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Wolken über Ebou

Wolken über Ebou

Titel: Wolken über Ebou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Niemand würde diese Anschuldigung aussprechen, ohne sicher zu sein.« Sie furchte die Stirn, schüttelte dann aber den Kopf, und das Stirnrunzeln schwand wieder. »Sprechen wir von erfreulicheren Dingen.«
    Er hätte am liebsten aufgeschrien. Er berichtete ihr, daß der Weißmantel-Gesandte ihres Hofes ein Schattenfreund war, und sie verzog nur das Gesicht.
    »Seid Ihr Lord Cauthon?« Sie sprach den Titel ein wenig fragend aus. Ihre Augen erinnerten ihn mehr denn je an die eines Adlers. Eine Königin konnte niemanden mögen, der als Lord zu ihr kam. »Nur Mat Cauthon.« Etwas sagte ihm, daß sie eine Lüge hören wollte. Außerdem war es nur eine List, die Leute wissen zu lassen, daß er ein Lord war, eine List, ohne die er auch ganz gut zurechtgekommen wäre. In Ebou Dar konnte jedermann jederzeit zu einem Duell herausgefordert werden, aber nur wenige forderten Lords heraus - außer anderen Lords. Infolgedessen hatte er im letzten Monat auf mehrere Schädel eingeschlagen, vier Männer verletzt und war eine halbe Meile gelaufen, um einer Frau zu entkommen. Tylins Blick machte ihn nervös. Die Würfel rollten noch immer in seinem Kopf umher. Er wollte hier herausgelangen. »Wenn Ihr mir sagen würdet, wo ich den Brief lassen soll, Majestät...?«
    »Die Tochter-Erbin und Nynaeve Sedai erwähnen Euch selten«, sagte sie, »aber man lernt zu hören, was nicht gesagt wird.« Sie hob beiläufig die Hand und berührte seine Wange. Er hob seine Hand ebenfalls unsicher. Hatte er sich dort mit Tinte beschmiert, als er an der Feder gekaut hatte? Frauen brachten alle möglichen Dinge gern in Ordnung, einschließlich Männern. Vielleicht galt das auch für Königinnen. »Was sie nicht sagen, was ich aber höre, ist, daß Ihr ein ungezähmter Schurke seid, ein Spieler und Frauenheld.« Ihr Blick hielt seinen fest, ihr Gesichtsausdruck änderte sich keinen Deut, und ihre Stimme blieb fest und kühl, aber ihre Finger strichen jetzt auch über seine andere Wange, während sie sprach. »Ungezähmte Männer sind häufig die interessantesten. Um mit ihnen zu reden.« Ein Finger zog die Konturen seiner Lippen nach. »Ein ungezähmter Schurke, der mit Aes Sedai reist, ein Ta'veren, der ihnen, glaube ich, ein wenig Angst einjagt. Oder sie sich zumindest unbehaglich fühlen läßt. Es erfordert einen Mann mit ausgeprägtem Temperament, Aes Sedai Unbehagen zu bereiten. Wie werdet Ihr das Muster in Ebou Dar beugen, wenn Ihr nur Mat Cauthon seid?« Ihre Hand lag an seinem Hals. Er konnte den Puls an ihren Fingern pochen Sein Kinn sank herab. Der Schreibtisch in seinem Rücken berührte klappernd die Wand, als er zurückzuweichen versuchte. Der einzige Ausweg war, sie beiseite zu schieben oder über ihre Röcke zu steigen. Frauen, benahmen sich nicht so! Oh, einige der alten Erinnerungen vermittelten ihm einen anderen Eindruck, aber es waren hauptsächlich Erinnerungen an Erinnerungen, daß diese Frau dies oder jene Frau jenes getan hatte. Er erinnerte sich hauptsächlich an Kämpfe, und hier gab es keinerlei Hilfe. Sie lächelte, ein leichtes Kräuseln ihrer Lippen, das das raubtierhafte Schimmern in ihren Augen nicht schmälerte. Sein Kopfhaar wollte sich aufrichten.
    Ihr Blick glitt flackernd über seine Schulter zum Spiegel, und sie wandte sich abrupt um, so daß er nur noch ihren Rücken anstarren konnte, als sie von ihm fort trat. »Ich muß es einrichten, erneut mit Euch zu sprechen, Meister Cauthon. Ich...« Sie brach offensichtlich überrascht ab, als die Tür aufschwang, aber dann erkannte er, daß sie im Spiegel gesehen hatte, wie sie sich bewegt hatte.
    Ein schlanker junger Mann trat ein, der leicht hinkte, ein dunkler Bursche mit scharfem Blick, der ohne innezuhalten an Mat vorbeieilte. Schwarzes Haar hing ihm bis auf die Schultern, und er trug eine dieser Jacken, die niemals dazu gedacht waren, sie einfach um die Schultern gelegt zu tragen, aus grüner Seide, mit einer Goldkette über der Brust und in die Aufschläge eingearbeiteten goldenen Leoparden. »Mutter«, sagte er, verbeugte sich vor Tylin und berührte mit den Fingern seine Lippen.
    »Beslan.« Sie sprach den Namen herzlich aus und küßte ihn auf beide Wangen und Lider. Der feste, sogar eisige Ton, den sie Mat gegenüber angeschlagen hatte, hätte genausogut niemals gewesen sein können. »Ich sehe, daß es gutgegangen ist.«
    »Nicht so gut, wie es hätte sein können.« Der Junge seufzte. Er hatte trotz seiner Augen eine weiche Art und eine sanfte Stimme. »Nevin

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