wsmt
mit einem anderen als mit dir zu schlafen, nicht mal mit
deinem armen Vater...“
„Clara!“
brüllte Gil Andréa entrüstet.
Der
Vater sagte nichts, stand nur brav an seinem Platz neben dem Klavier. Wie vor
einem Hustenanfall blies er die Backen auf. Abwechselnd strich er sich über den
Schnurbart und über die Haare, die wie bei Maurice Garçon in der Mitte
gescheitelt waren. Zu dunkel, um nicht gefärbt zu sein. Ein alter kleiner
Gockel.
„Sieh
zu, wie du mit ihr klarkommst“, fuhr die ehemalige Sängerin fort. „Ich hab für
heute genug getan.“
Dann
streckte sie die Beine aus, als wollte sie im Sessel schlafen. Gil Andréa wurde
blaß. Er schaute verstört in die Runde.
„Selber
Hure!“ kreischte Thérèse. „Ich hab jedenfalls keinen umgebracht!“
„Aber
so gut wie!“
Da
ihnen nichts mehr einfiel, waren sie beide ruhig. Von denen, die bis jetzt
nichts gesagt hatten, wollte niemand die Unterhaltung übernehmen. Papa Gilet
seufzte laut. Von Hélène Dulaure neben der Verbindungstür kam das Echo. Gil
Andréa zündete sich eine Zigarette an, warf sie aber nach zwei Zügen in den
Aschenbecher. Gebückt, die Hände in seinem Morgenmantel, schien er von den
Spitzen seiner Hausschuhe einen Rat zu erwarten.
„Bin
ich in einen Ehekrach reingeplatzt, oder war das erst das Vorspiel?“ fragte
ich.
Gil
Andréa richtete sich auf, sah mich an, kam auf mich zu. „Hören Sie, Monsieur,“
sagte er mit Mühe, „ich will Sie nicht fragen, was Sie hier machen
„Ich
werd’s Ihnen sagen. Mademoiselle Dulaure sollte Ihnen doch meine Berichte oder
die Kopie davon bringen. Und ich hab sie begleitet. Aber es gibt noch keinen
Bericht. Wollte es Ihnen selbst sagen... Nicht daß Sie das Mädchen für unfähig
halten...“
„Alles
dummes Zeug“, schnitt er mir das Wort ab. „Ihre Berichte und die Gründe,
weshalb Mado Sie engagiert hat, das kann alles warten. Es gibt Wichtigeres. Ja,
wir halten Kriegsrat ab. Madame Nox hat meine Managerin getötet. Das stimmt
leider. Sie hat es uns eben selbst gestanden. Als Sie kamen, überlegten wir
gerade, wie wir uns verhalten sollen. Oh, verstehen Sie mich nicht falsch. Wir
wollen sie nicht vor den Folgen ihrer Tat bewahren. Aber wir dachten...“ Seine
Stimme wurde fester. Pech! Das hämische Grinsen der Ex-Sängerin traf ihn wie
einen Peitschenhieb. Er taumelte fast.
„Hier
gibt’s tolle Getränke!“ gröhlte Clara Nox. „Aber leider nur selten!“
„Verdammte
Scheiße!“ fluchte der Sänger. Sein Charme war im Augenblick wie weggeblasen.
„Gib ihr was, Pa.“
„Genau.
Gib mir was, Pa“, prustete sie.
Thérèse
sah sie haßerfüllt an. Der alte Gilet ging schlurfend um das Klavier herum und
verschwand in einer schmalen Tür. Gil Andréa kam zu mir.
„Ich
bitte Sie, Monsieur“, flehte er. „Sie sind doch kein Unmensch...“
Schweißperlen
standen ihm auf der Stirn. Ein Tropfen rann ihm die Nase runter. Er hatte sich
schlecht abgeschminkt. Um seine Augen und an den Ohren waren noch Spuren von
Make- up.
„...Sie
sind doch ein Mensch... Sie werden sich bemühen zu verstehen...“
„Ja,
verdammt nochmal! Genau deshalb bin ich doch hier.“ Er überhörte die
Unterbrechung.
„Auch
Sie tragen Verantwortung an dieser bedauerlichen Tragödie“, fuhr er fort. „Sie
hat in einem Anfall von Wahnsinn gehandelt...sie...“
„Was
ist los, Pa?“ quengelte Clara Nox.
„Komm
ja schon“, antwortete Pa Gilet.
Er
sprach, als würde sein Gebiß gleich in das Glas fallen, das er in der Hand
hielt. In der anderen Hand hielt er eine Flasche. Er gab alles — außer dem
Gebiß — der Sängerin, die wieder im Begriff war, sich zu besaufen.
„Schmeckt’s
wieder, M’ame?“ fragte ich sie.
„Geht
dich nichts an, mein Süßer.“
„Ich
bin nicht Ihr Süßer.“
„Ja
und?“
„Lassen
Sie sich nur vollaufen, M’ame. Dort, wo Sie hinkommen, gibt’s nur Wasser.“
„Bis
dahin amüsier ich mich“, erwiderte sie.
„Wir
amüsieren uns alle mächtig. Man braucht uns nur anzusehen. Wir amüsieren uns
wie verrückt. Also, Monsieur Andréa, Sie sagten...“
Er
nahm ein Taschentuch aus seinem Morgenmantel und wischte sich das Gesicht ab.
„Ich
weiß nicht mehr“, gestand er.
Ich
lächelte:
„Soll
ich Ihnen helfen? Clara Nox war für Sie Wohltäterin und Geliebte. Sie haben sich
ihr gegenüber wie ein Schwein benommen. Unterstützt und beraten von Mado, die
dafür mit dem Leben bezahlt hat. Wie ein Schwein haben Sie sich benommen.
Trotzdem fühlen Sie
Weitere Kostenlose Bücher