Mondgefluester - Ladies and Legends Trilogie

PROLOG
    „Nein! Ganz entschieden nein! Ich werde nicht gehen!"
    Katherine Inskip sah die beiden Frauen auf der anderen Seite des Tisches böse an. Hinter ihr vibrierte die Fensterscheibe, als ein Flugzeug in den wolkenverhangenen Himmel über Seattle aufstieg. „Es gibt Gesetze gegen so was. Ihr könnt das nicht tun.“
    „Heb dir die Dramatik für dein nächstes Buch auf, Kate. Du wirst in einer Viertelstunde an Bord gehen.“ Margaret Lark, gepflegt und kühl wie immer, sah auf ihre Uhr. Sie hatte mehrere Jahre in der Geschäftswelt verbracht und konnte sich immer noch bestens durchsetzen, wenn es nötig war. „Sarah und ich haben die Angelegenheit gründlich durchgesprochen, und wir sind uns einig, dass du Urlaub brauchst. Dein Arzt hat es gesagt. Sogar dein Agent meint, es wäre keine schlechte Idee. Und du bist dir klar darüber, dass die Dinge schlimm stehen, wenn sogar dein Agent findet, du müsstest dir eine Weile freinehmen.“
    „Es stimmt, Kate.“ Sarah Fleetwood lächelte besorgt. „Du bist viel zu angespannt und nervös in letzter Zeit. Du hast selbst gesagt, dass du nicht gut schläfst. Du hast kaum Appetit. Seit Wochen hast du keine Pizza, keine Tacos mehr gemacht, und das sieht dir gar nicht ähnlich. Du stehst unter Stress und musst etwas dagegen tun.“
    Kate verzog das Gesicht. „Ich bin also ein bisschen gestresst, na und? Ich habe gerade eine zehntägige Verkaufstour für mein neues Buch hinter mir. Ich bin müde, das ist alles.
    „Es ist mehr als das“, sagte Margaret. „Kate, du bist arbeitssüchtig geworden, und wenn du nicht aufpasst, wirst du dafür bezahlen müssen.“
    „Ich liebe meine Arbeit. Ich bin nur glücklich, wenn ich schreibe.“
    „Nichts ist falsch daran, dass du das Schreiben genießt“, versicherte Sarah ihr. „Margaret und ich lieben es auch. Darum geht es nicht.“
    „Worum dann?" Kate fühlte sich in die Enge getrieben. „Ich bin glücklich, so wie ich bin. Glücklich, versteht ihr?“ Sie schlug mit der Faust auf den Tisch. „Ich bin nie so verdammt glücklich gewesen!“
    „Es geht darum, dass du ein bisschen kürzer treten musst“, erklärte Margaret. „Du stürmst schon zu lange mit Höchstgeschwindigkeit voran. Seit deiner Scheidung, genau gesagt. Jetzt, wo deine ,Braut des Freibeuters“ in den Buchläden ist, kannst du dir eine Pause leisten. Vertrau mir, Kate. Ich habe oft gesehen, was zu viel Stress und Arbeit aus den Leuten machen. Es ist kein schöner Anblick.“ Sie zog ein Flugticket aus ihrer schwarzen Ledertasche. „Du musst lernen, dich zu entspannen und das Leben zu genießen.“
    „Und Amethyst Island scheint genau der richtige Ort dafür zu sein“, ergänzte Sarah. „Die Insel bietet alles: Palmen, tropische See, ein Erster-Klasse-Hotel, Papayas, Kokosnüsse ...“
    „Ich hasse Kokosnüsse“, sagte Kate verzweifelt.
    „Dann wirst du eben Papayas essen.“ Margaret sah wieder auf ihre Uhr und stand auf. „Es ist Zeit, zur Abflughalle zu gehen.“
    Sarah erhob sich ebenfalls. „Los, komm, Mädchen. Du bist auf dem Weg ins Paradies. Du wirst es lieben. Ich weiß es.“ Sie griff nach Kates Arm und zog sie hoch. „Denk bloß mal dran, was auf dich wartet. Du kommst in echtes Piratengebiet, genau wie in deinen Büchern. Margaret sagt, dass es auf Amethyst Island sogar eine Burgruine gibt aus der Zeit, als ein richtiger Seeräuber dort gelebt hat.“
    „Eine Burg?“ Kate war wider Willen fasziniert.
    „So ist es, und sie hat eine Geschichte voller Gewalt und Leidenschaft. Kate, du wirst ein richtiges Piratennest erforschen. Wer weiß, was für blutige Taten da im vorigen Jahrhundert begangen wurden.“
    „Was meinst du mit Leidenschaft?“
    „Oh, es gibt da eine Legende, wie ein Anführer der Piraten, der sich auf der Insel angesiedelt hatte, nach England zurückkehrte, seine Braut entführte und in die Südsee mitnahm. Ich kenne nicht alle Einzelheiten. Ich schreibe zeitgenössische Liebesgeschichten, keine historischen.“
    „Er hat seine Braut entführt?“ Kate ließ sich in die Menschenmenge hineinschubsen, die in der Abflughalle herumwimmelte. „Was für ein Pirat? Welche Legende? Ich habe noch nie von dieser Insel gehört.“
    Margaret lächelte und umarmte Kate. „Sie gehört zu einer kleinen Gruppe im Südpazifik, den Juweleninseln. Du wirst viel Zeit haben, alles über den Ort herauszufinden. Ich wünsche dir wundervolle Ferien, Kate. Wenn du zurückkommst, wirst du dich wie ein neuer Mensch fühlen.“
    Kate