WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
Frostgram das erste Mal berührt, sich von allem abgewandt hatte, an was er glaubte. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß, als er mühsam auf Invincible kletterte und zu dem Treffen mit Kel'Thuzad ritt.
Der Lich wartete bereits auf ihn. Seine flatternde Robe und sein ganzes Auftreten strahlte Besorgnis aus.
»Sind die Krämpfe noch schlimmer geworden?«, fragte er.
Arthas zögerte. Sollte er den Lich ins Vertrauen ziehen? Würde Kel'Thuzad versuchen, ihm die Kraft zu entreißen? Nein, entschied er. Der ehemalige Nekromant hatte ihn niemals irregeführt. Stets galt seine volle Loyalität dem Lichkönig und Arthas selbst.
Der König nickte. Ihm war, als drohe sein Kopf durch diese Geste abzufallen. »Ja. Nachdem meine Kräfte schwinden, kann ich kaum mehr meine eigenen Krieger befehligen. Der Lichkönig hat mich gewarnt, dass alles verloren sein könnte, wenn ich nicht bald nach Nordend komme. Wir müssen unverzüglich aufbrechen.«
Wenn die brennenden, leeren Augenhöhlen Besorgnis zeigen konnten, dann taten sie es jetzt. »Natürlich, Euer Majestät. Ihr habt nicht versagt und werdet nicht versagen. Wir brechen auf, sobald Ihr meint, dass Ihr...«
»Es gibt eine Änderung der Pläne, König Arthas. Du gehst nirgendwohin.«
Es war der Beweis für seine schwindenden Kräfte, dass er die Angreifer nicht einmal gespürt hatte. Arthas blickte höchst überrascht auf, als die drei Schreckenslords ihn umzingelten.
»Meuchelmörder!«, schrie Kel'Thuzad. »Das ist eine Falle! Verteidigt euren König vor diesen...«
Doch das Geräusch eines zuschlagenden Tors übertönte des Lichs Ruf zu den Waffen.
Arthas zog Frostgram. Zum ersten Mal, seit er es berührt und sich mit dem Schwert verbunden hatte, fühlte es sich schwer und fast leblos in seinen Händen an. Die Runen entlang der Klinge leuchteten nur schwach und das Schwert wirkte wie ein totes Stück Metall, nicht wie die ausbalancierte, schöne Waffe, die es immer gewesen war.
Die Untoten stürmten auf ihn zu und einen Moment lang fühlte sich Arthas in der Zeit zurückversetzt zu seinem ersten Aufeinandertreffen mit den wandelnden Toten. Er stand wieder vor dem kleinen Bauernhaus, angewidert von dem Gestank nach Verwesung und erstarrt vor Schreck, als Kreaturen, die tot hätten sein müssen, ihn angriffen. Seitdem hatte er seine Abscheu gegen diese Wesen längst abgelegt. Eigentlich dachte er inzwischen mit einer gewissen Zuneigung an sie. Es waren seine Untertanen, er hatte sie vom Leben befreit, damit sie dem höheren Wohl des Lichkönigs dienten. Arthas störte weniger der Gedanke, dass die Untoten nun kämpften. Schlimm war lediglich, dass sie gegen
ihn
kämpften. Sie standen vollständig unter der Kontrolle der Schreckenslords. Grimmig, mit all der Kraft, die er noch besaß, setzte er sich zur Wehr. Ein seltsames, Übelkeit erregendes Gefühl stieg in ihm auf. Er hatte niemals erwartet, dass seine Untoten sich gegen ihn stellen würden.
Über den Schlachtenlärm hörte Arthas Balnazzars schadenfrohe Stimme. »Du hättest niemals zurückkommen dürfen, Mensch. Schwach, wie du bist, haben wir die Kontrolle über die meisten deiner Krieger übernommen. Offensichtlich war deine Herrschaft nur von sehr kurzer Dauer,
König
Arthas.«
Arthas biss die Zähne zusammen und von irgendwoher tief in seinem Innern strömte neue Energie hervor, neuer Kampfeswille. Er würde hier
nicht
sterben.
Doch es waren viele – so viele, die er einst beinahe mühelos geführt und befehligt hatte. Und sie stellten sich jetzt unerbittlich gegen ihn. Er wusste, dass sie geistlos waren, dass sie nur dem Stärksten gehorchten. Und dennoch... schmerzte es irgendwie. Er hatte sie schließlich
erschaffen...
Er wurde immer schwächer und schließlich konnte er einen direkten Schlag auf seinen Bauch nicht mehr rechtzeitig abblocken. Das stumpfe Schwert schepperte gegen seine Rüstung, doch er erlitt keine größere Wunde. Aber dass der Ghoul seine Abwehr überhaupt hatte durchdringen können, alarmierte ihn.
»Es sind zu viele, mein König!«, sagte Kel'Thuzad düster. Die Loyalität, die in diesen Worten mitschwang, rührte Arthas zu Tränen. »Lauft – flieht aus der Stadt! Ich finde schon selbst heraus und treffe Euch in der Wildnis. Das ist unsere einzige Chance, mein König!«
Er wusste, dass der Lich recht hatte. Mit einem Aufschrei stieg Arthas plump aus dem Sattel. Auf einen Wink seiner Hand hin wurde Invincible feinstofflich, war nun ein Geisterpferd statt eines Skelettrosses,
Weitere Kostenlose Bücher