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Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition)

Titel: Wollmann widersetzt sich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Beldt
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Leben im Vorgarten offensichtlich mit großer Sympathie.
    »Ich finde, das ist alles Quatsch«, meinte die Brille plötzlich zu seinen weiblichen Kollegen. »Er sitzt doch hier nur in seinem Garten. Oder glaubt ihr im Ernst, er hat irgendwas mit der Sache zu tun?«
    Die Frauen waren für einen Moment sprachlos. »Da sitzt ein ganz offensichtlich verwahrloster Mann am Dienstagvormittag im Garten«, sagte die Beamtin mit dem blonden Zopf – sie war anscheinend die Wortführerin des kleinen Kommandos. »Also, ich finde das schon etwas komisch, wenn ihr mich fragt.«
    Es gefiel mir, dass mich die Frau offenbar für ein völlig nutzloses Subjekt hielt. Mehr konnte ich eigentlich nicht erreichen.
    »Es steht aber nirgends geschrieben«, schaltete sich nun der jüngere Polizist ein, »wie und wann man in seinem Garten sitzen darf. Wenn ich könnte«, er wandte sich jetzt zu mir, »würde ich das genauso machen.«
    »So, so«, entgegnete sie, »und woher wollt ihr wissen, dass es sich hier wirklich um Herrn Wollmann handelt?«
    Die Brille sah mich ernst an. »Sind Sie Bernd Wollmann, und wohnen Sie in diesem Haus?«
    Ich überlegte, ob ich darauf antworten sollte. Aber ich wollte mir ihre Sympathie auch nicht wieder verscherzen.
    »Korrekt«, sagte ich, »allerdings wohne ich derzeit in diesem Zelt.«
    »Da hast du’s«, sagte die Brille zu seiner Kollegin.
    Die beiden Polizistinnen wandten sich kopfschüttelnd ab und gingen zu ihren Autos zurück.
    »Darf ich Sie noch was Persönliches fragen?«, sagte der jüngere Polizist.
    Ich bejahte.
    »Wollte sich Ihre Frau schon mal wegen Ihres, na ja, merkwürdigen Verhaltens von Ihnen trennen?«
    Ich dachte kurz nach. Dann zuckte ich die Schultern. »Keine Ahnung.«
    Die Männer nickten mir anerkennend zu, entschuldigten sich wegen der Störung und wünschten mir noch einen erfolgreichen Tag.
    Vor drei Tagen hat es seit Wochen zum ersten Mal wieder geregnet. Ich lag im Zelt und habe ein Buch über die Geschichte des Islam gelesen. Mich interessiert der Islam nicht besonders, aber seit vor wenigen Tagen orthodoxe Moslems vor meinem Zaun kniend gebetet haben, befürchte ich, nun auch in diesen Kreisen eine Vorbildfunktion zu besitzen.
    Es ist mir schleierhaft, warum man allein durch Nichtstun in weiten Teilen der Bevölkerung erhebliche Beachtung erfährt. Ich mache nichts anderes, als im Stuhl zu sitzen oder in der Hängematte zu liegen, wässere das Beet und füttere das Kaninchen. Und trotzdem wächst die Zahl meiner Fans beinahe stündlich. Ich bekomme wäschekörbeweise Fanpost, die ich jedoch nie lese und Herrn Wündisch sofort zur Archivierung übergebe. Womöglich bewundern mich die Leute gerade dafür, dass ich ohne schlechtes Gewissen keiner vernünftigen Arbeit nachgehe und einfach faul in der Sonne liege. Nicht zu arbeiten ist trotz der hohen Arbeitslosigkeit immer noch ein Makel, und man möchte nicht offen zugeben, dass es im Grunde dem Wesen des Menschen widerspricht, jeden Tag von morgens bis abends auf einem Bürostuhl zu sitzen. Die meisten ahnen vielleicht, dass die Arbeit sie nur vom richtigen Leben abhält. Meine größten Feinde sind merkwürdigerweise die, die ähnlich denken wie ich, sich aber nicht trauen, es genauso zu machen. Dabei gibt es keine sinnlosere Schlacht, als ein Leben lang gegen sich selbst zu kämpfen. Wäre es möglich, diese täglichen Kämpfe gegen sich selbst sichtbar zu machen, würde der überwiegende Teil der Menschheit mit blutverschmierten Händen herumlaufen. Diesen Kriegszustand gegen mich selbst habe ich, seit ich hier im Vorgarten lebe, eingestellt. Ich erfülle keine Erwartungen mehr, und ich habe erkannt, dass ich auch von meiner Frau nichts erwarten darf. Es war ein Fehler, darauf zu hoffen, dass sie sagt, was sie von mir erwartet. Kein Bild ist so mächtig wie das, was man sich vom anderen macht. Deshalb bin ich meiner Frau auch dankbar, dass sie mich aus dem Haus getrieben hat. Nur so war es überhaupt möglich, wieder zu mir kommen.
    Den Tag meines Auszugs feiere ich jede Woche als meinen persönlichen Unabhängigkeitstag. Obwohl bei mir jeder Tag inzwischen ein Feiertag ist, begehe ich die Montage stets mit einer gewissen Würde. Statt wie üblich bis zehn Uhr im Zelt zu liegen und das Spiel meiner Zehen zu beobachten, stehe ich Punkt acht Uhr auf und schreite zur Regenwassertonne, um mir die Füße zu waschen. Dabei sitze ich auf einem Holzschemel und kippe mit einer Schöpfkelle Wasser über die Füße. Seitdem ich im

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