WoW 13 - Sturmgrimm
Dämon trat zu ihr und bewegte sich dabei auf zwei hufbewehrten Beinen. Seine Haut war von blutig violetter Farbe, die zu den beiden großen Flügeln passte, die aus seinen Schultern entsprangen. Sein Kopf war lang und keilförmig, mit einer dunklen Haarmähne, die von seinem ansonsten kahlen Schädel herabfloss. Zwei tückische schwarze Hörner prangten auf den Schläfen. Grüne Edelsteine schmückten die Rüstung an den Unterarmen und der Hüfte. Ihre Farbe und das Leuchten passten zu seinen unmenschlichen Augen. Damit blickte er nun in die flammend roten Augen der Banshee.
„Ich habe Zauber um Zauber gewirkt, habe mich tief in jeden dieser Narren hineinbegeben... und stets mit demselben Resultat, Eure Majestät...", antwortete er kühl. Der Dämon neigte den Kopf zur Seite, und mit analytischem Interesse beobachtete er den gequälten Gesichtsausdruck seiner Herrin.
„Wir träumen nicht!", entgegnete Sylvanas, ihre Stimme war jetzt so schrill, dass der Dämon seine langen spitzen Ohren bedecken muss-te. Selbst dann spürte er noch den kurzen, aber scharfen Schmerz. Der Schrei einer Banshee war eine schreckliche Waffe, und Sylvanas war die tödlichste und einzigartigste aller Banshees.
„Das alles dürfte uns nicht betreffen", fügte die Königin der Untaten ruhiger hinzu. „Sie träumen nicht, Varimathras..."
„Nicht einmal... Sharlindra?"
Sylvanas musste zu der bewegungslosen Gestalt blicken. Anders als der Rest war sie sorgfältig auf die Steinempore gelegt worden. Der Körper schien eher ein Trugbild als real zu sein, eine schwindende Illusion. Er strahlte eine weiße Aura mit blauen Untertönen aus. Im Leben war dies eine liebreizende Elfenfrau gewesen, und ihre Anmut war auch im Tod erhalten geblieben. Sie war Sylvanas eine weise und, anders als der Dämon, vertrauenswürdige Beraterin gewesen.
Doch Sharlindra war als Erste gefallen. Sylvanas beunruhigte allerdings noch mehr, dass sie etwas murmelte, als sie sich über sie gebeugt hatte.
Das tat sie immer noch. Sie alle taten es. Das alles wies daraufhin, dass der Dämon recht hatte. Sie träumten.
„Das ist ein Trick!" Doch Sylvanas wusste aus eigener bitterer Erfahrung, dass so etwas nicht möglich war. „Das ist ein Trick, genauso wie dieser grünliche Nebel, der über Unterstadt liegt..." Sie wandte sich von Sharlindra ab und blickte Varimathras an. Ihre Augen blitzten, als sie überlegte, wer wohl hinter dieser Sache stecken konnte.
Ihr fiel nur ein Name ein, und als sie ihn nannte - selbst nur geflüstert -, überkam sie eine Wut, die sogar Stein zum Beben brachte. ,Arthas... das ist das Werk des Lichkönigs... Doch das ist gar nicht mehr möglich..."
Keuchend öffnete Sharlindra plötzlich die Augen. Sie blickte auf und sah etwas, das Sylvanas nicht erkennen konnte.
Die tote Banshee lächelte. Sie streckte ihre schlanke, feinstoffliche Hand aus. „Leben... ich werde wieder leben... "
Sie schloss die Augen und senkte die Hand. Wieder murmelte sie etwas, obwohl Sylvanas die Worte nicht verstehen konnte.
Sylvanas' Augen brannten vor Wut. Sie beugte sich über die stumme Gestalt. „Was für eine verderbte Narretei ist das? Sie hat unmögliche Träume von noch unmöglicheren Dingen. Sie träumt von den Lebenden. Wahnsinn!"
„Das ist gar nicht so verrückt", bemerkte Varimathras hinter ihr. „Ein einfacher Zauber, in der Tat."
Die Banshee wirbelte angesichts der skeptischen Bemerkung des Dämons mit offenem Mund herum. Varimathras hütete sich, sie zu verspotten. Er hatte schnell gelernt, dass seine Artgenossen nicht die einzigen Meister der Folter waren. „Du bewegst dich auf einem gefährlichen Pfad..."
Doch der Geflügelte zuckte nur mit den Achseln. „Ich sage lediglich die Wahrheit. Wiederbelebung ist für einen Schreckenslord eine recht einfache Sache."
„Du meintest doch, dass es unmöglich ist! Ich habe dich gewarnt..." Sylvanas' Wut kochte über. Sie konzentrierte sich auf Varimathras.
Immer noch unbeirrt gestikulierte er: „Lass es mich dir zeigen."
Eine Kraft so groß, als würde ganz Unterstadt über ihr einstürzen, warf die Banshee zu Boden. Instinktiv wollte sie von der festen Gestalt in den feinstofflichen Körper wechseln, doch das schien nicht zu funktionieren, denn sie spürte trotzdem den heftigen Aufprall. Sylvanas war kurzzeitig benommen, doch der kühle, feuchte Stein an ihrer Wange brachte sie wieder zu vollem Bewusstsein.
Und dann wurde ihr klar, dass sie solche Gefühle eigentlich gar nicht hätte
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