Worm
Männer wurden zu Milliardären. Eine ganze Generation hoffnungsvoller Geeks machte sich auf den Weg ins Silicon Valley, fest entschlossen, das nächste digitale Wunder zu vollbringen. Das vielleicht Bemerkenswerteste an Microsoft war, dass sein größter Coup erst noch kommen sollte. In einer Serie zusehends kühnerer Schritte erklomm das Unternehmen einen historischen Gipfel des kommerziellen Erfolgs nach dem anderen. Nachdem das Unternehmen sich mit dem Betriebssystem für den Altair 8080 einen Namen gemacht und dann mit MS - DOS einen Riesenerfolg gelandet hatte, trieb Gates (Allen hatte sich zu dem Zeitpunkt mit ein paar Milliarden Dollar in der Tasche aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen) sein stark gewachsenes und extrem erfolgreiches Unternehmen zur Entwicklung von Windows an, dem erfolgreichsten Softwareprodukt aller Zeiten. Blickt man heute auf MS - DOS zurück, mutet es fast schon grotesk primitiv und umständlich an. Nutzer saßen damals vor einem dunklen Bildschirm mit grün leuchtenden Buchstabenzeilen, kaum mehr als das Bildschirmpendant zur Anzeige einer elektrischen Schreibmaschine. Gleichzeitig wurde eine Vielzahl aufregender neuer Anwendungen entwickelt, die sich die wachsenden Fertigkeiten der Rechner zunutze machten, insbesondere ihre Fähigkeit, interaktive visuelle Darstellungen zu erzeugen. Die beiden Grundideen hinter Windows waren keineswegs neu und gaben in den 1980er Jahren der gesamten Softwareindustrie die Richtung vor: Erstens wurde ein graphisches Nutzerinterface (Graphic User Interface, kurz GUI ) entworfen, das die Handhabung von Computern immens vereinfachte, indem es den Nutzern erlaubte, auf visuelle Zeichen, sogenannte Icons, zu zeigen und zu klicken, statt mühselig Anweisungen eintippen zu müssen. Zweitens installierten die Microsoft-Programmierer eine zusätzliche Softwareebene zwischen Betriebssystem und Anwendungen – Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Spiele usw. – , den sogenannten Interface-Manager, mit dessen Hilfe die Nutzer problemlos zwischen Anwendungen umschalten und sogar mehrere Anwendungen gleichzeitig ausführen und darstellen konnten. Microsoft brauchte bis Ende des Jahrzehnts, um Windows zu perfektionieren, während unterdessen Steve Jobs bei Apple zuerst Lisa einführte und dann den MacIntosh 128K auf den Markt brachte, womit er Microsoft um Längen voraus war. Die beiden ersten von Microsoft in den 1980er Jahren vermarkteten Versionen von Windows galten gemeinhin als der Konkurrenz unterlegen, aber mit dem im Mai 1990 eingeführten Windows 3.0 setzte sich Microsoft mit einem Schlag vor alle anderen. Dazu hatte Gates erfahrene Softwareentwickler von der Konkurrenz abgeworben, Vereinbarungen mit über zwanzig Computerherstellern zur Übernahme des neuen Betriebssystems getroffen, noch während es sich in der Entwicklung befand, und war dann in New York City auf eine Bühne getreten, um seine bahnbrechende Neuentwicklung und die, wie er es formulierte, »extravaganteste, umfassendste und [mit drei Millionen US -Dollar] teuerste Softwareeinführung aller Zeiten« zu verkünden. Aus dem linkischen Teenager, dem seine Eltern einmal monatelang die Benutzung seines Computers verboten hatten, weil sie fürchteten, der Kasten könnte seine Entwicklung behindern, war nicht nur ein Software-Erfinder und höchst geschickter und erfolgreicher Unternehmer geworden, sondern auch ein Showman. Windows schlug sofort am Markt ein und verkaufte sich einfach immer weiter. Gates stieg zum reichsten Menschen der Welt auf, ein Titel, den er fast die gesamten nächsten zwanzig Jahre über behaupten sollte.
In der Softwareindustrie herrschte von Anfang ein erbitterter Konkurrenzkampf. Da sich sowohl Hard- wie auch Software relativ einfach klonen und kopieren ließen, hing der eigene Erfolg schon früh davon ab, einerseits geschickt von den Konkurrenten abzukupfern und andererseits die eigenen Produkte möglichst effektiv vor fremdem Zugriff zu schützen. Die erste, 1985 vorgestellte Windows-Version war stark von (wie Kritiker sagen, »geklauten«) Ideen beeinflusst, die andere entwickelt hatten. Gates erwarb sich den Ruf, mit spitzen Ellenbogen zu kämpfen; um den Marktanteil von Microsoft (und sein eigenes Vermögen) zu schützen und zu vergrößern, traf er Maßnahmen, die von nicht wenigen (darunter dem US -Justizministerium und der Europäischen Kommission ) als unfair und monopolistisch bezeichnet wurden. Die Verachtung, die Microsoft in Geek-Kreisen
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