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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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ich die Geräusche aus dem mit PRIVAT beschrifteten Zimmer hörte.
    Rodolfo führte Selbstgespräche.
    Ich bezweifelte, ob es ihn glücklich gestimmt hätte, mich hier draußen herumlungern zu wissen, also drehte ich mich um und ging ein paar Schritte in Richtung der lauten, überfüllten Bar, bevor ich von Neuem stehen blieb.
    Ich wollte da nicht wieder durchlaufen; ich wollte einfach nur hier raus. Zu meiner Rechten entdeckte ich einen Hinterausgang. Ich nahm ihn und schlüpfte hinaus in eine dunkle, müllübersäte Seitengasse. Vielleicht wäre der Weg durch die Menge doch die bessere Alternative gewesen.
    Ich streckte die Hand nach der Tür aus, als sie im selben Moment mit einem Klicken hinter mir zufiel. Ich zog daran, aber sie war von innen verschlossen.
    „Verdammt!“ Ich wünschte, ich hätte eine Schusswaffe dabeigehabt.
    Ich besaß die Lizenz, in Pennsylvania eine tödliche Waffe mitzuführen – ich hatte Unterricht genommen und all das –, aber meistens verzichtete ich darauf. Um nach verschollenen Personen zu suchen oder Leuten hinterherzuschnüffeln und Fotos von untreuen Ehepartnern oder unehrlichen Angestellten zu knipsen, brauchte man keine Handfeuerwaffe.
    Ich hätte meine mitbringen können, aber die Scherereien, die damit verbunden waren, eine Pistole mit an Bord eines Flugzeugs zu nehmen, lohnten die Mühe einfach nicht. Wie hätte ich ahnen sollen, dass ich nach Einbruch der Dunkelheit allein in einer unheimlichen Seitengasse landen würde?
    Und sie war unheimlich – kühl, trotz der stickigen Hitze der Nacht, dabei fast marineblau, mit flackernden silbrigen Tupfen von einem Mond, den zu viele Wolken bedeckten, als dass man seine Form erkennen konnte. Ein fauliger Geruch hing in der Luft, und irgendwo, nicht allzu weit entfernt, huschte etwas auf mehr als zwei Füßen davon.
    Ich mochte ein Wildfang sein; ich mochte wissen, wie man eine Waffe abfeuerte; ich war in der Lage, jemandem, der fünfzehn Kilo schwerer war als ich, den Arsch zu versohlen – ich hatte gleich beim ersten Mal, als mich so ein Irrer bei der Arbeit attackiert hatte, einen Selbstverteidigungskurs belegt. Trotzdem war ich noch immer Frau genug, um Ratten zu hassen. Gab es irgendwen, der die Viecher wirklich mochte?
    Ich zwang mich, mit selbstsicheren Schritten auf eine einsame, schummrige Straßenlaterne zuzugehen. Es musste einen Weg zurück in die Frenchmen Street geben, wo ich mir ein Taxi schnappen konnte, das mich in das neonhelle Zentrum der Bourbon Street zurückbringen würde. Da ich ein Partymuffel war, hätte diese Aussicht eigentlich nicht ganz so verlockend sein sollen.
    Ich war noch keine vier Schritte weit gekommen, als aus dem Rising Moon das Schmettern einer Trompete zusammen mit dem Wummern eines Schlagzeugs dröhnte. Erschrocken fuhr ich herum, und dabei hätte ich schwören können, aus dem Augenwinkel irgendein Tier zu sehen, das an der Seite des Gebäudes entlangglitt.
    Sollte ich die Flucht ergreifen? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass eine Ratte mich verfolgen würde.
    Aber wenn das wirklich eine Ratte gewesen war, dann die größte, die es in Louisiana je gegeben hatte, wenn nicht sogar weltweit. Was ich gesehen hatte, war eher mit einem Hund zu vergleichen – einem großen.
    Nur dass ein Hund mein Herz nicht so sehr in Aufruhr versetzen sollte, dass es mir die Rippen zu sprengen drohte. Ein Hund würde sich nicht halb außer Sichtweite in den Schatten herumdrücken, sondern auf mich zustürmen, um mich zu begrüßen oder zu versuchen, mir ein Leckerli abzubetteln. Es sei denn, er hatte ein Problem. Wie zum Beispiel Tollwut.
    Was wiederum bedeutete, dass eine Flucht vermutlich keine gute Idee wäre.
    Also schlich ich mich stattdessen rückwärts davon. Meine Augen unverwandt auf die dunklen Schatten rund um das Rising Moon fixiert, schwor ich mir, mein Zuhause nie wieder ohne meine Pistole zu verlassen.
    Je weiter ich mich der einzelnen Straßenlaterne näherte, desto undurchdringlicher wurden diese Schatten. Die Musik schallte durch die offenen Fenster in die Nacht und übertönte beinahe das Hämmern meines Herzens. Dennoch hätte ich schwören können, ein leises Knurren darin mitschwingen zu hören.
    Ich war nervös, das war alles. Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen, als mich allein in einer dunklen Straße herumzutreiben. Aber mein Wunsch, Rodolfos Stimme zu entkommen, war so übermächtig gewesen, dass ich den erstbesten Fluchtweg nach draußen genommen hatte. Was idiotisch

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