WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
bei dem Wort. Sie lief auf ihn zu und legte die Arme um ihn. Sie hatte es nie zuvor gewagt, ihn zu umarmen. Er hatte sie immer viel zu sehr eingeschüchtert. Doch nun wirkte er so... alt. Alt und gebrechlich. Und, was am schlimmsten war, resigniert.
»Kind«, sagte er liebevoll, klopfte ihr auf den Rücken und lachte. »Nein, du bist nicht länger ein Kind. Du bist eine Frau und eine Anführerin. Dennoch... gehst du am besten.«
Von draußen erklang eine Stimme, stark, klar und vertraut. Jaina fühlte sich, als hätte man sie geschlagen. Sie keuchte unter der Erkenntnis und löste sich aus der Umarmung ihres Mentors.
»Zauberer der Kirin Tor! Ich bin Arthas, der oberste Todesritter des Lichkönigs! Ich verlange, dass Ihr Eure Tore öffnet und Euch der Macht der Geißel ergebt!«
Todesritter?
Jaina wandte ihren schockierten Blick Antonidas zu, der sie anlächelte. »Ich hätte dir dieses Wissen gern erspart... zumindest jetzt.«
Sie taumelte. Arthas...
hier...
Der Erzmagier ging zum Balkon. Eine leichte Bewegung der altersknorrigen Hände reichte und seine eigene Stimme wurde so verstärkt wie die von Arthas.
»Seid gegrüßt, Prinz Arthas«, rief Antonidas hinab. »Wie geht es Eurem edlen Vater?«
»Lord Antonidas«, antwortete Arthas.
Wo war er nur? Auch hier draußen? Würde sie ihn sehen, wenn sie neben Antonidas auf den Balkon trat?
»Es gibt keinen Grund zum Spott.«
Jaina wandte ihren Kopf ab und wischte sich die Tränen fort. Sie rang nach Worten, doch sie schienen in ihrer Kehle stecken zu bleiben.
»Wir haben uns auf Euer Kommen vorbereitet, Arthas«, fuhr Antonidas ruhig fort. »Meine Brüder und ich haben Auren erschaffen, die jeden Untoten vernichten, der sie durchqueren will.«
»Eure kleinen Magier werden mich nicht aufhalten, Antonidas. Vielleicht habt Ihr gehört, was in Quel'Thalas geschehen ist. Auch dort glaubten einige Magier, sie wären unverwundbar.«
Quel'Thalas.
Jaina spürte, wie ihr übel wurde. Sie war hier in Dalaran gewesen, als die Nachricht eingetroffen war, überbracht von einer Handvoll Überlebender, denen die Flucht gelungen war. Und so hatte es auch der Prinz der Quel'dorei erfahren. Sie hatte Kael'thas niemals derart... wütend, erschüttert und barsch erlebt. Sie war zu ihm gegangen, hatte ihm ihr Mitgefühl ausgesprochen und wollte ihm Trost spenden. Doch er hatte sie mit solcher Wut angeblickt, dass sie instinktiv zurückgewichen war.
»Sagt nichts«, hatte Kael gezischt. Seine Fäuste waren geballt gewesen. Zu ihrem Schrecken erkannte sie, dass er sich mühsam beherrschen musste, um sie nicht physisch anzugreifen. »Dummes Mädchen.
Dieses
Monster hättet Ihr in Euer Bett gelassen?«
Jaina blinzelte, sprachlos angesichts der harten Worte, die aus seinem kultivierten Mund kamen. »Ich...«
Doch er hatte kein Interesse daran, irgendetwas von dem zu hören, was sie zu sagen hatte. »Arthas ist ein Schlächter! Er hat Tausende Unschuldige getötet! Es klebt so viel Blut an seinen Händen, dass ein ganzer Ozean ihn nicht reinwaschen könnte. Und Ihr habt ihn
geliebt?
Ihn
mir
vorgezogen?«
Seine Stimme, die normalerweise so einschmeichelnd und kontrolliert war, dröhnte bei dem letzten Wort.
Jaina begann zu weinen, als sie plötzlich verstand. Er griff sie an, weil er den wahren Feind nicht angreifen konnte. Er fühlte sich hilflos, ohnmächtig und prügelte deshalb auf das naheliegendste Ziel ein. Auf sie, Jaina Prachtmeer, deren Liebe er gewollt und nicht bekommen hatte.
»Oh... Kael'thas«, sagte sie leise. »Er hat... schreckliche Dinge getan«, begann sie. »Was Eure Leute erleiden mussten...«
»Ihr wisst nichts vom Leiden!«, brüllte er. »Ihr seid ein Kind, mit dem Geist eines Kindes und dem Herzen eines Kindes. Euer Herz, das Ihr diesem... diesem... Er hat sie alle abgeschlachtet, Jaina. Und dann hat er ihre
Leichen
geschändet, indem er sie wiederbelebte!«
Jaina blickte ihn stumm an. Seine Worte verletzten sie nicht mehr, nun, nachdem sie wusste, warum er es tat. »Er hat meinen Vater ermordet, Jaina, so wie er seinen eigenen Vater ermordet hat. Ich... ich hätte dort sein sollen.«
»Um mit ihm zu sterben? Mit dem Rest Eures Volkes? Was hätte es genützt, wenn Ihr Euer Leben weggeworfen hättet, um...«
Kaum hatte sie gesprochen, als sie erkannte, dass sie genau das Falsche gesagt hatte. Kael'thas verkrampfte sich und schnitt ihr das Wort ab.
»Ich hätte ihn aufhalten können, ich hätte es tun müssen.« Er richtete sich auf und Kälte
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