Women of Primrose Creek 01 - Wildes Lied der Liebe
Stolz sie dazu, sich jedem Widerstand beharrlich entgegenzustellen, und dieser warme Frühlingsnachmittag bildete keine Ausnahme. »Lieber Himmel«, protestierte sie leise, »wir haben schließlich auch die Reise von Virginia hierher überstanden.«
»Ja, weil wir uns einem Siedlertreck angeschlossen hatten«, erwiderte Caney ungehalten.
Megans Augen weiteten sich, als sie die Ereignisse der langen Reise Revue passieren ließ, die häufig überaus unangenehm gewesen waren. Die Schwestern hatten in den vergangenen Jahren viel durchmachen müssen. Zuerst hatte man sie von ihrer Familie getrennt und nach England gebracht, dann hatten sie die stürmische Seereise erneut antreten müssen, nur um schließlich in Virginia einzutreffen und zu erfahren, dass nicht nur ihr Großvater Gideon McQuarry inzwischen verstorben war, sondern auch ihr Vater und dessen Bruder. Die Farm der Familie war auf immer verloren. Nun standen sie praktisch mittellos da. Das Stück Land am Primrose Creek, das ihr Großvater ihnen und ihren beiden Cousinen Bridget und Skye zu gleichen Teilen hinterlassen hatte, schien die einzige Hoffnung zu sein, sich wieder ein Zuhause schaffen zu können.
» Marshal Shaw sieht sehr stark aus«, erklärte Megan nach längerem Schweigen hoffnungsvoll.
»Das will ich meinen«, bestätigte Caney, die noch immer aus dem Fenster blickte. »Der Marshal weiß schon auf sich Acht zu geben.«
»Und auf uns auch«, sagte Megan eindringlich.
Christy seufzte tief. Sie würde ihre Bedenken unterdrücken - schließlich hatte sie es schon oft genug getan, um inzwischen Expertin auf dem Gebiet zu sein - und sich Megans und Ca-neys Wünschen fügen. »Nun gut«, meinte sie. »Wir werden uns dem Marshal anschließen.« Und das wird kein gutes Ende nehmen, fügte sie im Stillen hinzu.
Colonel Royd lud den Gesetzeshüter an diesem Abend zum Essen ein, und gemeinsam genoss man eines von Caneys hervorragenden Brathähnchen. Obwohl sie bemüht war, sich nichts anmerken zu lassen, war Christy während des gesamten Essens unruhig. Selbst ihr sonst so unerschütterlicher Appetit ließ sie im Stich. Kein Wunder, saß sie doch dem Marshal gegenüber, und wann immer er sie mit seinen strahlend blauen Augen anblickte, war ihr, als stünden ihr die tiefsten Geheimnisse ihrer Seele im Gesicht geschrieben. Damit nicht genug: Marshal Shaw schien ihr Unbehagen auch noch zu spüren und lächelte immer wieder still vor sich hin.
»Leben Sie schon lange in Primrose Creek, Mr. Shaw?«, fragte sie und rang die Hände in ihrem Schoß. Sie wollte ihm beweisen, dass er keinerlei Eindruck auf sie machte, was selbstverständlich nicht den Tatsachen entsprach.
Er zuckte die breiten Schultern. »Nein, Ma'am. Tatsächlich war ich nur auf der Durchreise, als ich im Silver Spike Saloon in ein Pokerspiel geriet. Ich verlor.«
»Sie verloren beim Kartenspiel?«, hakte Christy verblüfft nach und wünschte sich augenblicklich, ihre Zunge im Zaum gehalten zu haben. Seltsam, wie sehr dieser Mann sie aus dem Gleichgewicht zu bringen schien! Christy war immer besonders stolz darauf gewesen, stets die Fassung zu bewahren. Doch dieser Mann weckte in ihr das Gefühl, in einem reißenden Fluss auf einem schwimmenden Baumstamm zu balancieren. »Ich verstehe nicht, welche Bewandtnis es damit hat.«
Wieder lächelte der Marshal , jungenhaft fröhlich und männlich zugleich. Er wirkte so selbstsicher und unerschütterlich. »Nein, Ma'am, das kann ich mir schon denken.« Er schwieg und nahm eines von Caneys frisch gebackenen Brötchen. Das dritte, dachte Christy. »Mein alter Freund Sam Flynn trug damals diesen Stern. Er wollte für ein Jahr nach Virginia City gehen und dort sein Glück als Goldgräber versuchen, konnte jedoch niemanden finden, der seinen Posten übernehmen wollte. Also überredete er mich zu dem Spiel, und ich verlor. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er die Karten nicht gezinkt hatte.«
Der Colonel lachte schallend. Er war ein freundlicher, ein wenig rundlicher Mann mit einer Schwäche für Caneys gute Küche. Er hatte ihr sogar angeboten, als seine Haushälterin in Fort Grant zu bleiben. Christy hätte es ihr nicht verdenken können, wenn Caney eingewilligt hätte, da sie nicht nur Unterkunft und Verpflegung bekommen würde, sondern auch noch ein Gehalt. Sie und Megan konnten ihr dagegen nur ihre Freundschaft anbieten.
»Das sähe Sam ähnlich«, erwiderte Royd und füllte sich eine weitere Portion Kartoffelbrei auf. »Shaw, an Ihrer Stelle
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