach Skansen tragen? Das Einzige, was er tun konnte, war die Daumen zu drücken, ein Gebet zu sprechen und das Beste zu hoffen.
Seine Unterhaltungen mit Theres beschränkten sich mittlerweile meistens auf praktische Fragen. Sie hatte ihr eigenes Leben und er seins. Er sorgte dafür, dass es Babygläschen im Kühlschrank gab, und er bezahlte die Rechnungen. Ansonsten überließ er sie sich selbst, während er immer mehr Zeit zu Hause bei Paris und Malcolm verbrachte.
Jerrys neue, positive Einstellung gegenüber der Welt war inzwischen so sehr zu seiner Natur geworden, dass er sich keine weiteren Gedanken darüber machte, als er Ende Mai zufällig erfuhr, dass der frühere Filialleiter des kleinen Supermarktes einem Raubmord zum Opfer gefallen war. Nichts als eine traurige Geschichte, die ihn nichts anging. Ausnahmsweise einmal.
3
Eine gute Woche nachdem das Album veröffentlicht worden war, bekam Teresa eine Mail von Max Hansen. Die Nachricht lautete: »Lies und denk drüber nach. 26. Juni. Bestätigen.«
Angehängt waren ein paar Zeitungsartikel über Lennart undLaila, eine Abschrift ihres inventarisierten Nachlasses, in den Jerry als Alleinerbe aufgeführt war, die persönlichen Daten von Angelika Tora Larsson und eine Kopie von Theres’ Anmeldungsbogen für Idol .
Max Hansen wollte zeigen, dass er ein fertiges Paket besaß, und selbst wenn es keine Neuigkeit war, dass er wusste, was er wusste, so konnte er die beabsichtigte Wirkung erzielen. Der bloße Gedanke – dass er mit einem Mausklick ihre ganze Existenz zerstören konnte – war schon widerlich, und Teresa bekam zum ersten Mal richtig Angst. Sie schrieb eine lange Mail an Theres, in der sie verschiedene Szenarien durchspielte, ihre Möglichkeiten beschrieb und am Ende zu dem Ergebnis kam, dass es am besten wäre, wenn sie auf dem Festival auftreten würde. Damit hatten sie zumindest bis dahin Zeit, sich etwas auszudenken.
Dieses etwas konnte nur eines sein. Die Frage war, wie sie nahe genug an Max Hansen herankommen konnten, um es durchführen und anschließend unentdeckt davonkommen zu können. Teresa sehnte sich. Der Mann im Supermarkt war ihr in den Weg geworfen worden, sie hatte getan, was sie getan hatte, und sich erst später wohl damit gefühlt. Mit Max Hansen war es eine ganz andere Sache. Sie freute sich darauf, und dieses Mal würde sie es von Anfang bis Ende genießen. Falls sie denn die Gelegenheit dazu bekam.
In ihren Fingern hatte es auf eine unangenehme Weise zu jucken begonnen, und hin und wieder hatte sie ein leeres Gefühl im Bauch. Ungewollte Bilder begannen sich aufzudrängen und ihre Lebenslust immer mehr zu verdunkeln. Sie konnte im Bus sitzen und auf den Hinterkopf ihres Vordermanns starren, sich ein Werkzeug in ihrer Hand vorstellen und sich danach sehnen, endlich zuzuschlagen. Als sie eines Nachmittags allein mit der Bibliothekarin in der Bücherei saß, stellte sie sich verschiedene Arten vor, wie sie sie umbringen könnte. Sie könnte nach einem ungewöhnlichen Buch fragen, sie nach unten ins Magazin begleiten. Ein Ziegelstein, ein Rohr. Rums auf den Kopf, noch ein Rums. Noch mal. Öffnen. Und dann der rote Rauch, ihn schmecken, ihm wieder nahekommen.
Sie warf jeden Tag immer noch drei Tabletten ihrer Medizin weg, hatte neue verschrieben bekommen, die sie auch wieder wegwarf. Sie war zum Nachsorgegespräch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gewesen und hatte ihre Rolle mit großem Erfolg gespielt, war als gesund genug beurteilt worden, um die Pillen zum Sommer absetzen zu können.
Aber sie wusste, dass ihr normales Verhalten nicht daher
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