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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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unterwegs, was sollte es tun ?
    Als sie sich das dritte Mal trafen, berichtete Linn, die endlich zu sprechen wagte, dass sie immer spielte, sie sei tot. Sie hatte es ganz beiläufig erzählt, aber eine unerwartete Reaktion bekommen. Es stellte sich heraus, dass man einen ganz konkreten gemeinsamen Nenner gefunden hatte. Sie alle, jedes einzelne Mädchen, spielte dieses Spiel.
    Also begannen sie, es gemeinsam zu spielen. Sie legten sich vor dem Wolfsgehege ins Gras und nahmen sich an den Händen, schlossen die Augen und flüsterten liturgische Formeln wie »Das Gras wächst durch unsere Herzen«, »Unsere Körper vermodern, und Maden fressen uns von innen auf«, »Wir sinken durch die Erde, und alles ist still«. Sie konnten lange so daliegen, und als sie wieder aus ihren Gräbern stiegen, schien ihnen die Welt lebendiger vorzukommen.
    Theres sagte, dass es gut war, aber nicht so richtig. Als Teresa fragte, was sie damit meine, bekam sie die Antwort, dass sie es schon wisse.
    Ja. Sie wusste es. Aber das war kein Wissen, das sie mit den anderen teilen konnte. Ganz gleich, wie hoch sie ihren Zusammenhalt schätzte, so wagte sie ihnen doch nicht auf dieselbe unreflektierte Weise zu vertrauen, wie Theres es tat.
    Sie hätte es gerne erzählt, hätte gern etwas von ihrer Erfahrung abgegeben und die Narbe an ihrem Bauch vorgezeigt. Wie sie ins Leben gekommen war und ihre Sinne gestärkt hatte, wie sie seitdem im Jetzt lebte, das ihr früher nicht zugänglich gewesen war. Wie es ihr erlaubte, in ihrer Gruppe zu sitzen und wirklich anwesend zu sein, sich von der Gruppe zu trennen und weiterhin im Rascheln des Laubs, im Geruch der Abgase und im Spiel der Farben den Lauf des Lebens spüren zu können.
    Aber sie wagte es nicht zu erzählen. Die anderen waren nicht dort, wo sie schon war. Wenn sie sich trafen, brauchten sie erst eine Weile, bis sie den gemeinsamen Ton gefunden hatten, bis die Angst verflogen war. Die übrigen sechs Tage der Woche klebten noch an ihnen, und sie waren trotz allem nur andere Menschen mit Eltern und Klassenkameraden.
    Wie schwer es war, sich am Leben zu halten! Sie dachte oft daran und erinnerte sich, wie sie selbst gewesen war. Niemals richtig da . Nur in kurzen, hellen Momenten zwischen den Sorgen und Gedanken hatte sie sich selbst als jemand gesehen, der atmete und lebte und den Augenblick genießen konnte. Dann war es wieder vorbei.
    Wie anders es jetzt war! Sie hatte es erzählen wollen. Aber es war zu gefährlich. Noch.

DIE TOTEN MAEDCHEN
    So don’t let the blue eyes fool you
    They’re just gelignite, loaded
    And aiming right between your eyes.
    Morrissey, You know I couldn’t last

1
    Die Scheibe, die Mitte Mai veröffentlicht wurde, war Flickwerk. Weil man auf der Welle mitreiten wollte, die von »Flieg« losgetreten worden war, hatten der Produzent, die Musiker und die Studiotechniker nur ein paar Wochen Zeit, um aus den dünnen MP3-Dateien ein fertiges Produkt zu machen.
    Max Hansen versuchte es mit Zuckerbrot und Peitsche, um Theres ins Studio zu bekommen, wo sie eine professionelle Vokalspur einspielen sollte. Er versprach ihr fünf- und sechsstellige Beträge, er drohte ihr mit der Polizei, der Psychiatrie und den hungrigen Geiern der Medien, aber es nutzte nichts. Entweder waren seine Drohungen durchsichtig, oder sie war nicht in der Lage, das Elend zu begreifen, das über sie kommen konnte.
    Er vermutete Ersteres. Theres oder das Monster hatten begriffen, dass er nicht erzählen konnte, was er wusste, ohne sich selbst dabei zu verbrennen. Oh, er war so bereit, sich selbst zu verbrennen, aber er wollte den richtigen Augenblick abwarten. Den Augenblick, in dem er weit entfernt von Stockholm war und keine anderen Sorgen mehr hatte, als sein Geld dort anzulegen, wo es die größte Rendite abwarf.
    Obwohl die Scheibe so hastig zusammengeschustert worden war, wurde sie mit Enthusiasmus begrüßt. Kein einziger Rezensent unterließ es, die miserable Qualität der Gesangsaufnahmen zu kommentieren. Auf der anderen Seite besaß Theres’ Stimme einen Ton und einen Klang, die alle Mängel vergessen machten. Die Produktion ließ ebenfalls viel zu wünschen übrig, dochauch hier wurde das Mechanische im Klangbild durch die Qualität der Songs aufgewogen. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass man in dieser Tesla, wer auch immer sie sein mochte, einen neuen Künstler gefunden hatte, mit dem man rechnen musste.
    Nach allem, was Max Hansen über Theres herausgefunden hatte, wagte er nicht,

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