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Wolfsruf

Titel: Wolfsruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.P. Somtow
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in seine Fußstapfen, um nicht auszugleiten. Über der Tür waren in eisernen Buchstaben die Worte angebracht:
SZYMANOWSKI-INSTITUT
    Während ich den ungewöhnlichen Namen auszusprechen versuchte, wurde mir klar, dass ich endlich das Ziel meiner Reise erreicht hatte. Noch einmal packte mich die Furcht. Aber als ich eintrat, schlug mir Wärme entgegen, ich stand in einer hell erleuchteten Eingangshalle, wo ich von einer Empfangsdame freundlich begrüßt wurde, und ich ließ meine Ängste draußen im Schnee.
     
    »Dr. La Loge wird Sie sofort -«, begann die Frau an der Rezeption. Aber bevor sie ihren Satz zu Ende brachte, trat er bereits in die Halle. Er war großgewachsen, blond und bärtig. Überhaupt nicht der Typ des übergeschnappten Wissenschaftlers.
    »Mrs. Dupré, nehme ich an?« Er streckte mir seine Hand
entgegen. »Wir haben uns um Sie gesorgt.« Dann wandte er sich an Preston. »Danke, dass Sie nach ihr gesucht haben.«
    »Ach, keine Ursache, Doc«, sagte er. Er schenkte mir einen Blick, den ich nicht zu deuten wusste - Wut oder Verlangen vielleicht. Dann drehte er sich um, als müsste er sich losreißen, und ging zu den Aufzügen. Die Empfangsdame nahm meinen Mantel.
    Ich hatte mir eine kleine Rede zurechtgelegt und begann: »Es ist mir wirklich eine große Ehre, den …«
    »Berühmten Gehirnkramer Sterling La Loge kennenzulernen.« Er lachte. »Kommen Sie. Sie müssen halb verhungert sein. Wir werden allerdings im Speisesaal essen müssen. Die Stadt ist bei dem Wetter wie ausgestorben. Eigentlich wollte ich Sie im Red Cloud Motel unterbringen, zwanzig Meilen entfernt - es ist das einzige in der Gegend -, aber das ist eingeschneit, und die Telefonleitungen sind tot.« Er begann mich durch die Eingangshalle zu führen, hielt dann aber noch einmal an. »Ihr Gepäck? Geben Sie Greta die Wagenschlüssel. Sie stammt aus der Gegend und ist es gewöhnt zu frieren.« Ich kramte sie hervor. Der Frau am Empfang schien es nichts auszumachen, dass sie hinaus in den Schnee geschickt wurde, und ich war zu erschöpft, um noch höflich zu sein.
    Ich folgte La Loge mit hängenden Schultern durch einen Korridor mit stahlgrauen Wänden und blitzblank poliertem Holzboden. Es roch schwach nach Krankenhaus. Ab und zu hörte ich jemanden schreien, aber das war nicht ungewöhnlich für eine psychiatrische Klinik.
    Der Speisesaal überraschte mich. Ich hatte so etwas wie eine Schulmensa erwartet, stattdessen traten wir in eine weitläufige Lounge mit hohen Fenstern. Hinter der großartigen Schneelandschaft zeichneten sich die Umrisse des unförmigen Hügels ab, der mir schon vorhin aufgefallen war.
    »Eindrucksvoll, nicht wahr?«, sagte Sterling La Loge. »Man nennt ihn Weeping Wolf Rock.«

    »Ein ungewöhnlicher Name«, bemerkte ich, um das Gespräch nicht abreißen zu lassen. Plötzlich spürte ich, wie hungrig ich war; um die Wahrheit zu sagen, die lokalhistorische Anekdote, die Dr. La Loge jetzt bestimmt gleich zum Besten geben würde, interessierte mich nicht im Mindesten. Zum Glück schwieg er. Stattdessen deutete er auf einen Tisch am Fenster, und ich setzte mich. Ein paar Männer aßen an einem anderen Tisch. Alle trugen Laborkleidung. Ganz offensichtlich war dieser Speisesaal nicht für die Patienten gedacht.
    Von einem Sprechgerät an der Tür ließ La Loge Preston Grumiaux ausrufen. »Vielleicht erleichtert Ihnen ein vertrautes Gesicht beim Essen die Eingewöhnung«, erklärte er, während er sich setzte. Wir warteten in unbehaglichem Schweigen. Ich starrte hinaus auf die Landschaft. Weeping Wolf Rock war die einzige Unterbrechung in dem monotonen Weiß. Der Mond, noch nicht ganz voll, war aufgegangen. Obwohl es warm im Raum war, zitterte ich. Ich fragte mich, warum der Felsen wohl so hieß. Er sah nicht aus wie ein Wolf.
    »Vor hundert Jahren war hier alles bewaldet«, erklärte eine Stimme hinter mir mit übertriebenem britischem Akzent. Ich fuhr herum und erblickte einen alten Mann mit einem Tablett - ein Ober. Ich schaute ihn an. Irgendwann wurde mir bewusst, dass Dr. La Loge mich beobachtete.
    »Das ist James Karney«, stellte La Loge mir den Mann vor. »Ein Patient. Ganz harmlos, versichere ich Ihnen. Aber er hat keine Angehörigen mehr, so ist unser Heim alles, was ihm bleibt. Schenken Sie der Dame Wein ein, James.«
    Er tat das mit zitternder Hand. Dabei streifte sein Handrücken meinen. Es kitzelte, und ich zog hastig meine Hand zurück. Der Ober blieb steif neben mir stehen, seine Hand zitterte immer noch

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