Geheimorder Riesenauge
1.
»Achtung! Gefahr!«
Der telepathische Impuls traf mich mit schmerzender Intensität. Plötzlich saß ich starr in meinem monströsen Thronsessel und nahm das bunte, laute Durcheinander ringsum nicht mehr wahr.
Es war Kiny Edwards’ geistige Stimme, die ich da gehört hat te. Sie klang drängend. Ich mußte mich melden.
»Was ist los, Kleines?«
»Vidu-Yakkhat ist auf dem Weg zu Ihnen, Chef«, antwortete Kiny, die irgendwo in der Tiefe des riesigen Raumschiffsleibes saß und ihre Mentalfühler ausgestreckt hielt, um sich nichts entgehen zu lassen, was für unser gefährliches Unternehmen von Bedeutung sein konnte.
Vidu-Yakkhat war der Sicherheitsoffizier an Bord eines der beiden Hypno-Raumer, die in respektvollem Abstand hinter unserem Mars-Giganten, der BAPURA, herzogen. Wir hatten das Yedocekon-System vor fünf Stunden verlassen und befanden uns auf dem Weg zur Heimatwelt der Hypnos. Vor dreißig Minuten hatte der Kommandant eines der beiden Hypno-Schiffe dringend um eine Unterredung ersucht. Tumadschin Khan, der Beherrscher des Zweiten Reiches, hatte sie ihm gnädig gewährt. Vor wenigen Minuten war mir gemeldet worden, daß man ein Beiboot der Hypnos an Bord genommen hatte. Von der Zentrale wurde durchgegeben, daß Vidu-Yakkhat der Führer der Hypno-Delegation war.
»Das weiß ich, Kiny«, antwortete ich. »Was hat er auf dem Herzen … falls er überhaupt eines hat?«
Der Spaß wirkte nicht. Kiny blieb todernst und intensiv.
»Ich kann es nicht genau erkennen«, stieß sie hervor. »Er hält seine Gedanken unter einer Art Schirm verborgen. Aber sie sind drohend. Drohend und stark!«
»Wie steht es mit seiner Begleitung? Läßt sich da irgend etwas ausmachen?«
»Er hat vier Mann bei sich, wie vereinbart. Zwei davon scheinen völlig harmlos. Ihre Gedanken sind leicht zu erkennen. Sie haben nur die Aufgabe, Vidu-Yakkhat zu begleiten, und wissen nicht, mit welchem Anliegen er kommt. Die beiden andern jedoch haben dieselbe Art von Schirm aufgezogen wie der Sicherheitsoffizier. Ich kann ihn nicht durchdringen. Was der Schirm durchläßt, klingt gefährlich … auch wenn ich es nicht verstehen kann.«
»Ich danke dir, Kleines«, antwortete ich. »Den Rest erledige ich selbst. Du brauchst dich um Vidu-Yakkhat nicht weiter zu kümmern!«
»Klar, Chef«, ließ sie sich hören. »Und … nehmen Sie sich in acht!«
Als sie abschaltete, ließ ich den Mentalblock geöffnet und lauschte auf die Impulse fremder Gehirne. Um mich herum zitterte der Äther von den Gehirnschwingungen meines Hofstaats, der Blauen Zwerge von Bawala V, der Zyklopengarde und nicht zuletzt der beiden Panolis, die im Kostüm des acht Meter hohen Moolo-Sauriers schwitzten und ächzten. Aber das alles waren menschliche Gehirne. Ihre Ausstrahlungen waren von denen der Sinnesorgane der Orghs, wie die Hypnos sich selbst nannten, unschwer zu unterscheiden. Es dauerte nur wenige Augenblicke, da empfing ich einen Impuls, der zweifellos dem Bewußtsein eines Orgh entstammte.
Kiny hatte recht. Der Impuls war verschwommen, undeutlich, obwohl die Orgh-Delegation kaum mehr als achtzig Meter entfernt sein konnte. Vor einer halben Stunde war sie in einer der Hangarschleusen von Alf Trontmeyer, meinem Zeremonienmeister, empfangen worden. Trontmeyer hatte die Anweisung, den Anmarsch der Orghs durch die Gänge und Schächte der BAPURA mit möglichst großem Pomp und so langsam wie möglich zu gestalten. Bis zu Tumadschin Khan, dem Beherrscher des Zweiten Reiches, drang man nicht im Eilschritt vor – auch dann nicht, wenn man angemeldet war. Ich hatte noch ein paar Minuten Zeit, meine Vorbereitungen zu treffen. Wenn ich nur gewußt hätte, worauf ich mich vorbereiten
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