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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Tiefliegende Strömungen. Er zog es vor zu schwimmen, auch wenn seine Füße den Boden des Teiches berühren konnten.
    Laren wartete um die Ecke, die Hände in die breiten Hüften gestemmt und das Gesicht viel zu glatt. Er vermutete, daß sie unter ihren Röcken ungeduldig mit dem Fuß wippte. Er gönnte ihr sein gewinnendstes Lächeln. Kichernde Mädchen oder grauhaarige Großmütter - bei diesem Lächeln wurden Frauen schwach. Es hatte ihm Küsse eingebracht und ihn schon häufiger aus mißlichen Lagen gerettet, als er zählen konnte. Es war fast so gut wie Blumen. »Das war gut gemacht, ich danke Euch. Gewiß will die Königin mich nicht wirklich sehen.« Wenn dem so wäre, wollte er es aber nicht. Alles, was er über Adlige dachte, galt für das Königtum in dreifachem Maße. Nichts, was er in den alten Erinnerungen gefunden hatte, konnte daran etwas ändern, und einige jener Burschen hatten erhebliche Zeit in der Nahe von Königen und Königinnen und dergleichen verbracht. »Wenn Ihr mir jetzt einfach zeigen würdet, wo ich Nynaeve und Elayne finden kann...«
    Seltsamerweise schien sein Lächeln überhaupt keine Wirkung zu zeigen. »Ich würde nicht lügen, Lord Cauthon. Das würde mich zuviel kosten. Die Königin wartet, mein Lord. Ihr seid ein sehr tapferer Mann«, fügte sie hinzu, wandte sich um und sagte dann leise noch etwas; »Oder ein sehr großer Narr.« Er bezweifelte, daß er letzteres hatte hören sollen.
    Er hatte die Wahl zwischen der Möglichkeit, die Königin aufzusuchen, oder Meilen von Gängen zu durchwandern, bis er auf jemanden stieße, der ihm sagen würde, was er wissen wollte. Er ging zur Königin.
    Tylin Quintara, durch die Gnade des Lichts Königin von Altara, Herrin der Vier Winde, Wächterin des Meers der Stürme, Hochsitz des Hauses Mitsobar, erwartete ihn in einem Raum mit gelben Wänden und einer hellblauen Decke, wo sie vor einem gewaltigen weißen Kamin mit einem maritim gestalteten Steinsturz stand. Er entschied, daß sie recht betrachtenswert war. Sie war nicht mehr jung - das glänzende schwarze Haar, das ihr über die Schultern fiel, wurde an den Schläfen bereits grau, und um ihre Augenwinkel bildeten sich netzartige Linien -, und sie war auch nicht im eigentlichen Sinne hübsch, obwohl die beiden dünnen Narben an ihren Wangen mit dem Alter fast verschwunden waren. Ansehnlich traf es eher. Aber sie war ... eindrucksvoll. Große dunkle Augen betrachteten ihn würdevoll, die Augen eines Adlers. Sie hatte nur wenig reale Macht - man konnte innerhalb von zwei bis drei Tagen aus ihrem Einfluß-bereich herausreiten und hätte noch immer einen großen Teil Altaras vor sich -, aber er vermutete, daß sie sogar eine Aes Sedai zurückweichen lassen könnte. Wie Isebele von Dal Calain, welche die Amyrlin Anghara zu sich befohlen hatte. Das war eine der alten Erinnerungen. Dal Calain war in den Trolloc-Kriegen verschwunden.
    »Majestät«, sagte er, schwang seinen Hut in weitem Bogen und bauschte einen imaginären Umhang, »ich folge Eurem Ruf.« Ob eindrucksvoll oder nicht - es fiel ihm nicht leicht, den Blick von dem üppigen, spitzenverzierten Oval abzuwenden, in das ihr in einer weißen Scheide steckender Hochzeitsdolch herabhing. Es war in der Tat eine sehr hübsch gerundete Ansicht, aber je mehr Busen eine Frau zeigte, desto weniger wollte sie ihn betrachtet wissen. Zumindest nicht offen. Eine weiße Scheide ... aber er wußte bereits, daß sie Witwe war. Nicht, daß es von Bedeutung gewesen wäre. Er würde sich mit einer Königin ungefähr genauso bereitwillig einlassen wie mit der fuchsgesichtigen Schattenfreundin. Es war schwer, gar nicht hinzusehen, aber es gelang ihm. Höchstwahrscheinlich würde sie eher Wächter rufen als den mit Edelsteinen versehenen Dolch ziehen, der hinter einem zu der Halskette mit dem Hochzeitsdolch passenden Gürtel aus geflochtenem Gold steckte. Vielleicht rollten deshalb die Würfel in seinem Kopf noch immer. Die Möglichkeit einer Begegnung mit dem Scharfrichter würde sie am ehesten in Bewegung versetzen.
    Schichten von Seide kräuselten sich weiß und gelb, als sie den Raum durchquerte und langsam zu ihm herankam. »Ihr sprecht die Alte Sprache«, stellte sie fest, als sie erneut vor ihm stehenblieb. Ihre Stimme war dunkel und melodiös. Die Königin glitt ohne auf eine Antwort zu warten, zu einem Sessel und setzte sich hin, während sie ihre grünen Röcke richtete. Eine unbewußte Geste. Ihr Blick blieb auf ihn geheftet. Er hatte das Gefühl,

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