WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
»Prinz Arthas«, fügte sie hinzu.
»Ah, aber Ihr werdet mich ab sofort mit
König
ansprechen. Das ist immerhin mein Land. Ich wurde geboren, um es zu regieren, und das werde ich auch. Wenn erst...«
Er brach ab und sog die Luft scharf ein. Seine Augen weiteten sich und dann verzerrte sich sein Gesicht vor Schmerz. Er krümmte sich über den knochigen Hals seines Pferdes, seine gepanzerten Hände umfassten die Zügel fest. Verzweifelt stieß er einen Schmerzensschrei aus.
Sylvanas sah zu und spürte eine Freude, wie sie sie seit dem schrecklichen Tag, als Quel'Thalas gefallen war, nicht mehr erlebt hatte. Sie trank seine Qual wie Nektar. Sie wusste nicht, warum er so litt, doch sie kostete jede Sekunde davon aus.
Grunzend hob er den Kopf. Seine Augen starrten auf etwas, was sie nicht sehen konnte, und er streckte flehend eine Hand danach aus. »Der Schmerz... ist unerträglich«, knurrte Arthas durch zusammengebissene Zähne. »Was geschieht mit mir?« Er schien einer unhörbaren Stimme zu lauschen, die ihm antwortete.
»König Arthas!«, schrie Kel'Thuzad. »Braucht Ihr Hilfe?«
Arthas antwortete nicht sofort. Er schnappte nach Luft, setzte sich dann langsam auf und riss sich sichtlich zusammen. »Nein... nein, der Schmerz ist vorbei, aber... meine Kräfte... sind
geschwächt.«
Seine Stimme war voller Verwunderung. Hätte Sylvanas noch ein schlagendes Herz besessen, es wäre bei diesen Worten gehüpft. »Etwas läuft hier schrecklich verkehrt. Ich...«
Der Schmerz erwischte ihn erneut. Sein Körper zuckte, der Kopf fiel zurück, der Mund öffnete sich und er stieß einen geräuschlosen Schrei aus, als die Venen an seinem Hals hervortraten. Kel'Thuzad huschte wie ein besorgtes Kindermädchen um seinen verehrten Meister herum. Sylvanas beobachtete ihn nur kalt, bis die Zuckungen vorbei waren.
Langsam und vorsichtig stieg Arthas von Invincible ab. Seine Füße kamen auf den Steinfliesen auf, rutschten unter ihm weg und er stürzte schwer. Der Lich streckte seine Skeletthand aus, um dem Prinzen – dem selbst ernannten König – auf die Beine zu helfen.
»Zu meinen alten Räumen!«, keuchte Arthas. »Ich brauche Ruhe – und dann muss ich mich auf eine lange Reise vorbereiten.«
Sylvanas sah zu, wie er fortging. Er schwankte ein wenig, als er in die Richtung seiner Gemächer, in denen er aufgewachsen war, verschwand. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln...
... und ihre geisterhaften Finger zuckten einen Moment lang und ballten sich dann grimmig zu Fäusten.
Es war merkwürdig friedlich im Silberwald. Nebel wirbelten sanft über der feuchten, nadelbedeckten Erde. Sylvanas wusste, dass sie, wenn sie noch richtige Füße und alle Sinne besessen hätte, den Boden weich und federnd unter sich gespürt hätte. Dazu hätte sie den aromatischen Nadelgeruch in der feuchten Luft gerochen.
Doch sie fühlte nichts mehr, roch nichts. Sie schwebte feinstofflich zum Treffpunkt. Und sie war so begierig auf das Treffen, dass sie in diesem Augenblick nicht einmal den Verlust ihrer früheren Sinne bedauerte.
Arthas hatte es genossen, nach dem »Erfolg« mit ihr auch andere schöne, stolze und eigenwillige Frauen der Quel'dorei in Banshees zu verwandeln. Diese hatte er ihr, die im wahren Leben ihr Waldläufergeneral gewesen war, unterstellt. So hatte er ihr einen Knochen hingeworfen, als wäre sie ein treuer Hund.
Er würde schon bald erleben, wie treu sein Hund wirklich war.
Nachdem sie das Gespräch der Schreckenslords zuvor mit angehört hatte, hatte sie eine ihrer Banshees zu den Dämonen geschickt, um mit ihnen zu reden und Informationen zu sammeln.
Die Dämonen hatten mit Freude einer Zusammenarbeit zugestimmt und sie zu einem Treffen am heutigen Abend gebeten. Dort wollten sie etwas besprechen, was allen Parteien »einen Vorteil« bringen würde.
In der Tiefe des Waldes konnte sie ein schwaches grünes Leuchten erkennen und sie schwebte darauf zu. Sicherlich erwarteten sie sie schon – drei große Dämonen wandten sich ihr zu, ihre Flügel schlugen und verrieten ihre Rastlosigkeit.
Balnazzar sprach als Erster. »Lady Sylvanas, wir sind froh, dass Ihr gekommen seid.«
»Wie hätte ich es ablehnen können?«, erwiderte sie. »Aus irgendeinem Grund höre ich nicht mehr die Stimme des Lichkönigs in meinem Kopf. Ich habe wieder einen freien Willen.« Und so war es tatsächlich. Dabei bemühte sie sich, die Freude in ihrer Stimme zu verbergen. Sie wollte nicht, dass die Dämonen mehr von ihr
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