Worm
zu werden, und hier stand er, ausgebildet und eingezogen, um auf der falschen Seite zu kämpfen. Also zog er mit seiner Familie zuerst nach London und von dort weiter nach Los Angeles, und in jeder neuen Stelle lernte er mehr über die im Entstehen begriffenen weltweiten Computernetzwerke.
Neben seinem eigentlichen Job diente Rodney – vielleicht auch wegen des regelmäßigen Militärdiensts, den er in Südafrika hatte leisten müssen – als freiwilliger Hilfspolizist im Los Angeles Police Department. Als 1983 eine Polizeieinheit zu einem Einsatz um die Ecke von Rodneys Haus im Viertel Sherman Oaks gerufen wurde, kam er mit den Polizisten ins Gespräch und stellte fest, dass es unter den Reservisten der Einheit mehrere Amateurfunker gab; Rodney selbst war seit 1971 im Besitz einer Amateurfunklizenz. Sie hatten sich auf elektronisches Schnüffeln spezialisiert, was Rodney so sehr faszinierte, dass er sich zu der Reserveeinheit meldete. Er arbeitete zwei oder drei Nächte im Monat, üblicherweise bei Überwachungen in sicheren Gegenden, was regulären Polizisten die Zeit gab, Türen einzutreten und Leute festzunehmen. Rodney sah eine Fülle von Möglichkeiten, Computernetzwerke zur Verbrechensbekämpfung einzusetzen, und schwatzte dem stellvertretenden Polizeichef seines Gebiets die Erlaubnis ab, eine Datenbank lokaler Straftaten zu erstellen, was er zunächst auf seinem Apple II e und später auf seinem IBM PC machte. Er druckte täglich aktualisierte Listen der kriminellen Aktivitäten vor Ort aus, die den Streifenpolizisten zu Beginn jeder Schicht in die Hand gedrückt wurden. Die Methode war so erfolgreich, dass sie im gesamten Police Department übernommen wurde. Nach einiger Zeit wurde Rodney zur Fortbildung zum Betäubungsmittelexperten ausgewählt und schließlich selbst Instrukteur. Später erwarb er den Lkw-Führerschein und steuerte einen der 9-achsigen Noteinsatz-Sattelschlepper des Departments. 1992 saß er während der Ausschreitungen nach dem Rodney-King-Urteil hinter dem Steuer der mobilen Kommandozentrale.
Es war die Zeit, in der das Internet allmählich aufblühte, und nach und nach eignete Rodney sich ein umfangreiches Wissen im Umgang mit Computernetzwerken an. Als er so weit war, ein eigenes Unternehmen zu gründen, machten er und seine Frau sich auf die Suche nach einem Ort, an dem sie Wurzeln schlagen konnten. Gab es irgendwo eine Stadt, die nicht von Rassenkriegen und Unruhen bedroht war, eine Stadt, die nicht jederzeit von einem gigantischen Erdbeben heimgesucht werden konnte? Was Rodney und seine Frau wollten, war ein wenig Ruhe und Frieden, ein Ort, an dem keine Wald- oder Buschbrände drohten, keine Überschwemmungen, kein Schnee, kein Eis, keine Tornados. Die einzigen beiden Städte im Land, die alle Bedingungen erfüllten, waren Phoenix und Las Vegas. Da seine Frau ein Veto gegen die Hauptstadt des Glückspiels einlegte, fiel die Wahl auf Phoenix. Eines der Unternehmen, das Rodney dort aufzog, wickelte die Onlineverkäufe für Robert Redfords Sundance-Katalog ab, aus einem anderen entstand Genuity, heute weltweit einer der größten Betreiber von ISP -Datenzentren. Rodney hatte sich aus dem Unternehmen zurückgezogen, als es noch unter GTE Internetworking firmierte, aber bei seinem langen und erfolgreichen Aufstieg in der Welt des Internets und vielleicht auch wegen seines Faibles für Polizeiarbeit hatten ihn Sicherheitsthemen immer mehr in den Bann gezogen. Inzwischen war er Sicherheitschef bei Neustar und wusste, dass ein Botnetz von Conficker-Größe neben vielen anderen Dingen die Netzwerke von Neustar lahmlegen und damit Nordamerika eine Zeitlang komplett von der Telekommunikationslandkarte streichen konnte. Für Rodney war die Bedrohung daher umfassend und unmittelbar.
In Washington angekommen, setzte er sich zunächst mit einem Bekannten im Handelsministerium in Verbindung, der bei der National Telecommunications and Information Administration ( NTIA ), die den Präsidenten der Vereinigten Staaten in Internetfragen beriet, mit für den Schutz zentral wichtiger Infrastrukturen zuständig war. Rodney rief den Mann am Sonntag, den 8. März, abends an, skizzierte in groben Zügen, was los war, und bat um Rat, wie er das Handelsministerium am besten über die neue Bedrohung informierte.
Das hier war Rodneys beste Chance, einen Fuß in die Tür der gewaltigen Bundesbürokratie zu bekommen; schließlich hatte er ganz offiziell die Pflicht, das Ministerium zu informieren.
Weitere Kostenlose Bücher