WoW 11 - Jenseits des Dunklen Portals
einen Traum geglaubt, als er Alleria flüstern hörte: »Turalyon?«
Er hob den Kopf, und im gedämpften, orangefarbenen Schein der Kohlepfanne sah er sie im Zelt stehen. »Alleria! Beim Licht, du bist ja völlig durchnässt!«
Turalyon stand von seinem Feldbett auf, nur in leinene Reiterhosen gekleidet, und trat auf sie zu. Zitternd sah die Elfe zu ihm auf, ihre Augen weit geöffnet, ihr herrliches goldenes Haar klebte am Kopf. Tausend Fragen lagen Turalyon auf der Zunge. Wann war sie zurückgekommen? Was war passiert? Und am Wichtigsten: Warum war sie hier, in seinem Zelt, zu dieser Stunde?
Das alles musste warten. Sie war nass bis auf die Knochen und unterkühlt. Als er ihren Umhang nahm, spürte er, dass
der so schwer war, als wäre er in einen See gefallen und hätte sich mit Wasser vollgesogen. »Hier«, sagte er und warf das schmutzige Ding beiseite. »Komm ans Feuer. Ich hole dir etwas Trockenes zum Anziehen.«
Sein sachlicher Tonfall schien sie zu ermutigen, und sie nickte, während er in seiner Kiste wühlte. Erfand ein Hemd, Hose, Wappenrock und Umhang. Sie versank darin, aber es war trockene Kleidung. Er bemerkte, dass Alleria sich nicht bewegt hatte. Etwas stimmte in der Tat nicht.
»Komm«, sagte er sanft, führte sie zu einer Kiste und setzte sie darauf. Für gewöhnlich war Alleria selbstsicher, fast schon hochmütig. Doch in diesem Moment wirkte sie wie ein verzweifeltes Kind. Turalyon biss sich auf die Zunge, um keine Fragen zu stellen. Er kniete sich hin und zog ihr die Stiefel aus. Das Wasser stand zentimetertief darin, und ihre Füße waren eiskalt. Er rieb sie schnell und bemerkte, wie zierlich und bleich sie waren. Als sie sich etwas erwärmten, stand er auf und half ihr auf die Beine.
»Hier sind ein paar trockene Sachen«, sagte er und brachte sie zurück zum Feuer. »Schlüpf' da rein, und ich besorge dir was Heißes zum Trinken. Dann reden wir.«
Turalyon gab ihr die Kleidung, drehte sich um und errötete leicht. Er hörte ein leises Rascheln hinter sich und wartete darauf, dass sie sagte, sie sei fertig.
Er atmete scharf ein, als er ein paar kleine Hände spürte, die sich um seine Hüfte legten. Und eine schlanke Gestalt presste sich gegen seinen Rücken. Turalyon bewegte sich nicht. Dann nahm er ganz langsam ihre kalten Hände in seine, führte sie sanft nach oben und drückte sie an sein Herz. Es raste. Er zitterte, als ihre kühlen Lippen einen sanften Kuss auf seine Schulter hauchten, und er schloss die Augen.
Wie lange hatte er sich das gewünscht? Davon geträumt? Er hatte schon früh erkannt, dass er sich Hals über Kopf in Alleria verliebt hatte. Aber bis gerade eben hatte er nie damit gerechnet, dass diese Liebe erwidert werden könnte. Während der letzten Wochen schien es, dass sie seine Gesellschaft gesucht hatte. Sie hatte es arrangiert, dass sie sich oft berührten, allerdings immer in einer neckischen Art. Und jetzt...
»Mir ist k-kalt«, flüsterte sie, ihre Stimme klang belegt. »So kalt.«
Unfähig, es noch länger zu ertragen, wandte sich Turalyon in ihren Armen um, legte seine Hände um ihren nackten Hals und war erstaunt, wie sanft ihre bleiche Haut unter seinen vernarbten Händen war. Das schwache Licht des Feuers fing das Leuchten von drei Edelsteinen ein, die an einer Kette um ihren schwanengleichen Hals hingen, und ließ ihre Haut warm und golden erscheinen. Sein Blick verschwamm, als sie ihm ihr Gesicht zuwandte, und er hielt die Tränen aus einem so tiefen Gefühl zurück, dass es seine Seele erschütterte.
»Alleria«, flüsterte er in ihre langen, spitzen Ohren. Plötzlich nahm er sie fester in die Arme, hielt sie eng an sich gepresst. »Lass mich dich wärmen«, sagte er unbeholfen. »Lass mich alles von dir wegnehmen, was dir wehtun kann, was dich verängstigt. Ich kann es nicht ertragen, wenn du leidest.«
Er würde nicht mehr tun, nicht nach mehr verlangen. Er hatte Angst, dass sie sich jede Minute eines Besseren besinnen würde und ihm sagte, dass sie nur mit ihm gespielt hatte – und sich zurückzog, um mit ihm über Taktiken oder Strategien zu sprechen.
Turalyon würde es zulassen, wenn es das war, was sie wollte. Wenn sie das brauchte, damit das Licht und das Leben wieder in ihren Augen leuchteten. Um diese schreckliche Stille loszuwerden.
Sie entzog sich ihm nicht. Stattdessen berührte sie sein Gesicht.
»Turalyon«, flüsterte sie und dann in ihrer Heimatsprache: »Wendel'o eranu.«
Er behielt ihr Gesicht in seiner Hand, spürte
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