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entgegenschlägt, beruht zum Großteil auf diesem Umstand. Allerdings sähen sie dem Softwareriesen seinen Reichtum und sein exzessives Konkurrenzgebaren wohl nach, würden sie Windows nicht nur als das kommerziell erfolgreichste, sondern auch als das beste Betriebssystem betrachten. Mag es nun fair sein oder nicht: Das Gegenteil ist der Fall. Für viele Computerfreaks sind die diversen Entwicklungsschritte des Programms – Windows 95, XP (2001), Vista (2007) und Windows 7 (2009) – nichts weiter als fragwürdige Anpassungen eines von Natur aus fehlerhaften Designs. Eine der großen und in den Augen des Tribes vermeidbaren Schwächen von Windows ist seine besonders große Verwundbarkeit gegenüber Schadprogrammen. Nicht alle sind der Meinung, dass Windows nur deshalb am häufigsten attackiert wird, weil es den größten Marktanteil besitzt.
Worin auch immer seine angeblichen Defizite bestehen mögen und wie uncool Microsoft in den cleveren Anzeigenkampagnen von Apple auch immer aussehen mag, nach wie vor ist auf den allermeisten Computern weltweit das Betriebssystem Windows installiert. Das System selbst setzt sich aus buchstäblich Millionen von Codezeilen zusammen, die eine virtuelle Galaxie von Anwendungen unterstützen, von überaus schlichten bis hin zu hochkomplexen. Es ist organisch in dem Sinne, als es sich beständig weiterentwickelt, und inzwischen viel zu komplex, als dass ein Mensch allein es vollständig erfassen könnte. Die schiere Größe des Microsoft-Campus in Redmond mit seinen gut 10 000 Mitarbeitern (etwas mehr als ein Zehntel der weltweiten Microsoft-Belegschaft) und die Tatsache, dass ganze Unternehmensabteilungen, oder, um im obigen Bild zu bleiben, komplette Zähne, einzelnen Aspekten der Software gewidmet sind, spiegelt diese verwirrend komplexe Spezialisierung wider. T. J. Campanas Spezialgebiet ist die Sicherheit.
T. J. hat keine Ähnlichkeit mit dem klassischen Computerfreak. Er ist groß und sportlich, hat lange Arme und Beine und breite Schultern, ein rundes, sauber rasiertes Gesicht und trägt eine randlose Brille. In seiner Kindheit und Jugend trieb er viel Sport – Baseball, Football, Fußball – , »eigentlich so gut wie alles«, wie er sagt, und die ersten Jahre auf dem College machte er vieles, nur nicht ernsthaft studieren. Inzwischen ist er in den Dreißigern, sieht aber immer noch wie ein Sportler aus. Er hat einen lockeren, entspannten Gang und eine entschieden informelle Art. Sein kurz geschnittenes Haar verbirgt er häufig unter einer Baseballkappe – an dem Tag, als ich ihn 2010 traf, war es eine blaue mit dem Aufdruck » FBI « in goldenen Buchstaben. In seine heutige Position brachten ihn weder ein besonderes Interesse an technischen Dingen noch entsprechende Fähigkeiten, sondern vielmehr der Wunsch, Kriminelle dingfest zu machen. Ursprünglich strebte er eine Laufbahn im Polizeidienst an. In den 1990er Jahren studierte er neun eher nachlässige Jahre an der Florida State University, wobei er (wie er selbst erzählt) von den vielfältigen sozialen Betätigungsmöglichkeiten, die sich auf dem Campus in Tallahassee boten, überreichlich Gebrauch machte, bevor er sich zusammenriss und zuerst einen College-Abschluss in Kriminologie und anschließend einen Master in Informationswissenschaften machte. Das Fach hat nur zum Teil mit Computern zu tun, aber T. J. zeigte schon damals ein überdurchschnittliches Interesse an digitalen Netzwerken. Als die Graduierung näher rückte, bewarb er sich bei mehreren Bundespolizeibehören und Geheimdiensten. Eigentlich hatte er sich auf die CIA festgelegt, weil er, wie er sagt, glaubte, dort »etwas bewirken zu können«, doch dann meinte ein Freund, dass er mit seinem Lebenslauf auch für Softwarefirmen interessant sein könnte.
In seinen letzten Studienjahren hatte T. J. in Teilzeit als IT -Assistent für eine Abteilung an der Universität gearbeitet. Er arbeitete sich vom Support für Desktop-Software hoch bis zum Systemmanager für die gesamte Abteilung. Seine Eltern hatten ihm Ende der 1980er Jahre einen der ersten PC s gekauft, die damals gerade zu ihrem Siegeszug durch die Heimbüros antraten, und er hatte darauf ausreichend Kenntnisse erworben, um nach Beginn seines College-Studiums zu erkennen, welche Vorteile es bot, wenn er sich mit seinem Rechner in das große und leistungsfähige Netzwerk der Universität einwählte. Weil er eine Verbindung mit einer möglichst großen Bandbreite herstellen wollte,
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