WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
wendeten die Pferde und flohen in die trügerische Sicherheit von Dalaran. Dabei dröhnte eine tiefe, machtvolle Stimme über den Schlachtenlärm.
»Erzittert, Sterbliche, und verzweifelt! Der Untergang ist über diese Welt gekommen!«
Arthas hielt eine Hand hoch und diese einfache Geste bedeutete den Streitkräften der Geißel, stehen zu bleiben und sich ebenfalls zurückzuziehen. Als Arthas sich Kel'Thuzad näherte und dabei die ganze Zeit den Dämonenlord beobachtete, teleportierte Tichondrius herbei. Wie üblich,
nachdem
die Gefahr vorbei war.
Der Schreckenslord machte eine tiefe Verbeugung. Arthas zügelte sein Pferd in einiger Entfernung und schaute nur zu.
»Lord Archimonde, alle Vorbereitungen wurden getroffen.«
»Sehr gut, Tichondrius«, antwortete Archimonde und nickte dem niederen Dämon zu. »Weil ich den Lichkönig ab sofort nicht mehr benötige, werdet ihr Schreckenslords jetzt die Geißel befehligen.«
Arthas war plötzlich sehr dankbar für die vielen Stunden, die er mit disziplinierter Meditation verbracht hatte. Nur diese Ausbildung hielt ihn davon ab, dass er Wut und Schrecken zeigte. Auch Invincible bemerkte die Änderung in ihm und tänzelte nervös. Er zog an den Zügeln und das untote Tier wurde ruhig.
Der Lichkönig wurde nicht mehr gebraucht? Warum? Wer genau war das und was war mit ihm geschehen? Was sollte aus Arthas selbst werden?
»Bald schon werde ich anordnen, dass die Invasion beginnen soll. Doch zuerst werde ich an diesen erbärmlichen Zauberern ein Exempel statuieren... indem ich ihre Stadt in den Staub der Geschichte trete.«
Der Dämon ging fort, sein Körper war hoch aufgerichtet, stolz und befehlend. Jeder stampfende Schritt seiner Hufe wirkte sicher, seine Rüstung leuchtete golden und tiefrot in der aufkommenden Dämmerung. Neben ihm, immer noch tief verneigt, ging Tichondrius. Arthas wartete, bis beide ein Stück weit weg waren, bevor er schließlich zu Kel'Thuzad herumfuhr und sagte: »Das ist doch wohl ein Scherz! Was wird denn jetzt aus uns?«
»Seid geduldig, junger Todesritter. Der Lichkönig hat das sehr wohl vorausgesehen. Ihr mögt noch eine Rolle in seinem großen Plan spielen.«
Mögt?
Arthas näherte sich dem Nekromanten, seine Nasenflügel bebten, doch er hielt seine Wut zurück. Wenn jemand – egal ob Dämon oder der Lichkönig persönlich – einen Moment lang glaubte, dass Arthas nur ein Werkzeug war, das man benutzen und dann wegwerfen konnte, würde er schon bald erkennen müssen, dass er einen Fehler begangen hatte. Er hatte zu viel getan – zu viel verloren, zu viel von sich geopfert –, um einfach beiseitegeschoben zu werden.
Es konnte nicht alles umsonst gewesen sein.
Es würde
nicht
alles umsonst gewesen sein.
Die Erde bebte. Invincible tänzelte unbehaglich, hob seine Hufe, als wollte er den Kontakt zum Boden vermeiden. Arthas blickte zur Stadt der Magier. Die Türme waren um diese Tageszeit herrlich. Stolz und schön glitzerten sie im schwindenden Licht der Dämmerung. Doch während er noch hinsah, hörte er ein tiefes, knackendes Geräusch. Die Spitze des höchsten Turms, des schönsten Turms der Stadt, fiel langsam und unausweichlich
in
sich zusammen, als würde eine riesige, unsichtbare Hand sie zerquetschen.
Der Rest der Stadt stürzte schnell ein. Der Lärm der Zerstörung war laut und dröhnte in Arthas' Ohren. Er zuckte ob der Lautstärke zusammen, wandte seinen Blick aber nicht von dem Bild der Vernichtung ab.
Er war für den Untergang von Silbermond verantwortlich. Er hatte die Geißel gegen die Elfen geführt. Doch das hier... geschah beiläufig, wie nebenbei. Silbermond hingegen war ein hart errungener Sieg gewesen. Archimonde schien die größten menschlichen Städte zerstören zu können, ohne selbst anwesend sein zu müssen.
Arthas dachte über Archimonde und Tichondrius nach. Er rieb sich gedankenverloren das Kinn.
Auf seinem Schoß leuchtete Frostgram.
KAPITEL EINUNDZWANZIG
Kel'Thuzad war eigentlich ein sehr nützlicher Lich, überlegte Arthas, als er auf dem grünen Hügel auf seine Verabredung wartete. Er war dem Lichkönig gegenüber äußerst loyal und spielte sogar brav den Schoßhund von Archimonde und Tichondrius, wenn es Arthas' Interessen diente.
Arthas hielt sich von den Dämonen fern. Er traute sich nicht zu, so überzeugend zu lügen wie Kel'Thuzad. Die beiden Dämonen hatten ihn und Kel'Thuzad für überflüssig befunden. Doch schon bald würden sie erkennen müssen, wie falsch diese
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